Hamburg. Der Verein braucht dringend mehr Sicherheit in der Abwehrarbeit. Trainer Schultz denkt über weniger riskantes Angriffsspiel nach.
Gegen 10 Uhr am Montagmorgen sandte der FC St. Pauli eine offizielle Twitter-Nachricht an seine zahlreichen Fanfollower raus: „Ja, das tat gestern weh. Aber wir werden weiter arbeiten.“ Dazu ein Foto von der Mannschaft geschlossen im Kreis. Die Botschaft ist klar: Wir werden nicht aufgeben. Das wäre angesichts von Platz vier und nur einem Zähler hinter Tabellenführer Werder Bremen auch Unsinn – dennoch muss Trainer Timo Schultz nach diesem ernüchternden 0:3 gegen Hannover 96 am Sonntag schnellstens den Resetknopf drücken.
Die Niederlage gegen 96 kam ja nicht aus heiterem Himmel, sondern war der bisherige Tiefpunkt einer Entwicklung, die schon im alten Jahr begonnen hatte. „Beim 1:1 in Düsseldorf und bei der deutlichen Niederlage gegen Kiel vor Weihnachten war schon zu erkennen, dass wir viel Energie aufwenden müssen, um das wieder in eine andere Richtung zu drehen“, räumte Sportchef Andreas Bornemann im NDR Sportclub ein. Diese Bemühungen blieben bislang erfolglos.
FC St. Pauli: Abschied von der spielerischen Offensive?
Das Problem ist klar erkannt: Mangelnde Disziplin in den Spielabläufen und Positionierungen. Falsche Entscheidungen. Zu viele Ballverluste und in der Folge eine zu schlechte Absicherung bei Konterangriffen. Mutig nach vorne spielen ist gewünscht – aber eben nicht leichtsinnig. „Es passiert uns zu häufig, dass wir zu viele Chancen zulassen“, sagte Trainer Schultz: „Es ist klar, dass man nicht mehr allzu viele Spiele gewinnen wird, wenn es immer zwei, drei Gegentore gibt.“ Genau das war gegen Hannover im sechsten Punktspiel in Folge der Fall.
Die Gegner haben sich längst auf das St.-Pauli-Kurzpass-Angriffsspiel und dessen Mechanismen eingestellt. Sie verteidigen diszipliniert, kompakt und suchen Konterchancen. Und wenn sie damit erfolgreich sind, bricht St. Paulis Ordnung zusammen. „Nach dem Rückstand hat uns vielleicht ein bisschen die Leichtigkeit gefehlt, und der Kopf hat nicht mehr so mitgespielt“, analysierte Torjäger Guido Burgstaller, „und dann wurden auch die Beine ein bisschen schwerer.“
Fehler ab- und Mannschaft neu einstellen
Das ist das eine. Bornemann vermutet aber auch eine, aus welchen Gründen auch immer, fehlende Bereitschaft, den letzten Meter tatsächlich zu gehen. „Wir müssen wieder eine Leidenschaft dafür entwickeln, gegen den Ball zu arbeiten, was natürlich viel weniger Spaß macht, als mit eigenem Ballbesitz auf Torerfolg zu gehen.“ Die Teamlaufleistung war gegen 96 mit 111,6 Kilometern tatsächlich unterdurchschnittlich schwach.
Bei einem Rückstand versucht das Team hektisch den Ausgleich zu erzwingen und vergisst dabei regelmäßig, die richtigen Räume zu besetzen und zu sichern. Die Ärmsten sind dann die Innenverteidiger, die sich bei Gegenangriffen einer Überzahl gegenübersehen. „Es wurden auf dem ganzen Platz als Mannschaft zu viele falsche Entscheidungen getroffen“, kritisierte der Trainer, „das darf nicht passieren.“ Schultz weiß, dass sein Job ist, diese Fehler abzustellen und die Mannschaft neu einzustellen: „Wir werden als Trainerteam dafür eine Lösung finden müssen. Wir brauchen eine gute Analyse, um einen Weg aufzuzeigen, wie wir es besser machen können.“
Trainer Schultz: „Wir sind immer noch in einer Top-Ausgangsposition“
Möglicherweise ist die Konsequenz vor der Partie beim erstarkten Abstiegskandidaten FC Ingolstadt am Sonnabend (13.30 Uhr/Sky) nun eher Karo einfach und Sicherheit zuerst. Also der Abschied von der spielerischen Offensive, mit der St. Pauli in der Hinrunde so begeistert hatte: „Vielleicht müssen wir einfach mal den einen oder anderen Ball lang in die Spitze schlagen oder geduldiger mehr hintenrum spielen“, sagte Schultz.
Zu den Top-Aufstiegskandidaten jedenfalls zählt der FC St. Pauli nach den gezeigten Schwächen und Platz 15 in der Rückrundentabelle nicht mehr. Das Team hat nun aber auch wirklich nichts mehr zu verlieren, die Aufstiegsplätze belegen nun andere. „Vielleicht ist es ganz gut, dass wir nicht mehr ganz oben stehen und nicht immer im Fokus sind“, hofft Trainer Schultz. „Wir können durchpusten und sagen: Jetzt nehmen wir noch mal Anlauf. Wir sind immer noch in einer Top-Ausgangsposition.“