Hamburg. St. Paulis Trainer gibt sich vor dem Spiel beim Tabellenführer trotz der sportlichen und gesundheitlichen Rückschläge kämpferisch.

Aus der Niedergeschlagenheit ist längst wieder Aufbruchstimmung geworden bei Timo Schultz. Hatte sich St. Paulis Trainer nach dem 1:1 gegen den 1. FC Nürnberg am vergangenen Freitag angesichts des zwei Punkte teuren Ausgleichstreffers in der Nachspielzeit noch so frustriert wie nie zuvor in seiner Amtszeit als Chefcoach der Profis gegeben, so versprühte der 44-Jährige am Donnerstag bei der turnusmäßigen Pressekonferenz vor dem nächsten Spiel schon wieder den Eindruck, im Auswärtsspiel bei Schalke 04 am Sonnabend (20.30 Uhr) mit seinem Team auf jeden Fall etwas erreichen zu können.

FC St. Pauli: Trainer Schultz hofft auf Corona-Rückkehrer

Dabei sind die Voraussetzungen rein sachlich betrachtet alles andere als gut. Fünf Spiele in Folge ohne Sieg, der Absturz von der Tabellenspitze auf Rang fünf, der verletzungsbedingte Ausfall von Torjäger Guido Burgstaller und Mittelfeldstabilisator Eric Smith und vor allem die zehn jüngsten Corona-Fälle im Team sind eigentlich Gründe genug, um zu verzagen – und mit der Sorge in den Ruhrpott zu reisen, in der ausverkauften Schalker Arena kräftig vermöbelt zu werden und dann im schlimmsten Fall die Staffage zur Aufstiegsfeier der Königsblauen bilden zu müssen.

Doch da ist Schultz eben ein anderer Typ. „Wir freuen uns auf Schalke, auf das Spiel, die tolle Atmosphäre, und wir sind sicher, dass wir den einen oder anderen überraschen werden“, sagte er und wirkte dabei ziemlich überzeugend. „Das ist eine Situation, die auch meine Jungs zur Höchstleistung beflügeln wird. Wir werden uns ganz bestimmt nicht verstecken, sondern die Schalker bis zum Maximum fordern.“

Und Schultz ging verbal sogar noch einen Schritt weiter: „Ich bin so von meiner Mannschaft überzeugt, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, da auch zu gewinnen.“ Die aktuelle Ausnahmesituation könne das Team noch einmal mehr zusammenschweißen. „Vielleicht können wir auch etwas unbeschwerter auftreten, weil wir als krasser Außenseiter gehandelt werden.“

FC St. Pauli: „Wir schauen genau hin, wie die Jungs drauf sind“

Es deutet zudem einiges darauf hin, dass aus dem Kreis der zuletzt zehn positiv auf das Corona-Virus getesteten Profis zumindest einige auf Schalke wieder zur Verfügung stehen könnten. Nach Kapitän Philipp Ziereis, der schon am vergangenen Freitag positiv getestet worden war und gegen Nürnberg ausfiel, befanden sich alle anderen Betroffenen seit dem vergangenen Sonnabend nach einem positiven Schnelltest in häuslicher Isolation. Nach den aktuellen Regeln konnte diese am Donnerstag bei Symptomfreiheit beendet werden.

„Nach der Verordnung dürfen alle ihr Haus wieder verlassen und am Training teilnehmen“, verriet Schultz immerhin. Doch er schränkte auch ein: „Wir schauen genau hin, wie die Jungs drauf sind.“ Die Verläufe bei den Spielern seien höchst unterschiedlich gewesen, sie reichten von gar keinen bis hin zu heftigen Symptomen.

Schultz:„Wir werden nach vorn spielen“

Klar sei, dass nur Spieler in den Kader für Schalke nominiert werden, bei denen keine Bedenken mehr bestehen. „Die Jungs müssen gesund sein und alle Untersuchungen bestehen und auch von sich aus das Okay geben, dass sie sich trainings- und spielfähig sehen“, sagte Schultz. „Wir können keinen gebrauchen, der nach drei Minuten auf dem Platz merkt, dass es nicht geht.“ Ohnehin seien Spieler, die jetzt aus der Corona-Isolation zurückkommen, nur eine Option für die Bank und nicht für die Startelf. Zudem schloss Schultz aus, dass am Sonnabend noch Spieler kurzfristig nach Gelsenkirchen nachreisen.

Zur kämpferischen Attitüde passt, dass St. Paulis Trainer trotz der enormen Offensivwucht der Schalker die Grundausrichtung seines Teams nicht verändern will. „Wir werden nach vorn spielen“, kündigte er an. In dieser Einstellung bestätigt kann er sich auch deshalb fühlen, weil sich die Schalker defensiv nicht immer sattelfest präsentieren.

So konnte vor zwei Wochen Werder Bremen gleich mit 4:1 in der Schalker Arena triumphieren. Dass St. Paulis Trainerteam sich dieses Spiel ganz genau angeschaut hat, ist nicht überraschend. „Das kann eine Blaupause für uns sein“, bestätigte Schultz am Donnerstag. Zudem verwies er auf den 4:2-Sieg von Darmstadt 98 auf Schalke im vergangenen November, als das Spiel ähnlich ablief.

„Im letzten Spiel gegen Düsseldorf soll es noch um etwas gehen.“

„Die Schalker müssen nach vorn spielen, sie wollen die drei Punkte bei sich behalten. Das kann eine Chance sein. Wir sind immer noch die konterstärkste Mannschaft der Liga“, sagte Schultz weiter. Dabei räumte er aber ein, dass er erst einmal schauen müsse, welches Personal ihm am Ende wirklich zur Verfügung steht.

So sei etwa der 2,03 Meter große Stürmer Simon Makienok, der nicht zu den jüngsten Corona-Fällen gehört und in der Woche normal trainieren konnte, nicht gerade für ein Konterspiel prädestiniert, sondern eher ein Zielspieler für lange, aus der Abwehr nach vorn geschlagene Bälle. Wie auch immer die Besetzung des Teams konkret aussehen wird, ist Schultz ein Ziel ganz wichtig: „Im letzten Spiel gegen Düsseldorf soll es noch um etwas gehen.“

Fernsehjournalist Patrick Gensing (48) übernimmt mit Beginn der kommenden Saison interimistisch die Leitung der Medienabteilung des FC St. Pauli. Die jetzige Leiterin Anne Kunze (39) geht im Juni in Mutterschutz und danach ein Jahr in Elternzeit. Gensing wechselt vom NDR zum FC St. Pauli.