Berlin. Zwei unglückliche Abwehrpatzer führen zur 1:2-Niederlage in Berlin. Kyerehs Treffer reichte nicht. St. Pauli nimmt 1,9 Millionen Euro ein.
Zwei böse Ausrutscher haben dem FC St. Pauli das Halbfinale im DFB-Pokal gekostet. Bei der 1:2-Niederlage (1:1) in der Runde der letzten acht waren Torwart Dennis Smarsch und Verteidiger Jakov Medic entscheidend mit Standproblemen an den Gegentoren von Sheraldo Becker (45.) und Andreas Voglsammer (75.) beteiligt. Daniel-Kofi Kyereh (21.) hatte die Kiezkicker in ihrem ersten Viertelfinale seit 2006 in Führung gebracht.
Nach dem Schlusspfiff versammelte Trainer Timo Schultz sein Team im Kreis. Das Ende der Pokalreise 2021/22 war unglücklich, es werden aber die Erinnerungen an das tolle 2:1 im Achtelfinale gegen Borussia Dortmund bleiben sowie 1,9 Millionen Euro Prämie.
DFB-Pokal: St Pauli verliert gegen Union Berlin
Bis zuletzt hatte die Physios gearbeitet und Trainer Schultz gehofft, dass Kapitän Philipp Ziereis rechtzeitig spielfit würde. Jedoch vergebens. Der 28-Jährige konnte wegen seiner muskulären Probleme nicht auflaufen. Da auch wie angekündigt Vize-Kapitän James Lawrence (Rücken) fehlte, rückte der erst 19 Jahre alte Marcel Beifus neben Jakov Medic auf die rechte Seite in der Dreierkette. Für Beifus war es der erste Startelfeinsatz bei den „Boys in Brown“.
Er hat überhaupt erst vier Zweitligaspiele absolviert, neun Minuten gegen Jahn Regensburg waren bislang seine längste Spieldauer. Adam Dzwigala, der zuletzt erster Vertreter in der Innenverteidigung war, saß zunächst überraschend nur auf der Bank. Möglicherweise ließen seine Adduktorenprobleme keinen Start zu. Immerhin hatte es Leart Paqarada nach seiner Sprunggelenkverletzung geschafft.
10.000 Fans waren zugelassen und machten mächtig Stimmung, wobei die 910 St. Pauli-Anhänger so gut wie möglich versuchten gegenzuhalten. Als der Stadionsprecher St. Paulis Mannschaftsaufstellung vorlas, gab es Pfiffe für die Hamburger. Mit einer Ausnahme: Marcel Hartel. Dass der Mittelfeldspieler ein wichtiger Akteur bei Unions Bundesligaaufstieg 2019 war, hat in Köpenick offenbar niemand vergessen. „Fußball-Gott“ schallte es von den Rängen.
Bevor Schiedsrichter Florian Bad-stübner die Partie anpfiff, gab es auch in Berlin eine Schweigeminute für die Opfer der Krieges in der Ukraine. „Das kann man nicht ausblenden. Wir haben mit Torwart Nikola Vasilj einen Spieler, der in der letzten Saison noch in Luhansk gespielt und der Bekannte vor Ort hat. Das sieht alles nicht gut aus“, sagte Schultz dem TV-Sender Sky.
DFB-Pokal: Schweigeminute vor dem Anpfiff
Schultz hatte seine Mannschaft taktisch umgestellt. Paqarada spielte in einer Dreierkette neben Beifus und Medic. Die Außenbahnen bearbeiteten Luca Zander und Maximilian Dittgen. Mit dieser defensiveren Variante gelang es St. Pauli lange Zeit, die Angriffe von Union zu kontrollieren. Der in Berlin geborene Pokaltorhüter Dennis Smarsch musste erstmals in der 17. Minute eingreifen, hatte mit dem Schuss von Taiwo Amoniyi aber keine Probleme. Zu eigenen Entlastungsangriffen kam St. Pauli nur selten. Bis Kyereh in der 21. Minute zu einem Solo ansetzte und ein Foul vor dem Strafraum zog. Nach langer Beratung mit Hartel und Paqarada schoss der 25-Jährige selbst und traf unten rechts zur überraschenden Führung.
Union rannte danach weiter an, war aggressiv und versuchte viel. Von einem Schock war nichts zu merken. Der Druck wurde minütlich größer. In der 32. Minute reagierte Keeper Smarsch stark bei einem Drehschuss von Sheraldo Becker. In der 35. Minute konnte Jackson Irvine erst im letzten Moment im Strafraum klären.
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Dittgen musste in der 39. Minute verletzt ausgewechselt werden und wurde durch Lars Ritzka ersetzt. Das war zu diesem Zeitpunkt im Unioner Dauerdruck Pech für St. Pauli. Das Unentschieden zur Pause war verdient, kam aber für St. Pauli sehr unglücklich zustande. Bei einem langen Ball von Timo Baumgartl ruschte Smarsch beim Rauslaufen aus, dadurch kam Awoniyi zum Schuss und der Abpraller landete vor den Füßen von Torschütze Becker. So richtig gerechnet hatten die Gastgeber mit diesem Treffer in der 45. Minute eher nicht mehr.
Nach dem Wechsel blieb Afeez Aremu in der Kabine, Jackson Irvine wechselte dafür auf die Sechs, Finn Ole Becker nahm seine Position im Mittelfeld ein. Am Charakter des Spiels änderte das zunächst wenig. Der Bundesligist war die aktivere und gefährlichere Mannschaft, St. Pauli verteidigte leidenschaftlich, kam aber nur selten zu Entlastungsangriffen. Unions Siegtreffer fiel dennoch wie aus heiterem Himmel, als Medic im Duell mit Voglsammer in eigentlich geklärter Situation ausrutschte und der Torschütze freie Bahn hatte. Es war das bittere Ende einer tollen Pokalsaison.
1. FC Union Berlin: Rönnow – Jaeckel, Knoche, Baumgartl – Trimmel (88. Ryerson), Khedira, Gießelmann – Haraguchi (77. Möhwald), Prömel – Sheraldo Becker (88. Michel), Awoniyi (65. Voglsammer).
FC St. Pauli: Smarsch – Zander (82. Matanovic), Beifus (82. Makienok), Medic, Paqarada, Dittgen (39. Ritzka) – Aremu (46. Finn Ole Becker) – Irvine, Hartel – Kyereh, Burgstaller. Tore: 0:1 Kyereh (21.), 1:1 S. Becker (45.), 2:1 Voglsammer (75.). SR: Badstübner (Windsbach). Zuschauer: 10.000 (ausverkauft).