Hamburg. Der langjährige Trainer des FC St. Pauli spricht vor dem Stadtduell über Walter, Hürzeler und das Aufstiegsrennen in Liga zwei.
Seinen größten Derbymoment erlebte Holger Stanislawski am 16. Februar 2011. Damals bezwang der FC St. Pauli den HSV im Volksparkstadion mit 1:0. Es war das bislang letzte Aufeinandertreffen beider Clubs in der Bundesliga. Am kommenden Freitag (18.30 Uhr) treffen die Hamburger Vereine zum mittlerweile zehnten Mal in der Zweiten Liga aufeinander.
Dass sich beide Teams in der kommenden Saison wieder gegenüberstehen, glaubt der langjährige Trainer des FC St. Pauli nicht, wie er im Interview bei „Sky“ sagt: „Eine der beiden Mannschaften sollte den Aufstieg schaffen. Welche – das werden wir sehen.“
Stadtderby: Stanislawski sieht Druck beim HSV
Die Ausgangslage vor dem 109. Stadtderby ist brisant wie lange nicht. Der drittplatzierte HSV hat sechs Punkte Vorsprung auf St. Pauli, das sich nach zehn Siegen aus den vergangenen elf Spielen in Lauerstellung auf die Aufstiegsränge befindet. Stanislawski: „Was die Einzelspieler betrifft, ist der HSV noch einen Tick besser besetzt. Aber in 90 Minuten zählt das nicht – beim Derby kommt es nur auf die Tagesform an.“
Beide Vereine mussten am vergangenen Wochenende Rückschläge hinnehmen. Während St. Pauli durch das 1:2 gegen Eintracht Braunschweig erstmals in diesem Jahr verlor, blieb der HSV beim 0:2 in Kaiserslautern zum fünften Mal in den vergangenen sechs Spielen sieglos. „Der HSV-Auftritt in Kaiserslautern – das war schon sehr wenig. Gerade im Spiel nach vorne war fast nichts los“, sagt Stanislawski, der für das Derby aber ganz andere Voraussetzungen sieht: „Jeder spricht dich auf der Straße an – das kann einen positiven Effekt haben. Was in der letzten Woche war, ist dann völlig egal.“
Stanislawski lobt HSV-Trainer Walter
Gefordert ist beim HSV vor allem Trainer Tim Walter. „Er ist ein extrovertierter Typ, sehr überzeugt von seinem Plan – das muss er auch sein. Er wirkt sehr stabil und muss versuchen, dieses Selbstvertrauen auch auf seine Mannschaft zu übertragen“, beschreibt Stanislawski. Der HSV müsse an das Ziel, Platz eins oder zwei zu holen, glauben. „Das wird schwer genug – die anderen, die hintendran kleben, warten genau auf diese Situation, in der es beim HSV nicht funktioniert. Tim hat aber Erfahrungswerte, und ich glaube, er wird seiner Mannschaft genau das an die Hand geben, was sie braucht.“
Kritisiert wird Walter mitunter für seine Spielweise. Für den HSV-Trainer hat der 53-Jährige aber nur lobende Worte übrig: „Die ganze Saison über in der Spitzengruppe zu stehen – das spiegelt ganz gut wieder, auf welchem Niveau das ganze Jahr über gearbeitet wird. Natürlich haben sie ihre Art und Weise, wie sie Fußball spielen – aber ich gehe davon aus, dass Tim Walter nicht nur Plan A hat, sondern auch Plan B, wenn es mal nicht so funktioniert", sagt Stanislawski.
Im Derby sei ohnehin die Einstellung entscheidend: „Bin ich mutig? Bin ich selbstbewusst? Bin ich risikobereit oder hemmt mich irgendwas? Natürlich steht der HSV in diesem Spiel mehr unter Druck – das wissen sie selbst.“
Wie kommt Hürzeler mit Rückschlägen zurecht?
An St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler schätzt Stanislawski vor allem eines: „Mir fällt sehr positiv auf, dass er diese Siege sehr vernünftig deutet. Das waren keine zehn herausragenden Auftritte. Er hat einen klaren Plan, wie er Fußball spielen will, und den zieht er auch durch, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren. Er macht momentan einen sehr guten Eindruck.“
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Bislang kannte Hürzeler bei St. Pauli fast nur den Erfolg. Gerade das sieht Stanislawski als Herausforderung: „Im Moment macht er vieles richtig. Aber natürlich wird auch Hürzeler nochmal gegen eine geschlossene Tür laufen.“ Das 1:2 gegen Braunschweig war Hürzelers erste Niederlage als Cheftrainer. „Wenn man mal drei Spiele nacheinander verliert, wird es interessant. Geht man dann das vierte Spiel anders an? Wirst du verhaltener? Gehst du weg von deiner Spielweise? Das wird er lernen – und ich glaube, dazu hat er auch Lust.“