Hamburg. 3882 Besucher sahen den 6:1-Sieg gegen Union Tornesch. Streit zwischen Fanlagern: „Unseren Anhängern wurden Schläge angedroht“.

Als die Spielerinnen des FC St. Pauli die Stadionrunde vor ihren enthusiastisch feiernden Fans drehten, sagte St. Paulis Außenbahnspielerin Janice Hauschild mit wenigen Worten das Wesentliche: „Heute", erklärte die linke Außenbahnspielerin der St. Paulianerinnen, „haben wir Geschichte geschrieben."

Zum einen galt das natürlich sportlich. Die Frauen des FC St. Pauli hatten ihre Favoritenrolle machtvoll als gerechtfertigt demonstriert. Der Regionalligist war dem Oberligisten und Endspielgegner Union Tornesch über 90 Minuten in allen Belangen überlegen und siegte einen Tag nach dem 1:1 der Männer am letzten Spieltag der Zweiten Liga gegen den KSC verdient mit 6:1 (3:1).

Rekordkulisse: FC St. Paulis Frauen holen Pokal

Zum anderen ließen sich Hauschilds Worte auch verstehen als Beschreibung eines weiteren Meilensteins in der Geschichte des Frauenfußballs in Hamburg. 3882 Besucher waren ins Stadion Hoheluft gepilgert. So viele wie noch nie bei einem Hamburger Pokalfinale der Frauen.

Die deutliche Übermacht der Besucher stellte zwar der FC St. Pauli, die Tornescher Fans wehrten sich aber durchaus lautstark. Doch gejubelt wurde fast nur in Braun-Weiß. Nach fünf Minuten ging es schon los. Hauschild, vor der Saison vom SV Werder Bremen zum FC St. Pauli gewechselt, setzte sich auf der linken Seite wunderbar durch.

Sie zog nach innen und bediente Tabea Schütt mustergültig. Diese hatte keine Mühe, das 1:0 zu erzielen. „Janice ist im Eins-gegen-eins einfach unheimlich stark. Deshalb kann sie so gut an der Linie außen spielen. Sie hat das heute klasse gemacht", lobte St. Paulis Trainerin Kim Koschmieder später.

St. Paulis Frauen dominierten die Partie gegen Tornesch deutlich

In der Folgezeit machte nicht nur Hauschild ihre Sache gut. Spielerisch klar überlegen ließen die Frauen des FC St. Pauli defensiv nichts zu und zeigten sich vorne immer wieder gefährlich vor dem Kasten der kämpferischen, aber spielerisch zu limitierten Tornescherinnen. Eine Minute vor dem Pausenpfiff war es schließlich soweit. Wieder hieß die Kombination dabei Hauschild/Schütt. Doch es lief anders als gedacht, denn Schütt verfehlte Hauschilds Flanke um Zentimeter. Dabei irritierte sie die Tornescher Torfrau Alicia Bautz jedoch so sehr, dass der Ball ins Netz kullerte.

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Nach dem Wechsel herrschte das gleiche Bild. Angetrieben von überwältigender Fanunterstützung spielte St. Pauli munter nach vorne. Auch Hauschild machte da weiter, wo sie in den ersten 45 Minuten aufgehört hatte. Für ihr punktgenaues Zuspiel bedankte sich Julia Hechtenberg mit dem 3:0 (50.). Wie aus dem Nichts schlug daraufhin Tornesch zurück. Josefin Lutz zog aus über 30 Metern einfach mal ab. Der Ball flog per Innenpfosten zum schönsten Tor des Tages ins Netz (52.). Es sollte jedoch nur der Ehrentreffer bleiben.

St. Paulis Nina Philipp beendete ihre Karriere im Stadion Hoheluft

Zu überlegen war St. Pauli, welches nach einer Stunde einer großen Spielerin einen würdigen Abschied bereitete. Nina Philipp ging im letzten Spiel ihrer Karriere unter tosendem Applaus vom Feld. „Wir haben vor zehn Jahren gemeinsam in der Oberliga Hamburg angefangen. Da waren wir beide noch Spielerinnen und wollten es gemütlich angehen lassen. Nun haben wir zum Abschluss von Ninas Karriere gemeinsam den Pokal geholt. Das ist natürlich ein wunderbarer Abschied für sie. Das freut mich riesig", sagte St. Paulis Trainerin Kim Koschmieder.

