Hamburg. Präsident des Kiezclubs kritisiert die sportliche Entwicklung dieses Jahres – und lässt neuen Kader als Entschuldigung nicht gelten.

Nach zwei freien Tagen starteten die Fußballprofis des FC St. Pauli am Montag bei Nieselregen und in der derzeit größtmöglichen Besetzung in ihre Vorbereitung auf das Zweitliga-Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim am kommenden Sonnabend (20.30 Uhr). Größtmögliche Besetzung heißt dabei, dass Leistungsträger und Kapitän Leart Paqarada wegen seiner Muskelverletzung im Oberschenkel ebenso fehlte wie die noch auf Länderspielreisen befindlichen Akteure.

Von diesen tritt Torwart Nikola Vasilj (26) an diesem Dienstag (20.45 Uhr) mit Bosnien-Herzegowina als bereits feststehender Gruppensieger der Nations League und Aufsteiger in Liga A in Rumänien an. Angesichts des Vierpunktevorsprungs gegenüber dem Tabellenzweiten Montenegro kann sich Vasilj, der zuletzt in den Pflichtspielen Bosniens dem erfahrenen Ibrahim Sehic (34) den Vortritt lassen musste, Hoffnungen auf sein sechstes Länderspiel machen. Zur selben Zeit empfängt das Team des Kosovo mit St. Paulis Defensivallrounder Betim Fazliji (23) Zypern und will dabei den zweiten Platz hinter Griechenland in der Gruppe 2 der Liga C verteidigen.

FC St. Pauli: Göttlich kritisiert Abwärtstrend

Mit dem Kampf um den Klassenverbleib müssen sich daheim in Hamburg auch alle anderen St.-Pauli-Profis befassen, nachdem zuletzt fünf Spiele in Folge nicht gewonnen werden konnten und der Vorsprung auf Abstiegs-Relegationsplatz 16 auf zwei Punkte geschrumpft ist.

In dieser brisanten Situation hat jetzt Präsident Oke Göttlich in einem Interview mit dem Fachmagazin „kicker“ verbal den Finger in die Wunde gelegt und den Abwärtstrend des Zweitligateams seit dem Gewinn der inoffiziellen Herbstmeisterschaft im Dezember 2021 kritisiert. Seither gab es nur 31 Punkte aus 26 Spielen, davon zehn in den neun Spielen dieser Saison.

Göttlich nimmt Trainer Schultz in die Pflicht

„Wir haben seit dem Februar kein Auswärtsspiel gewonnen, wir haben uns im gesamten Kalenderjahr gegen Mannschaften, die uns mit einer bestimmten Spielweise vor Herausforderungen stellen, nicht dahingehend weiterentwickelt, dass wir gegen diese Widerstände Lösungen finden. Das begann in der Rückrunde der vergangenen Saison, als wir noch Daniel-Kofi Kyereh oder Guido Burgstaller im Kader hatten, und es zieht sich bis jetzt in die laufende Hinserie“, sagte Göttlich in einer bemerkenswerten Deutlichkeit.

Mit diesen Worten nahm er die einzelnen Spieler, aber nicht zuletzt auch Cheftrainer Timo Schultz (45) verbal in die Pflicht, ohne dessen Namen explizit zu nennen. Unstrittig ist allerdings, dass das Trainerteam in erster Linie für die sportliche Entwicklung der Mannschaft verantwortlich ist. Mit den „bestimmten Spielweisen“ anderer Mannschaften dürfte Göttlich die Defensivtaktiken von Sandhausen oder zuletzt auch Regensburg gemeint haben.

Zu wenig Ertrag im Verhältnis zum finanziellen Aufwand

„Wir bleiben im Jahr 2022 bislang unter unseren Möglichkeiten und müssen unabhängig von Personalwechseln konstatieren: Es ist zu wenig für das, was wir als Verein zur Verfügung stellen, was wir als Rahmen bieten. Auch nach einigen Veränderungen am Kader stecken in diesem Team mehr als zehn Punkte zu diesem Zeitpunkt“, sagte Göttlich weiter.

Anders ausgedrückt: Für das, was der Kader an Gehältern kostet (rund 14 Millionen Euro), kommt zu wenig an Punkten heraus. Dabei lässt er auch nicht gelten, dass die Topscorer Burgstaller (jetzt Rapid Wien) und Kyereh (jetzt SC Freiburg), die zusammen 30 Saisontore erzielten, im Sommer nicht adäquat ersetzt worden sind. An der Personalpolitik von Sportchef Andreas Bornemann jedenfalls übte er keine Kritik.