Hamburg. Das Regionalligateam des Kiezclubs wird in der deutschen Botschaft empfangen und will sich künftig professioneller aufstellen.
Ein Präsident steht gewöhnlich über einem Botschafter. Und so machte sich Oke Göttlich, Oberhaupt des FC St. Pauli, die kleine Residenz der deutschen Botschaft in London – eigentlich Hoheitsgebiet von Miguel Berger – kurzerhand zu eigen. „Da das Hamburger Rathaus nicht verfügbar war, haben wir uns dazu entschieden, die Feier für den Sieg im Hamburger Pokal hier in der Botschaft auszurichten“, sagte Göttlich scherzhaft zur ersten Frauenmannschaft seines Clubs.
Doch wenngleich St. Pauli auch um die Entwicklung des Frauenfußballs bemüht ist – einen Trip nach London als Belohnung für den Pokalsieg springen zu lassen, ganz so weit ist es noch nicht.
St. Paulis Frauen besichtigen Arsenal-Gelände
Tatsächlich gastiert der Regionalligist anlässlich der „Football has no gender“-Tour (Fußball hat kein Geschlecht) von Sponsor Levi’s für drei Tage in der britischen Hauptstadt, war unter anderem in der Botschaft geladen, absolvierte am Dienstagabend ein Freundschaftsspiel vor rund 1000 Zuschauern beim Clapton CFC, das die Frauen mit 8:1 deutlich für sich entscheiden konnten, und besichtigt an diesem Mittwoch die Trainingsstätte des Champions-League-Halbfinalisten Arsenal WFC.
Vom Premier-League-Club sind die St. Paulianerinnen meilenweit entfernt. Doch es gibt Hoffnung, zumindest mittelfristig professionelleres Niveau zu ermöglichen, was sich bei einer Podiumsdiskussion in der Levi’s-Zentrale am Montagabend zeigte.
Von Geldern: "Haben Hausaufgaben"
„Der Frauenfußball hat ein großes Momentum, das tolle Geschichten kreieren kann. Viele unserer Partner sind an einem Engagement interessiert“, sagte Bernd von Geldern, Geschäftsleiter Wirtschaft. Die Frauenabteilung bei St. Pauli, der neun Mannschaften im Junioren- und Seniorenbereich angehören, ist zwar autonom geführt, unterliegt jedoch auch strukturellen Beschränkungen, allen voran denen bei Trainingszeiten und -plätzen.
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„Das ist auch eine Hausaufgabe, die wir in den nächsten Jahren zu lösen haben“, sagte von Geldern. Eine Voraussetzung, bei der sich alle Teilnehmer einig waren: Es muss mehr Geld ins System fließen. Mit der Einschränkung: Es darf nicht zu viel Geld ins System fließen.
Frauenteam reist per Nachtzug nach London
„Ich sehe eine Gefahr darin, vom System verschluckt zu werden, dass das Gleiche wie im männlichen Bereich geschieht, wenn es nur noch ums Finanzielle geht. Wir müssen verteidigen, was wir haben“, sagte St. Paulis Aufsichtsrätin Inga Schlegel. Noch aber haben die Frauen längst nicht genug.
Das zeigt sich auch im logistischen Bereich. Weil der Flug des Teams am Sonntagabend nach London-Gatwick ausgefallen war, teilten sich die Spielerinnen spontan auf eigene Faust in vier Reisegruppen auf, die teils abenteuerlich von Bremen, Hannover und sogar per Nachtzug über den Ärmelkanal nach London reisten. „Die wären zur Not per Linienbus gefahren“, sagte Trainerin Kim Koschmieder.
Botschafter erhält St.-Pauli-Trikot
Botschafter Berger durfte am Dienstag übrigens wieder die Schlüssel seiner Residenz von Göttlich übernehmen nebst einem Trikot von Lars Ritzka, unterschrieben von der Männer- und Frauenmannschaft. Also ganz im Sinn des Mottos, das Fußball geschlechtslos ist.
Beim Training der Zweitligamänner am Dienstag nahm Elias Saad (Oberschenkelprobleme) im Gegensatz zum Vortag an der Laufeinheit teil. Ersatzkeeper Sören Ahlers verletzte sich bei einer Rettungsaktion gegen Afeez Aremu an der rechten Hand.