Nach Philipps umjubelten Abgang änderte sich am Spielverlauf weiterhin nichts. Schütt vergab zwar das vorentscheidende 4:1, indem sie einen Strafstoß an den Pfosten setzte (68.), doch gegen Ende drehte St. Pauli noch einmal richtig auf. Hauschild traf nach hervorragender Flanke von Verena Mannes per Kopf zum 4:1 (80.).

Annie Kingman nach einem Gestocher im Strafraum (85.) zum 5:1. Ilijana Kljajic setzte den Schlusspunkt mit dem 6:1 (88.). „Am Ende war das vielleicht zwei Tore zu hoch, aber St. Pauli ist der absolut verdiente Sieger", sagte der Tornescher Trainer Artur Wilk. „Es ist auch schön, dass so viele Zuschauer da waren. Das haben sich die Frauen verdient."

Streit zwischen Fanlagern musste geschlichtet werden

Einen Wermutstropfen brachte die stolze Kulisse aus Wilks Sicht allerdings auch mit sich. Vor der Partie kam es, so Wilk, zum Streit zwischen beiden Fanlagern, welche Anhänger sich im Block C hinter dem Tor gruppieren durften.

„Unseren Fans war der Block zugesagt worden. St. Paulis Fans haben aber die Banner unserer Fans dort abgerissen. Unsere Anhänger mussten den Block unter Androhungen von Schlägen und sogar unter Morddrohungen verlassen. Selbst dem Vorstand des Hamburger Fußball-Verbandes, der hingegangen ist, wurden Schläge angedroht. Es ist unfassbar, wie das gelaufen ist", erhob Wilk schwere Vorwürfe gegenüber den Fans des FC St. Pauli.

„Es hat einige Rempeleien gegeben, die ich mitbekommen habe. Es soll sogar noch mehr passiert sein, aber das habe ich selbst nicht gesehen", sagte dazu Karsten Marschner, Geschäftsführer des Hamburger Fußball-Verbandes. „Um die Situation nicht zu eskalieren, mussten die Tornescher Fans schließlich in Block B ausweichen", erklärte Marschner.

FC St. Pauli: Streit zwischen den Fangruppen

Anders stellte der FC St. Pauli die Lage dar. „Es waren insgesamt sehr viele St. Pauli-Fans bei dem Spiel – und im Vorfeld wurden zuvor für den betreffenden Block C Karten frei verkauft. Durch die Zugänglichkeit des Blocks für beide Fanlager kam es offenkundig zu einem Konflikt zwischen Anhängern der Tornescher und Anhängern unseres FC St. Pauli, die bereits kurz nach der Öffnung des Stadions im Block waren. Als Anhänger von Union Tornesch in den Block kamen, soll es Wortgefechte zwischen Personen von beiden Seiten gegeben haben.

Ein eindeutig schuldiges Fanlager für diese Situation lässt sich nach Rücksprache mit unserem Fanladen nicht feststellen. Morddrohungen haben die Fanbetreuer auf jeden Fall nicht gehört“, sagte St. Paulis Pressesprecher Patrick Gensing. Vielmehr sei die Situation nach Angaben der Fanladen- Mitarbeiter, die vor Ort waren, gemeinsam mit dem HFV aufgelöst worden. Auch habe nach übereinstimmenden Berichten eine friedliche Atmosphäre im Stadion geherrscht.

So blieb zum Abschluss nur noch die Frage nach dem Wunschgegner St. Paulis im DFB-Pokal. St. Paulis Trainerin Koschmieder gab eine pragmatische Antwort. „Wir nehmen jeden Gegner, der kommt. Aber jetzt freuen wir uns erst einmal, endlich im dritten Anlauf im Finale den Pokal geholt zu haben."