Braunschweig. Mit dem siebten Spiel ohne Sieg verschärft sich die Krise des Kiezclubs weiter – und jetzt kommt das Derby gegen Tabellenführer HSV.
Der Schock für den FC St. Pauli kam in letzter Sekunde. Die Nachspielzeit von drei Minuten war schon abgelaufen, als Spielmacher Immanuel Pherai das 2:1 für Eintracht Braunschweig erzielte und die bis dahin meist spielbestimmende Mannschaft vom Kiez noch weiter in die sportliche Krise beförderte. Seit sieben Spielen ist der FC St. Pauli nun sieglos. Die Niederlage am Sonnabend war davon das bisher bitterste Erlebnis.
Tabellenspitze 2. Bundesliga
1. HSV 10 / 16:6 / 24
2. Darmstadt 98 11 / 20:11/ 24
3. SC Paderborn 11 / 29:12/ 22
4. Heidenheim 10 / 14:7 / 17
5. Düsseldorf 11 / 20:14 / 17
6. Karlsruher SC 11 / 20:15 / 17
7. Hannover 96 10 / 18:14 / 17
8. Kaiserslautern 10 / 19:16 / 15
…
13. FC St. Pauli 11 / 15:17 / 11
„Wir müssen uns an die eigene Nase fassen“, sagte St. Paulis Trainer Timo Schultz. „Wir waren in einigen Situationen nicht gut genug. Das ärgert mich maßlos, denn heute wäre deutlich mehr drin gewesen.“
FC St. Pauli schont in Braunschweig Paqarada fürs Derby gegen den HSV
Schultz hatte etwas überraschend doch auch Linksverteidiger Leart Paqarada verzichten müssen. Nach seiner Muskelverletzung im Oberschenkel hatte der Kapitän Mitte der Woche wieder weite Teile des Trainings absolvieren können. Ein Einsatz schien nun aber doch zu riskant auch im Hinblick auf die weiteren Spiele, insbesondere das Stadtderby am kommenden Freitag gegen den HSV. So war Paqarada gezwungen, an seinem 28. Geburtstag das Spiel am Fernsehen verfolgen zu müssen.
Ansonsten verzichtete Schultz erstmals überhaupt in einem Pflichtspiel in dieser Saison auf Johannes Eggestein. Der Stürmer nahm zunächst auf der Bank Platz. Im Angriff erhielten diesmal Igor Matanovic und Etienne Amenyido das Vertrauen.
St.-Pauli-Kapitän Irvine wird von Benkovic aus dem Spiel gefoult
Wieder dabei war Mittelfeldspieler Jackson Irvine. Der Australier hatte nach seiner im jüngsten Heimspiel gegen Heidenheim (0:0) abgesessenen Gelbsperre im Training eine leichte Blessur am Sprunggelenk erlitten. Diese verhinderte seinen Einsatz aber nicht.
Dennoch war für Irvine das Spiel nach noch nicht einmal zehn Minuten schon wieder beendet. Bei einem Kopfball in Rechtsaußenposition rauschte Braunschweigs Verteidiger Filip Benkovic derart heftig in Irvine hinein, dass beide eine Platzwunde am Kopf erlitten. Der entscheidende Unterschied dabei: Verursacher Benkovic konnte nach einer minutenlangen Behandlung mit einem blauen Verband um den Kopf weiterspielen, während Irvine in die Kabine geführt wurde, wo ihn Teamarzt Sebastian Schneider weiter versorgte.
„Der Cut war zu groß, um ihn unmittelbar zu behandeln“, sagte Schultz später, gab aber auch Entwarnung: „Grundsätzlich geht es ihm gut, er ist genäht worden.“ Gelb sah Benkovic für diesen rustikalen und regelwidrigen Einsatz aber nicht, sondern erst als er rund eine halbe Stunde später ein hartes Foul an dem für Irvine ins Spiel gekommenen Connor Metcalfe beging.
St.-Pauli-Einzelkritik: Medic verliert entscheidendes Laufduell
Da gemeinsam mit Irvine auch Innenverteidiger David Nemeth mit einer zunächst nicht näher erkennbaren Verletzung das Spielfeld verließ und von Adam Dzwigala ersetzt wurde, brauchte St. Pauli erst einmal eine Zeit, um sich zu sortieren und mit der neuen Konstellation anzufreunden.
Auffällig war, dass das St.-Pauli-Team immer wieder seinen rechten Außenverteidiger Manolis Saliakas suchte, damit dieser Flanken in den Strafraum schlagen konnte. Hier konnten sich die Stürmer Matanovic und Amenyido aber nicht entscheidend gegen ihre Bewacher durchsetzen.
Auf der Gegenseite musste St. Paulis Torwart Nikola Vasilj seine ganze Standfestigkeit beweisen, als er einen fulminanten Freistoß von Brian Berendt (34.) mit den Fäusten abwehrte.
Braunschweig schockt St. Pauli mit der letzten Aktion
Geschlagen war Vasilj dagegen nach einem Alleingang von Anthony Ujah, der sich bei einem Konter an der Mittellinie gegen Dzwigala durchgesetzt hatte. Sein Schuss aber traf nur den rechten Pfosten und sprang zurück auf das Feld.
Nun aber nahm das Spiel richtig Fahrt auf. Dabei fiel die 1:0-Führung (68.) für St. Pauli dennoch überraschend. Aus rund 25 Metern schoss Saliakas den Ball diesmal direkt auf das Tor statt zu flanken. Im rechten oberen Torwinkel schlug der Ball ein. Völlig überrascht schaute Braunschweigs sonst guter Torwart Jasmin Fejzic dem Flug des Balles nach und blieb völlig regungslos.
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Die Hoffnung auf den ersten Auswärtssieg in der Zweiten Liga seit Februar erfüllte sich dennoch nicht. „Wir sind nach unserem Tor passiver geworden und haben nicht mehr so konsequent Fußball gespielt wie davor“, wunderte sich Mittelfeldspieler Marcel Hartel nach dem Spiel. „Wir haben nicht das Selbstvertrauen, das man in so einer Situation eigentlich braucht. So ein Tor sollte einen eigentlich beflügeln. Heute war es genau das Gegenteil, wir sind verunsicherter geworden.“ Stürmer Matanovic schlug in die gleiche Kerbe: „Man kann nicht nur bis zur 70. Minute gut spielen.“
Der 1:1-Ausgleich war dann ein Produkt zweier eingewechselter Eintracht-Profis. Luc Ihorst entwischte auf der rechten Seite Medic und passte perfekt nach innen auf den heranstürmenden Immanuel Pherai, der Vasilj überwand.
Mit der letzten Aktion des Spiels erlitt St. Pauli auch noch den Knockout. Nach einem weiten Einwurf kam Pherai erneut an den Ball und erzielte in der vierten Minute der Nachspielzeit das 2:1 für Braunschweig. Ein bitterer Nachmittag für St. Pauli sechs Tage vor dem Stadtderby gegen den HSV.
Eintracht Braunschweig – FC St. Pauli 2:1