St. Leonhard in Passeier. Warum St. Paulis Trainer die Mannschaft nicht über ihre Vertreter abstimmen ließ, und was Jackson Irvine als Kapitän auszeichnet.
Nein, von flachen Hierarchien, die mittlerweile in mehr und mehr Unternehmen Einzug halten, hält Fabian Hürzeler (30) – jedenfalls in einer Profifußballmannschaft – nicht viel. Dies hatte der seit dem vergangenen Dezember amtierende Cheftrainer des FC St. Pauli schon kürzlich deutlich artikuliert. Die Konsequenz aus dieser Haltung folgte jetzt im Trainingslager in St. Leonhard in Südtirol.
Hürzeler bestimmte – wenig überraschend – Mittelfeldspieler Jackson Irvine (30) zum alleinigen Kapitän. Zuletzt hatte sich der Australier dieses Amt mit Leart Paqarada (28) geteilt. Der Linksverteidiger ist bekanntlich zum Bundesligisten 1. FC Köln gewechselt.
Irvine ist jetzt St. Paulis alleiniger Kapitän
So weit, so gut. Hürzeler aber nutzte jetzt seine Führungskompetenz als Cheftrainer auch dazu, Mittelfeldspieler Marcel Hartel (27) und Defensivakteur Eric Smith (26) zu Irvines Stellvertretern zu erklären. Mehr noch: Auch die drei weiteren Mitglieder des Mannschaftsrates, Torwart Sascha Burchert (33) sowie die Verteidiger Karol Mets (30) und Hauke Wahl (29) wurden von Hürzeler bestimmt und nicht, wie bisher bei St. Pauli und andernorts allgemein üblich, von allen Spielern des Kaders gewählt.
Wer die Mannschaft beobachtet, wird zur Erkenntnis kommen, dass all diese Personalentscheidungen weder kurios noch völlig abwegig sind. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass diese sechs internen Führungspositionen auch so besetzt worden wären, wenn die Spieler darüber hätten abstimmen dürfen.
Marcel Hartel und Eric Smith sind die neuen Stellvertreter
„Jackson Irvine ist auf und neben dem Platz ein echter Führungsspieler, der auch in schwierigen Situationen vorangeht. Im Mannschaftsrat haben wir weitere Spieler, die besonders viel Verantwortung übernehmen und das Team anführen werden“, sagte Hürzeler zu seiner Entscheidung. Aber auch alle anderen seien „aufgefordert, sich für das Team zu engagieren und so zum gemeinsamen Erfolg beizutragen“.
Irvine selbst zeigte sich am Donnerstag nach dem Vormittagstraining von der Berufung geehrt, aber auch motiviert, seine jetzt noch etwas herausgehobenere Stellung als Teamplayer auszufüllen. „Für mich ändert sich nicht viel. In der vergangenen Saison haben sich Paqa und ich die Aufgabe zwar geteilt, aber jeder hat da schon einhundert Prozent Verantwortung übernommen“, sagte Irvine am Donnerstag und stellte klar: „Es bedeutet mir sehr viel, diese Anerkennung und diesen Rückhalt zu erfahren.“ Als Spieler und als Kapitän wolle er sich in der neuen Saison noch ein gutes Stück weiterentwickeln und steigern.
Bornemann: "Verein ist ihm auf den Leib geschnitten - und umgekehrt"
St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann sagte auf Nachfrage des Abendblatts: „Die Berufung von Jacko zum alleinigen Kapitän ist eine Konsequenz aus der Entwicklung der beiden vergangenen Jahre. Er ist schon im ersten Jahr zu einer wichtigen Figur auf dem Platz geworden und hat im darauffolgenden Jahr zusammen mit Leart Paqarada die Kapitänsrolle sehr gut ausgefüllt. Er hat in der Mannschaft, aber auch außerhalb des Platzes und im Umfeld des Vereins eine hohe Akzeptanz und einen hohen Stellenwert.“
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Nicht zufällig hatte Bornemann den Vertrag mit dem im Sommer 2021 gekommenen Irvine bereits im vergangenen November vorzeitig verlängert. „Er ist einfach authentisch. Wenn man sich jemanden ausdenken würde, der all die Facetten sowie die politischen und kulturellen Werte unseres Vereins verkörpert, dann käme man auf einen Typen wie ihn. Dazu wohnt er auch auf dem Kiez. Der FC St. Pauli ist ein Verein, der ihm quasi auf den Leib geschnitten ist – und umgekehrt. Von daher passt das Gesamtbild mit seiner Art und Interpretation des Fußballs, der Energie, die er auf den Platz bringt, und wie er den Verein nach außen repräsentiert“, sagte Bornemann weiter über den in Stadionnähe lebenden Irvine.
Fifa zahlt 268.000 Euro an den FC St. Pauli
Ganz unabhängig von seiner neuen Rolle als Solo-Kapitän hat Jackson Irvine dem FC St. Pauli einen sechsstelligen Betrag eingebracht. Für die Teilnahme an der WM in Katar im vergangenen November und Dezember von Irvine und dem schon zuvor zum SC Freiburg gewechselten Daniel-Kofi Kyereh erhält St. Pauli vom Weltverband Fifa 299.311 Dollar (rund 268.000 Euro). Dabei wird ein zweijähriger Zeitraum berücksichtigt.