Hamburg. FCK kommt mit voller Euphorie ans Millerntor. Für Hamburgs Trainer Fabian Hürzeler ist Kaiserslautern aktuell das beste Team der Liga.
Die ersten Fans aus der Pfalz saßen schon am Donnerstag um 6.40 Uhr im ICE nach Hamburg. Weitere rund 3000 werden bis Sonntag folgen, wenn der 1. FC Kaiserslautern um 13.30 Uhr (Sky) beim FC St. Pauli aufläuft. Der Gästeblock auf der Nordtribüne wird dann pickepackevoll sein. Die Tickets waren online in Minuten ausverkauft, Interesse gab es von 10.000 Fans. „Was bei uns grade abgeht, ist phänomenal“, sagt Kaiserslauterns Stürmer Terrence Boyd (31). „Das ist nicht normal, das ist einfach nicht normal.“
Der FCK ist zurück in der 2. Bundesliga und mischt als Aufsteiger die Spielklasse auf. Platz vier mit 35 Punkten, von den vergangenen sieben Partien wurden sechs gewonnen und eine unentschieden gespielt. „Für mich ist Kaiserslautern aktuell die beste Mannschaft der Liga“, sagt St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler voller Respekt über das einzige auswärts noch ungeschlagene Team der Liga, „sie verteidigen sehr mannorientiert, haben hohes Tempo auf den Außenbahnen und wollen auch Fußball spielen. Es wird eine große Aufgabe für uns.“
St. Pauli freut sich über Kaiserslauterns Rückkehr
Wenn die Trainingseindrücke der vergangenen Woche nicht täuschen, wird Hürzeler diese Aufgabe mit der gleichen Formation wie beim 2:0-Sieg gegen Hannover 96 angehen. Mittelstürmer Maurides hat seine Kniebeschwerden zwar auskuriert, der spielende Angreifer Lukas Daschner konnte mit Beweglichkeit und Technik aber überzeugen. „Jeder Einzelne muss an seine Grenzen und über diese hinaus gehen“, um zu gewinnen, weiß Hürzeler, der sich jedoch über die Rückkehr des viermaligen deutschen Meisters freut: „Das ist ein großer Verein, und Tradition finde ich enorm wichtig.“
Vier Jahre waren die stolzen „Roten Teufel“ zwischen 2018 und 2022 in der 3. Liga verschwunden. Das Gründungsmitglied der Bundesliga, der Verein von Fritz Walter, stand durch Misswirtschaft, vereinsinterne Intrigen und völlige Überschätzung seiner Möglichkeiten finanziell mehrmals kurz vor dem Ende. 2003 mussten das vereinseigene Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg und das Trainingszentrum an die Stadt verkauft werden. Die rheinland-pfälzische Landesregierung mit Ministerpräsident und FCK-Fan Kurt Beck intervenierte in dieser Zeit mehrmals, um dem Verein zu helfen. „Ich würde mich nicht mehr an das Grab meines Freundes Fritz Walter trauen, wenn ich, was er aufbaute, kaputtgehen lasse“, sagte Beck 2002.
Die Pandemie brachte für den FCK die Wende
Das Trainingsgelände konnte der Club 2015 dank einer Fananleihe von 2,6 Millionen Euro zurückkaufen. 2018 wurde die Lizenzabteilung in eine GmbH Co. KGaA ausgegliedert. Dennoch erhielt der FCK (wie Eintracht Braunschweig) nach dem Abstieg 2018 eine Solidarspende der Zweitligisten von 600.000 Euro, um den Neuanfang in der 3. Liga zu erleichtern.
Die Wende brachte die Pandemie – ausgerechnet. Im Sommer 2020 sollen die Schulden des Vereins 24 Millionen Euro betragen haben. Am 15. Juni leitete die GmbH eine Insolvenz in Eigenverwaltung ein. Der FCK wurde seine Schulden los, und der DFB setzte wegen der Corona-Krise die sonst bei Insolvenz üblichen neun Punkte Abzug aus. Die Planinsolvenz wurde somit vom Horrorszenario zum sinnvollen Geschäftsmodell. Im März 2022 stiegen zudem die regionalen Unternehmer und Sponsoren Klaus Dienes aus Kaiserslautern und Giuseppe Nardi mit elf Millionen Euro für 33 Prozent als Gesellschafter ein und gingen auch in den Beirat der GmbH. Seitdem herrschen Ruhe und Seriosität – nichts dringt mehr nach draußen. Geschäftsführer Thomas Hengen (48) kann stressfrei arbeiten.
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Der ehemalige FCK-Profi sorgte für Aufsehen, als er im Mai 2022 unmittelbar vor den beiden Aufstiegs-Relegationsspielen gegen Dynamo Dresden Trainer Marco Antwerpen durch Dirk Schuster (55) ersetzte, der schon vor acht Jahren mit Darmstadt 98 den Durchmarsch von der 3. Liga in die Bundesliga geschafft hatte. Ein unpopuläres Vabanquespiel, das aufging. „Ein Riesenkompliment an Dirk Schuster für die Arbeit“, sagte Hürzeler.
FCK hat nach dem HSV den besten Zuschauerschnitt
Mit dem Comeback in Liga zwei setzte in und um Kaiserslautern wieder Euphorie ein. „Der FCK ist wieder da“, schallt es von den Tribünen. Mit 38.600 Zuschauern hat der Verein nach dem HSV den besten Zuschauerschnitt der Liga. Davon profitiert auch die Stadt, der Club bezahlt nun 2,4 Millionen Euro Pacht für das Stadion. Dies reicht aber immer noch nicht aus, um die laufenden Kosten zu decken. Deswegen muss das Defizit nach wie vor aus dem städtischen Haushalt beglichen werden. Egal. „Der FCK ist die stärkste Marke der Stadt und für die Region ein Geschenk“, sagte Stefan Weiler, der Vorsitzende der städtischen Stadiongesellschaft, dem SWR.
„Es passt einfach alles gerade, du merkst, dass wir eine Einheit sind mit den Fans“, freut sich Terrence Boyd, der mit zehn Treffern Platz zwei der Torjägerliste belegt: „Wir bringen jetzt einfach die Freude zurück in die Region und sind noch lange nicht fertig.“