Hamburg. Der Kiezclub schafft eine im deutschen Profifußball neue Stelle, die Hinnerk Smolka besetzen wird – eine vielversprechende Personalie.

Mit seiner Arbeit ist es so ähnlich wie beim Motto der Blutspende: Erst wenn sie fehlt, fällt es auf. Wenn Teams unter dem Druck zerbrechen, sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen, das Fingerzeigen auf den vermeintlich schuldigen Mitspieler beginnt. Um sich davor zu wappnen und stattdessen die Dynamiken innerhalb einer Profimannschaft positiv zu kanalisieren, hat der FC St. Pauli Hinnerk Smolka als Teamcoach verpflichtet.

Der Kiezclub ist im höherklassigen deutschen Fußball der erste Verein, der diese erklärungsbedürftige Stelle schafft. Smolka wird fortan die Trainingseinheiten und Spiele eng begleiten.

FC St. Pauli: Teamcoach ist kein Mentaltrainer

Um den Job, den der 40-Jährige ausübt, zu beschreiben, ist es zunächst einfacher auszuführen, was er nicht ist: Sportpsychologe und Mentaltrainer, ebenso wenig ein Teambuilder, der per Hau-Ruck-Effekt im Klettergarten die Gemeinschaft zu stärken versucht.

Ziel der Zusammenarbeit mit St. Pauli sei es vielmehr, „die Verantwortung für das Gemeinsame zu stärken“. Smolkas Teamcoaching fokussiert sich zudem darauf, eine zielführende Kommunikation aufzubauen, Prozesse zu optimieren und durch Impulse für Innovation zu sorgen.

Smolka ein Aufstiegsgarant

„Wir wollen die Dynamiken innerhalb des Teams erkennen und nutzen, denn darin liegt das größte Leistungspotenzial im professionellen Mannschaftssport“, sagt Smolka. Insbesondere unter Druck und im Umgang mit Konflikten zeige sich, wie gut ein Team wirklich sei.

Was der Diplom-Sportwissenschaftler, der seit 2008 gemeinsam mit seinem Onkel Jörg Clubs, Organisationen, Unternehmen und Verbände berät, ohne es im Briefkopf zu führen, ebenfalls ist: ein Aufstiegsexperte. Man könnte fast schon vom Aufstiegsgaranten sprechen.

Hamburg Towers stiegen mit Teamcoach auf

Die Hamburg Towers stiegen mit Smolka als Teamcoach 2019 in die Basketball-Bundesliga auf. „Hinnerks Arbeit war der entscheidende Faktor in der größten Drucksituation in den Play-offs, ich kann ihn jeder Mannschaft wärmstens ans Herz legen“, sagt der damalige Trainer Mike Taylor.

2021 gelang den A-Junioren des Eimsbütteler TV als einzigem Verein ohne Nachwuchsleistungszentrum der Bundesligaaufstieg, die Oberligamänner des ETV marschierten dank Smolkas Mithilfe von der Landesliga in die Regionalliga, in deren Vorbereitung sie am Montag gestartet sind, durch.

Hürzeler kam beim ETV mit Smolka in Kontakt

Hier kam auch der Kontakt zu St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler zustande. Der 30-Jährige, der zeitweise noch selbst für den ETV kickte, hatte Smolka schon vor der offiziellen Zusammenarbeit regelmäßig für Ratschläge konsultiert, setzte sich sehr für die Verpflichtung des gebürtigen Hamburgers am Millerntor ein.

„Es ist entscheidend, sich nach einer erfolgreichen Halbserie nicht einfach zurückzulehnen, sondern immer zu überlegen, was wir weiter verbessern können“, sagt Hürzeler. Gemeinsam mit Smolka sollen Abläufe, Kommunikation und Zusammenarbeit im gesamten Team noch professioneller reflektiert werden.

Burchert Fürsprecher der neuen Methoden

Dies darf nicht in die Richtung gedeutet werden, dass es teamintern in den vergangenen Saisons geknirscht hat. Stattdessen unterstreicht die Schaffung der Stelle die Ambitionen St. Paulis.

„Wir wollen in allen Bereichen, die wir beeinflussen können, optimale Voraussetzungen schaffen. Wir sind offen für neue Ansätze und nutzen alle professionellen Möglichkeiten, damit der FC St. Pauli erfolgreich ist“, sagt Sportchef Andreas Bornemann. Mit Sascha Burchert hat Smolka einen Führungsspieler als Fürsprecher: „Wir freuen uns darauf, weil es eine Chance ist, uns zu verbessern“, sagt der Ersatzkeeper.

Smolka schon lange St.-Pauli-Fan

Ob Smolka Blutspender ist, ist indes nicht bekannt. Dass braun-weißes Blut durch seine Adern fließt, hingegen schon. Als Mitglied des St.-Pauli-Fanclubs Grasgrüne Grashüpfer erzielte er bei einem Fanclubturnier einst das entscheidende Tor, seine Wohnungstür ziert eine Fußmatte mit Totenkopflogo. Nun ist der Teamcoach bei seinem Team angekommen.

Das Training am Montag verpassten nur Urlauber Nikola Vasilj und der sich von einer Meniskusverletzung erholende Maurides.