Hamburg. Der FC St. Pauli sieht nach dem 2:1 gegen Bielefeld die neue Chance auf Platz drei gelassen, hat aber ein neues Element zu bieten.

Nach dem hochverdienten, am Ende aber auch etwas glücklichen 2:1 (0:0)-Heimsieg gegen Arminia Bielefeld kam das zuvor schon abgehakte Thema sofort wieder hoch. Kann der FC St. Pauli im Saisonendspurt etwa doch noch einmal in den Aufstiegskampf eingreifen – genauer gesagt in den Wettbewerb um den Relegationsrang drei? Trainer Fabian Hürzeler gibt sich bei dieser Frage betont und fast schon aufreizend unwissend. „Ich habe noch nie auf die Tabelle geguckt“, behauptete er jedenfalls mit seinem schelmischen Lächeln.

Verborgen geblieben kann es ihm allerdings nicht sein, dass seine Mannschaft mit dem am Ende von den Fans euphorisch gefeierten elften Sieg in der Zweitliga-Rückrunde den Rückstand auf den weiter auf Platz drei geführten HSV wieder von neun auf sechs Punkte verkürzt hat, weil zeitgleich der Stadtrivale 2:3 in Magdeburg verlor.

Bei noch vier ausstehenden Spielen und einem defensiv anfälligen HSV ist noch so einiges denkbar, zumal die St.-Pauli-Mannschaft gegen Bielefeld bewies, dass sie den Nackenschlag der unnötigen 3:4-Niederlage beim HSV in der Woche zuvor verarbeitet hat.

Paqarada sieht blanke Nerven bei der Konkurrenz

„Es war unglaublich wichtig, dass wir wieder in die Erfolgsspur gekommen sind. Jeder weiß, wie schnell es in der Zweiten Liga gehen kann, dass man in so ein Hamsterrad gerät und sich fragt, was passiert hier eigentlich“, sagte Co-Kapitän Leart Paqarada nach dem Sieg.

So recht mit der gerade eben wiederbelebten Aufstiegschance beschäftigen wollte sich der Linksverteidiger aber auch nicht wirklich. „Es bringt alles nichts zu sagen, wir sind wieder da, oder wir sind nicht da, oder wir waren weg. Wir machen einfach unseren Job und schauen, wohin das führt“, sagte er bestimmt.

Dass sich der 28-Jährige aber sehr wohl damit beschäftigt, was im oberen Drittel der Liga los ist, zeigte seine folgende Einschätzung: „Es ist auch klar, dass zum Ende der Saison die Nerven irgendwo blank liegen und der eine oder andere flattert.“ In Bezug auf den HSV sagte er: „Mich überrascht es gar nicht so sehr, dass Magdeburg gewonnen hat. Die haben eine super Mannschaft.“

Torschütze Hartel will noch zwölf Punkte holen

Diese Einschätzung gilt aktuell zweifellos auch für den SC Paderborn, der in der Tabelle punktgleich mit dem FC St. Pauli auf Rang vier und damit direkt hinter dem HSV platziert ist. Um selbst noch Dritter werden zu können, muss St. Pauli also zunächst auf einen Paderborner Sieg am kommenden Freitag beim HSV setzen, in der Folge aber auch auf Punktverluste der Ostwestfalen hoffen.

Was St. Pauli selbst zu tun hat, um seine Chance am Leben zu erhalten, ist auch Mittelfeldspieler Marcel Hartel bewusst, der nach einem langen Pass von Paqarada und einem schönen Solo ganz cool das 1:0 (53.) erzielte. „Wir wollen die zwölf Punkte und jetzt auch in Darmstadt gut performen“, sagte er.

„Wenn wir alle vier Spiele gewinnen, und der HSV alle vier Spiele verliert, steigen wir auf. Das aber ist zu viel Rechnerei. Wir wollen uns aufs nächste Spiel konzentrieren“, betonte Hartel, der dabei Paderborn sowie die ebenfalls mit 50 Punkten ausgestattete Düsseldorfer Fortuna außer acht ließ. Dazu kommt, dass Platz drei längst keine Aufstiegsgarantie beinhaltet – eher im Gegenteil.

St. Pauli hat jetzt eine Flügelzange als Offensivwaffe

Als Pluspunkt kann die Mannschaft des FC St. Pauli in die abschließenden vier Ligaspiele mit der Erkenntnis gehen, jetzt auch eine echte Flügelzange mit den Außenstürmern Oladapo Afolayan und Elias Saad im taktischen Repertoire zu haben. Trainer Hürzeler hatte gegen Bielefeld den 23 Jahre alten Saad erstmals in der Zweiten Liga in die Anfangsformation beordert.

„Für das Startelfdebüt war es wirklich gut, vor allem gegen den Ball. Er hat mit Ball noch mehr Möglichkeiten, ins Eins-gegen-eins zu gehen und zum Abschluss zu kommen. Das haben wir ihm heute nicht so oft gegeben“, bewertete der Coach später Saads Leistung treffend.

Auf jeden Fall wird es im Saisonendspurt unberechenbarer als bisher sein, mit welcher personellen und taktischen Formation in der Offensive Hürzeler sein Team in ein Spiel schickt.

St. Paulis Kapitän Jackson Irvine mitten im Fanblock

Keine Berechnung war am Ende auch der Besuch von Kapitän Jackson Irvine im Fanblock auf der Südtribüne. Nach kurzem Überlegen, wie er es anstellen solle, kletterte der 30-Jährige über den Zaun in die begeisterte Menschenmenge, sang und tanzte eifrig mit.

Es ist kaum zu glauben, dass der Australier erst knapp zwei Jahre bei St. Pauli ist. Längst wird er beim Verlesen der Aufstellung als „Fußballgott“ verehrt, was am Millerntor wenigen zuteil wird. Sollte Irvine das Team am Ende wirklich noch zum Aufstieg führen, ginge er wirklich in die Clubgeschichte ein.

FC St. Pauli: Vasilj – Dzwigala (88. Zander), Medic, Mets – Saliakas (88. Ritzka), Irvine, Hartel, Paqarada – Afolayan (81. Aremu), Daschner (81. Otto), Saad (66. Metcalfe).
Arminia Bielefeld:
Fraisl – Ramos (76. Lepinjica), Jäkel, Andrade (61. Consbruch) – Klünter, Prietl, Oczipka (80. Bello) – Okugawa (76. Corbeanu), Vasiliadis (61. Lasme) – Klos, Robin Hack.
Tore:
1:0 Hartel (53.), 2:0 Daschner (69.), 2:1 Consbruch (73.). SR: Max Burda (Berlin). Z.: 29.546 (ausverkauft). Gelb: Saad (2), Metcalfe (4) – Ramos (6), Andrade (3), Klos (4). Statistik: Torschüsse: 21:10, Ecken: 5:5, Ballbesitz: 56:44 Prozent, Zweikämpfe: 112:109, Fouls: 8:20. Laufleistung: 116,47:112,25 km.