Hamburg. Wegen eines Corona-Ausbruchs beim Gegner wurde das Heimspiel des FC St. Pauli abgesagt. Nur einer dürfte sich gefreut haben.
Am Freitagnachmittag gegen 15.30 Uhr hatte das stundenlange Warten ein Ende. Gut einen halben Arbeitstag hatte die Deutsche Fußball Liga (DFL) gebraucht, um auch offiziell das zu verkünden, was seit Donnerstagabend naheliegend war. Das für diesen Sonntag (13.30 Uhr) geplante Zweitligaspiel des FC St. Pauli gegen den SV Sandhausen wird abgesetzt, weil die von 18 Corona-Infektionen betroffenen Kurpfälzer, darunter allein zwölf Profis, nicht mehr genügend einsatzberechtigte Spieler aufbieten können. Ein Ersatztermin steht noch nicht fest.
Einfach war es nicht gerade für Spieler und Trainer des FC St. Pauli, am Freitag über Stunden Normalität vorzuleben, wo doch seit Donnerstagabend, als der SV Sandhausen die Corona-Infektionen bekannt gegeben hatte, nichts mehr normal war. „Für uns ändert sich nichts, wir werden ganz normal trainieren und unsere Abläufe einhalten“, sagte am Freitagmorgen noch St. Paulis Cheftrainer Timo Schultz bei der turnusmäßigen Pressekonferenz, bevor er mit seinem Team auf den Rasen ging.
FC St. Pauli wäre gegen Sandhausen gern angetreten
Was hätte er auch anderes sagen sollen, schließlich hatte die DFL da noch längst nicht über den ebenfalls am Freitagmorgen vom SV Sandhausen gestellten Antrag entschieden, das Spiel im Millerntor-Stadion zu verlegen. „Es ist kein Geheimnis, dass wir gerne spielen würden“, sagte Schultz weiter.
Dies lag nahe, schließlich befindet sich sein Team gerade in einem Lauf von sechs ungeschlagenen Ligaspielen mit 16 Punkten. Dazu kam das Weiterkommen im DFB-Pokal. Die Perspektive auf den siebten Heimsieg in Folge, was die Einstellung des eigenen Zweitligarekords aus der Aufstiegssaison 1994/95 bedeutet hätte, war zudem sehr verlockend.
Die lange Ungewissheit am Freitag aber war eine ziemlich unnötig erscheinende Geduldsprobe, auch wenn Timo Schultz mit seiner ostfriesischen Gelassenheit beteuert hatte: „Ich bin nicht so leicht zu nerven.“ Laut den Statuten konnte dem Antrag auf Verlegung nur stattgegeben werden, wenn dem Club nicht „mehr als 15 spielberechtigte Lizenzspieler und/oder in der Lizenzmannschaft spielberechtigte Amateure/Vertragsspieler“ zur Verfügung stehen. Unter diesen Spielern müssen sich „mindestens neun Lizenzspieler, darunter ein Torwart“ befinden.
Schultz disponiert nach der Absage um
Offenbar gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Voraussetzungen für eine Absage erfüllt waren oder Sandhausen nicht doch mit einem Rumpfteam hätte antreten müssen. Letztlich setzten sich die Sandhäuser mit ihrer Sichtweise durch und hoffen, zum Nachholtermin wieder in starker Besetzung antreten zu können.
„Eine Spielabsage ist immer eine schlechte Nachricht, aber wir werden die Situation so annehmen, wie sie ist“, sagte Sportchef Andreas Bornemann und zeigte damit Verständnis für die Entscheidung. „Der Gesundheitsschutz genießt weiterhin höchste Priorität.“
Nach der Absetzung des Spiels war Trainer Schultz gezwungen umzudisponieren. „Wir werden unseren Trainingsplan anpassen, ein bisschen mehr trainieren, trotzdem werden wir auch nicht durchdrehen und die Jungs drei Stunden wild durch die Gegend laufen lassen“, hatte er für den Fall einer Absage schon angekündigt. Das nächste Spiel wird am kommenden Donnerstag (14 Uhr) das Testmatch gegen den dänischen Erstligisten Viborg FF in Norderstedt sein. Dann sollen Akteure wie Eric Smith, Sebastian Ohlsson und Marvin Knoll, die sich zuletzt nach Verletzungen zurückgekämpft hatten, bis zu 45 Minuten spielen.
Nur Paqarada dürfte sich über Absage gefreut haben
Als wohl einziger St.-Pauli-Profi dürfte sich Linksverteidiger Leart Paqarada über die Spielverlegung gefreut haben. Der 27 Jahre alte Deutschkosovare wäre am Sonntag im Spiel gegen seinen Ex-Verein ausgefallen. „Wir haben uns entschieden, auf Nummer sicher zu gehen und ihn jetzt rauszunehmen. Leart hatte schon vor ein paar Wochen mit dem Knie arge Probleme. Jetzt hat er noch durch die Extrembelastung in der englischen Woche Probleme im Hüftbereich bekommen“, sagte Schultz.
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Der Fall Sandhausen mit einer ungewöhnlich hohen Fallzahl bei weit überwiegend geimpften Spielern zeigt unterdessen, wie fragil die gesamte Situation ist. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit wies jetzt darauf hin, dass die steigenden Corona-Infektionszahlen möglicherweise auch Einfluss auf die Zuschauerzahlen in den Fußballstadien haben könnten. Auf die Frage, ob die 2G-Regel eventuell bald auch nicht mehr tragbar sei, sagte er im Sky-Interview: „Das muss man sich überlegen. Prinzipiell gilt auch im Stadion: 2G ist eine Scheinsicherheit.“ Deshalb sei es besser, im Herbst und Winter vermehrt Tests einzusetzen und nicht allein auf 2G zu setzen.
St. Paulis Mittelfeldspieler Finn Ole Becker (21) wurde von DFB-Trainer Antonio di Salvo für die Länderspiele der deutschen U-21-Nationalmannschaft gegen Polen am 12. November (18.15 Uhr) in Großaspach und gegen San Marino am 16. November (18.15 Uhr) in Ingolstadt nominiert.