Hamburg. Beim jüngsten Gastspiel kritisierte der Kiezclub das Vorgehen der Polizei. Wie sich alle Seiten auf das Hochrisikospiel vorbereiten.

Die Gespräche zwischen der Polizei Rostock, dem FC St. Pauli, der Fanbetreuung von Hansa Rostock, der Bundespolizei und allen weiteren in Sicherheitsfragen Involvierten laufen seit Langem. Das ist üblich, denn die Zweitligapartie am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) zwischen Hansa Rostock und dem FC St. Pauli ist eben kein „normales“ Fußballspiel. Seit 30 Jahren haben sich die gegenseitigen Abneigungen in der Fanszene teilweise zu Feindschaften hochgeschaukelt, immer wieder kam es zu Provokationen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen beiden Lagern. „Natürlich ist die Partie wieder als Hochrisikospiel eingestuft“, sagt Sprecherin Dörthe Lembke von der Polizei Rostock, „das erfordert wieder eine verstärkte Präsenz und bestimmte Maßnahmen.“

FC St. Pauli: Beim Duell im April kam es zu massiven Zwischenfällen

Die Rostocker Polizei steht dabei im Fokus, weil ihr Einsatz bei der Partie am 2. April 2022 stark kritisiert worden war. Anhänger des Kiezclubs waren am Stadion in einem eingezäunten Bereich von der Polizei festgehalten worden. Einige Hansa-Fans nutzten dies, um die Menschenmenge mit Feuerwerkskörpern und anderen Gegenständen zu attackieren.Während in sozialen Netzwerken schnell massive Kritik an diesem Vorgehen geübt wurde, ließ sich St. Pauli zwei Tage Zeit, um alle Bilder und Aussagen auszuwerten. Der Club kam dann in seiner Stellungnahme zu einem ungewöhnlich klaren Urteil: „Wir sprechen von einem Organisationsversagen auf ganzer Linie. Das gewalttätige Vorgehen der Polizei gegen die Gästefans war willkürlich und unverhältnismäßig. Daraufhin kam es auch zu Gegen-Reaktionen seitens unserer Fans.“

Die Polizei Rostock hat laut ihrer Sprecherin ihr Einsatzverhalten „sehr umfangreich“ ausgewertet. Dabei sind auch Beschwerden von St.-Pauli-Fans eingeflossen.“ Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, lässt sie offen – „Polizeitaktik“.

Dennoch ist klar, dass wieder Konflikte in der Luft liegen. Nicht nur zwischen den Fanlagern – „es treffen Welten aufeinander“ schreibt die Fanorganisation „Ultra St. Pauli“. Auch zwischen St. Paulianern und der örtlichen Ordnungsmacht deuten sich wieder Auseinandersetzungen an. Lembke: „Wir werden wieder Shuttlebusse vom Hauptbahnhof einsetzen.“

Rostocker Polizei setzt auf Shuttelbusse statt Fan-Marsch

Damit ist ein Plan der St.-Pauli-Szene bereits zunichte gemacht. In einem „Fanbrief“ wurden die Hamburger angeblich schon informiert. „Treffpunkt 11 Uhr Rostock HBF. Von dort gehen wir gemeinsam zum Stadion“, ruft „Ultra St. Pauli“ auf. Alle Hamburger sollen in weißen T-Shirts erscheinen, 2000 Fans werden die Kiezkicker an die Ostsee begleiten. Aus dem Spaziergang zum Stadion wird jetzt eher nichts. „Die Abläufe um den Busshuttle waren bei der letzten Begegnung in Rostock schlecht organisiert, und es kam zu Polizeieinsätzen gegen Fans, die in einem Polizeikessel auf den Shuttle-Bus gewartet haben“, kritisiert der Fanladen des FC St. Pauli, der die Auswärtsfahrten organisiert.

Das Thema Anreise ist ohnehin brisant. Um 8.21 Uhr verlässt der Regionalexpress 4307 den Hamburger Hauptbahnhof am Sonntag und soll um 10.50 Uhr in Rostock sein – ohne Umsteigen. Das Neun-Euro-Ticket ist gültig. Sinnvolle Alternativen auf der Schiene gibt es nicht. „Wir haben versucht, Unterstützung über die Deutsche Bahn und die Bundespolizei zu erhalten“, erklärt der Fanladen. „Aber weder mehr Waggons für die Regelzüge, ein Entlastungszug oder ein gecharterter Sonderzug können für An- und Abreise zur Verfügung gestellt werden.“ Ein Bahnsprecher bestätigte das: „Es fehlen uns einfach die Kapazitäten dafür.“

FC St. Pauli: Bundespolizei stockt Einsatzkräfte auf

Weil viele Hansa-Fans aus Mecklenburg-Vorpommern mit der Bahn anreisen, sind neben der Überfüllung weitere Probleme vorprogrammiert. Für die Sicherheit in der Bahn bis zur „Übergabe“ am Hauptbahnhof Rostock ist die Bundespolizei zuständig. Die sagt: „Die Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt gewährleistet die Sicherheit aller Bahnreisenden mit einer großen Anzahl zusätzlich eingesetzter Beamtinnen und Beamten.“ Diese werden schon bei der Anreise präsent sein. Das freut nicht jeden Fan.

Am Dienstag waren für das Spiel in Rostock noch reichlich Plätze verfügbar. St.-Pauli-Bestandskunden können sich am Donnerstag bis 18 Uhr am Kartencenter am Stadion direkt ein Ticket kaufen, hieß es von Seiten des Vereins. „Schließt euch zusammen für ein weiteres Abenteuer und einen unvergesslichen Ausflug!“, fordern die St.-Pauli-Ultras. Es scheint so, als seien alle Seiten auf alles vorbereitet.