Hamburg. Der frühere Profi arbeitet beim FC St. Pauli als Assistent der Sportlichen Leitung. Dass er es kann, hat er jetzt schriftlich.

Den selbst auferlegten Dresscode seines Chefs hat er schon für sich übernommen. In einem blütenweißen Oberhemd kommt Carsten Rothenbach in die Abendblatt-Redaktion, um im Podcast „Millerntalk“ über seine Doppelaufgabe beim FC St. Pauli, seine jüngste Auszeichnung, die zweifache Befreiung aus der Abstiegsgefahr und nicht zuletzt darüber zu sprechen, was für einen Bundesliga-Aufstieg nötig ist .

FC St. Pauli: Rothenbach feiert Klassenerhalt mit der U 23

Der 42 Jahre alte Rothenbach ist seit acht Jahren als Referent und Assistent des Sportchefs beim FC St. Pauli tätig. Dies ist seit Juli 2019 Andreas Bornemann (51), davor stand er Thomas Meggle, Andreas Rettig und Uwe Stöver zur Seite. „Von allen konnte ich viel mitnehmen“, sagt Rothenbach. „Vor allem habe ich vom Verein immer wieder die Möglichkeit bekommen, meine Kompetenzen zu erweitern.“

Gleichzeitig ist Rothenbach seit zwei Jahren auch Sportlicher Leiter der U-23-Mannschaft, kann also quasi im kleinen Rahmen verantwortlich praktizieren, was sein Vorgesetzter Bornemann bei den Profis betreibt. Gerade konnte er auch mit „seiner“ Mannschaft den Klassenverbleib in der Regionalliga feiern, der bei den Profis bereits vor Wochen feststand.

Früherer St.-Pauli-Profi erhielt Auszeichnung

Einen weiteren, wichtigen Schritt zur angesprochenen Kompetenzerweiterung hat Rothenbach, ziemlich unbemerkt von der Öffentlichkeit, gerade vollzogen und das vom DFB und der DFL organisierte „Zertifikatsprogramm Management im Profifußball“ erfolgreich absolviert. „Das ist vergleichbar mit der Trainerausbildung zum Fußballlehrer, nur eben auf Management-Ebene. Es geht darum, zukünftige Führungskräfte für den Profifußball auszubilden“, erklärt er.

18 Monate dauerte der Lehrgang. Vieles lief online vom eigenen Schreibtisch aus. „Alle zwei Monate gab es aber auch eine Präsenzphase von zwei bis drei Tagen. Wir waren in Berlin, Dortmund und öfter am DFB-Campus in Frankfurt“, berichtet Rothenbach. Zu den Mitabsolventen gehörten auch sein früherer Mitspieler Fabio Morena, heute Teammanager bei Hannover 96, sowie Claus Costa, Direktor Profifußball beim HSV.

Bornemann ist ein Förderer von Rothenbach

Auf die augenzwinkernde Frage, ob er sich nun mit dem gerade erworbenen Rüstzeug im Hinterkopf schon eine Säge gekauft habe, um sich am Stuhl von Andreas Bornemann zu schaffen zu machen, schüttelt Rothenbach nur den Kopf. „Man muss ehrlicherweise sagen, dass mich Andreas ja für den Lehrgang nominiert hat“, erzählt er. Klar also, seinen eigenen Förderer sägt man nicht ab. Das ist nach einer Erfolgsserie von 40 Punkten in 16 Rückrundenspielen ohnehin kein Thema.

„Der Job, den ich jetzt mache, ist schon ein sehr rarer. Es gibt ihn in Deutschland vielleicht 50- oder 60-mal. Das muss man sich vor Augen führen“, sagt er. Doch der Ehrgeiz, irgendwann doch einmal Sportchef eines Proficlubs zu werden, ist bei aller Loyalität auch vorhanden. „Ich mache ja so eine Ausbildung wie jetzt mit dem Zertifikat Profifußball, um mich weiterzuentwickeln und um Schritte vorangehen zu können. Wohin das am Ende führt, kann ich jetzt nicht beurteilen“, sagt er.

Rothenbach stieg mit den Kiezkickern in die Bundesliga auf

Ähnlich war es ihm ergangen, als er 2006 nach neun Jahren beim Karlsruher SC zum FC St. Pauli wechselte, der damals noch in der drittklassigen Regionalliga Nord zu Hause war. „Es war eher eine Bauchentscheidung als eine rationale. Es ging mir damals nicht um die Karriere an sich, sondern vielmehr um die Leidenschaft, die ich ausleben kann. Wenn man einmal am Millerntor war, hat man das relativ schnell gespürt, dass das dort möglich ist“, erzählt er. „Die Zeiten waren auch so, dass man nicht immer auf den einen Euro mehr geguckt hat.“

Dass die Entscheidung goldrichtig war, stellte sich in der Folge heraus. Dem Aufstieg in die Zweite Liga 2007 folgte drei Jahre später der Sprung in die Bundesliga – und das im Grunde ohne ganz große Stars. „Wir hatten die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum zu wachsen und uns zu entwickeln. Das haben wir auch getan. Daraus ist ein Kern entstanden, der die Mannschaft und den Verein über Jahre geprägt hat. Dann haben wir uns auch immer wieder gezielt verstärkt“, beschreibt Rothenbach das damalige Aufstiegsrezept unter Trainer Holger Stanislawski.

Als Spieler würde er sich selbst kaufen

Dies könnte auch jetzt im Hinblick auf die kommende Zweitligasaison greifen, da es nach der so starken Rückrunde eine eher moderate Fluktuation geben wird und die aktuelle Mannschaft einen ähnlich starken Teamgeist besitzt. „Wichtiger ist noch, dass die Mannschaft das widerspiegelt, was den Verein ausmacht. Darüber identifizieren sich auch die Fans und die Mitarbeiter mit dem Team“, sagt er.

Bleibt schließlich die Frage, ob der Manager Rothenbach den Spieler Rothenbach verpflichten würde. „Ich bin sicherlich nicht der Mann rechts hinten gewesen, der praktisch eher als Spielmacher fungiert. Aber wenn du jemanden brauchst, der die Linie rauf und runter rennt und eine gewisse Leidenschaft auf den Platz bringt, bin ich der Richtige. Also ganz objektiv würde ich mich definitiv verpflichten wollen“, sagt er.

Eine gute Nachricht erhielt Rothenbach noch am Donnerstag. Das Regionalligaspiel seines U-23-Teams bei der zweiten Mannschaft von Holstein Kiel wurde von Sonntag auf diesen Freitag (15 Uhr) vorverlegt. Damit kann er sich am Millerntor das letzte Saisonspiel der Profis gegen seinen Jugendclub KSC live ansehen.