Hamburg. Die Mannschaft von Trainer Timo Schultz begeisterte in der Hinrunde mit spektakulärem Fußball, doch die Leichtigkeit ist weg.
Timo Schultz (44) ist ein Mann, dem ein gewisser Hang zur Detailversessenheit nachgesagt wird. Da überraschte es nicht, dass der Trainer des FC St. Pauli bereits unmittelbar nach dem 0:3 gegen Hannover 96 am Sonntagnachmittag mit Blick auf das angesagte Schmuddelwetter die heutige Trainingseinheit in das Funktionsgebäude an der Kollaustraße verlegte.
St. Pauli in der Rückrunden-Tabelle im Keller
Richtig ungemütlich ist beim Kiezclub auch die Bilanz der Rückrunde. In der ersten Saisonhälfte brillierte St. Pauli in der Zweiten Liga nach Belieben. Alles wirkte spielerisch leicht, die Chancenverwertung reine Formsache, der Marsch in Richtung Bundesliga schien unaufhaltsam. Zwischenzeitlich rangierte das Schultz-Team neun Punkte vor dem großen Lokalrivalen HSV, der am vergangenen Wochenende erstmals in dieser Spielzeit vorbeiziehen konnte. „Wir machen gerade eine nicht ganz so gute Phase durch", erklärte Schultz ohne Umschweife.
In der Rückrundentabelle rangiert St. Pauli mit fünf Punkten aus sechs Spielen lediglich auf Platz 15. Der Druck, als Wintermeister etwas verlieren zu können, lastet offenbar schwer auf den Schultern der Spieler. Noch schlimmer: St. Pauli rutschte erstmals seit dem 7. Spieltag wieder aus den Aufstiegsrängen." Fokussiere dich auf das, was du beeinflussen kannst, das ist die tägliche Arbeit und der nächste Gegner. Was im Mai sein wird, können wir heute nur bedingt beeinflussen“, sagte Sportchef Andreas Bornemann (50) im NDR-Sportclub.
Ist der Druck, etwas verlieren zu können, zu groß?
Nur eines der vergangenen sieben Spiele – vor einer Woche gab es ein 3:2 bei Jahn Regensburg – konnten die Braun-Weißen gewinnen. Da drängt sich die Frage auf: Macht der FC St. Pauli einen auf HSV? Der Stadtkonkurrent war in den vergangenen Jahren nach starken Hinrunden am Ende am eigenen Nervenkostüm gescheitert. Die Folge: dreimal Rang vier in der Endabrechnung.
Vor allem die Art und Weise, wie St. Pauli in der Rückrunde auftritt, gibt Rätsel auf. Häufig spielt man durchaus ordentlich bis gut mit, doch anders als in der Hinrunde ist der erste Torschuss häufig nicht automatisch drin. Und so passiert es eben, dass die Gegner zuerst treffen und St. Pauli die Partien drehen muss. Dabei agiert das Schultz-Team häufig zu kopflos, will mit Biegen und Brechen die Rückstände korrigieren. Doch das führt – wie gegen Hannover 96 – dazu, dass die Restverteidigung zu oft nicht existent ist. So kommen die Gegner zu einfachen Kontertoren.
Defensivverhalten kostet St. Pauli wichtige Punkte
Ohnehin liegt bei St. Pauli das Problem in erster Linie im Defensivverhalten. Kein Team aus den Top-Acht hat mehr Gegentore als der FC St. Pauli, der bereits 34 Treffer schlucken mussten. Seit dem 1:1 bei Fortuna Düsseldorf am 11. Dezember 2021 gab es in jedem Spiel mindestens zwei Gegentreffer. Eine Bilanz, die eines Aufstiegsmitfavoriten unwürdig ist. „Wir werden auch wieder stabiler stehen und demnächst auch wieder mehr Tore schießen", verspricht Trainer Schultz.
St. Pauli versucht aber trotz der bisher so unbefriedigenden Rückserie Ruhe auszustrahlen. Der Glaube daran, die Kurve zu kriegen, ist ungebrochen. "Ja, das tat weh gestern. Aber wir werden weiter arbeiten: Es liegen wichtige Wochen vor uns", twitterte die Medienabteilung am Montagmorgen. Diesen Worten müssen Taten folgen, will man den Bundesliga-Aufstieg nicht aus den Augen verlieren. Am besten schon am Sonnabend gegen den FC Ingolstadt.