Hamburg. Wie zwei Skandinavier maßgeblich Einfluss auf das Aufeinandertreffen vom FC St. Pauli und Greuther Fürth nehmen.

Es gibt die schöne Anekdote über Fabian Hürzelers Start ins Trainergeschäft, die verdeutlicht, was dem Chefcoach des FC St. Pauli bedeutsam ist und was nicht. „Nachdem wir die ersten sechs Spiele verloren haben, hat mich die Presse angerufen und damit konfrontiert, dass ich nach der nächsten Niederlage gefeuert werde“, erinnert sich der 30-Jährige an seine Anfangszeit in der Saison 2016/17 beim bayerischen Regionalligisten FC Pipinsried. So weit, so unspektakulär. Das Besondere: Hürzeler verlor damals gar nicht sechsmal in Serie, sondern holte lediglich vier Punkte aus diesen Begegnungen. Und es unterstreicht einmal mehr, wie wenig er auf Serien und Statistiken gibt. Er vergisst sie schlicht.

Was einem der derzeit erfolgreichsten Trainer des deutschen Profifußballs stattdessen wichtig ist: harte Arbeit – und früh damit anzufangen. Seit Hürzeler beim Kiezclub übernommen hat, finden die Spieltagspressekonferenzen bereits um 8.45 Uhr statt, damit ihm mehr Vorbereitungszeit zum Training bleibt. Dafür benötigt der ausgeschlafene Bayer nicht einmal, was der bevorstehende Gegner hat: „Sie spielen Red-Bull-Fußball“, sagt Hürzeler nämlich über die SpVgg Greuther Fürth, die am Sonnabend (13 Uhr/Sky) im Millerntor-Stadion gastiert.

Nicht Brause entscheidet das Duell, sondern skandinavische Gelassenheit

Was der Überflieger damit meint? Den Einfluss, den Alexander Zorniger auf den Spielstil nimmt, seit er den Bundesligaabsteiger Ende Oktober vergangenen Jahres in höchster Not übernahm. Der 55-Jährige hatte von 2012 bis 2015 bei RB Leipzig gearbeitet, dessen Fußball auf extrem aggressivem und hohem Pressing, rasantem Umschalten nach Ballgewinnen sowie intensiven Sprints basiert. Diese Spielweise hat sich Zorniger, dem der frühere Hamburger Sky-Moderator Jurek Rohrberg (38) als sogenannter Performance Manager assistiert, bewahrt – und damit Erfolg. Die Franken sind ein unentspannt spielender, entspannter Tabellenelfter.

Hürzelers Replik auf den Energydrink-Fußball fällt seinem Naturell gemäß recht bieder und entkoffeiniert aus: „Wir werden unserem Stil treu bleiben und uns auch gegen Druck von hinten heraus kombinieren.“ Und ohnehin: Keine österreichische Brause entscheidet das Duell, sondern skandinavische Gelassenheit.

FC St. Pauli Bei Eric Smith laufen ohnehin fast alle Fäden zusammen

Denn der Schlüssel zum Erfolg bei den Hamburgern ist schwedisch. Bei Eric Smith laufen ohnehin fast alle Fäden zusammen, um dem Aufbauspiel St. Paulis Flügel zu verleihen. Gegen Fürth wird die Bedeutung des fast unersetzbaren Innenverteidigers nochmals größer. Der Schlüssel auf entgegengesetzter Seite ist ebenfalls schwedisch. Mittelstürmer Branimir Hrgota (30) ist mit acht Saisontoren und großer Gravitationskraft für gegnerische Verteidiger die personifizierte Fürther Lebensversicherung. „Ein Unterschiedsspieler“, wie Hürzeler ihn bezeichnet.

Seinetwegen und angesichts der jüngsten Auftritte seiner Mannschaft könnte Hürzeler doch noch ins Grübeln kommen, ein Red-Bull-Gebot auszugeben. Denn zuletzt waren dem schwierig zufriedenzustellenden Coach seine Akteure „zu passiv in der Defensivarbeit, nicht mehr mutig genug in den Zweikämpfen und beim Stellungsspiel nicht optimal positioniert“. Trotz der Kritik ist davon auszugehen, dass die gleiche Defensivreihe, gar die gleiche Startelf, wie in den vorherigen Partien auflaufen wird. Über Alternativen verfügt Hürzeler, dem bis auf die Langzeitverletzten David Nemeth und Etienne Amenyido alle Spieler zur Verfügung stehen. Aber er nutzt sie selten.

FC St. Pauli gegen Greuther Fürth:1000 Gästefans am Millerntor erwartet

Das Wechselkontingent schöpfte St. Pauli zuletzt nicht aus, „weil es keinen Grund dazu gibt, wenn wir in letzter Linie stabil stehen“, sagt Hürzeler, der zugleich als Kommunikator bei den nicht Berücksichtigten gefragt ist. Wobei er weiß: „Es ist in dieser Situation nicht einfach, zufriedenstellende Worte zu finden.“

Rund 1000 Gästefans werden wiederum den Weg zum Millerntor finden. Ihr Kartenkontingent schöpften die Gäste, ähnlich wie Hürzeler beim Wechseln, allerdings nicht vollständig aus, was dazu führen wird, dass das Millerntor-Stadion zwar ausverkauft, aber nicht mit 29.546 Zuschauern voll besetzt sein wird. Der numerische Heimvorteil wird größer als ohnehin schon sein.

All das in Summe soll dazu führen, dass Fabian Hürzeler allem Desinteresse an Serien zum Trotz seinen Lauf auf sieben Siege in sieben Spielen ausbaut. Denn was aus den vorherigen sechs Begegnungen überliefert ist, ist in diesem Fall wirklich so passiert.