Hamburg. Seit dem Bundesligaabstieg standen die Keeper oft in der Kritik. Nun soll Nikola Vasilj das Problem lösen – oder doch Dennis Smarsch?
Scheinbar ganz weit unten aus dem Bauch kommt ein lautes, tiefes „Ja“ von Nikola Vasilj, und schon hat der 25 Jahre alte Torwart des FC St. Pauli nach ein paar Schritten nach vorn und einem kräftigen Sprung nach oben den Flankenball abgefangen. Es ist eine für Vasilj typische Szene im Training und in den drei Testspielen, die der bosnische Nationalkeeper bisher für seinen neuen Club bestritten hat.
Es ist auch genau das, was die sportlich Verantwortlichen bei St. Pauli von ihrem letzten Mann sehen wollen. Nachdem die Leihe von Dejan Stojanovic vom FC Middlesbrough nach der abgelaufenen Saison geendet hatte, ging es darum einen Ersatz zu holen, der ähnliche Qualitäten besitzt. St. Paulis Sportchef erinnerte sich an Vasilj, den er schon zum 1. FC Nürnberg gelotst hatte, und holte ihn aus der Ukraine ans Millerntor.
Vasilj als Dauerlösung für den FC St. Pauli
Nach dem jüngsten Test am vergangenen Sonnabend gegen Odense BK, als Vasilj erstmals volle 90 Minuten zum Einsatz kam, adelte ihn Trainer Timo Schultz: „Nikola hat einen sehr souveränen Eindruck gemacht. Er spielt mit, er ist laut, das ist genau das, was wir vom Torwart erwarten“, sagte Schultz. Nur bei den Zuspielen an seine Vorderleute müsse er diese noch besser kennenlernen, um zu wissen, wie sie Bälle am besten verarbeiten können.
St. Paulis Innenverteidiger und Vizekapitän Philipp Ziereis bestätigte kürzlich im Gespräch mit dem Abendblatt, dass die Umstellung von Stojanovic auf Vasilj unproblematisch ist, weil die beiden ähnliche Torwart-Typen sind. Der entscheidende Unterschied ist jetzt, dass Vasilj fest verpflichtet wurde und damit auch angesichts seines Alters eine Dauerlösung für viele Jahre sein könnte.
Immer wieder Kritik an Himmelmann
Die Sehnsucht nach einer wirklich überzeugenden und dauerhaft unumstrittenen Nummer eins im St.-Pauli-Tor ist seit längerer Zeit groß. Robin Himmelmann, der nach einem zunächst viermonatigen Engagement bei KAS Eupen in Belgien dort nun fest untergekommen ist, war von Dezember 2014 bis Dezember vergangenen Jahres mit einer rund halbjährigen Unterbrechung Stammtorhüter, und doch verstummte die Kritik, er sei im Spiel zu leise und habe eine unterdurchschnittliche Strafraumbeherrschung, im Grunde nie.
Diese Punkte waren letztlich auch für Sportchef Andreas Bornemann und Trainer Timo Schultz der Anlass, die Torhüterposition neu zu besetzen. Bekanntlich endete das Ganze mit einer vorzeitigen Trennung im Winter.
FC St. Pauli nie glücklich mit Torhütern
Doch auch schon zuvor war man beim FC St. Pauli seit dem Bundesliga-Abstieg 2011 und dem damit verbundenen Weggang von Thomas Kessler nie so richtig glücklich mit seinen Torhütern. Philipp Tschauner wurde jahrelang vorgehalten, seine fußballerischen und balltechnischen Fähigkeiten seien für den modernen Profifußball zu schwach.
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Als eine Verletzung Tschauners im Dezember 2014 die Gelegenheit bot, Himmelmann auszuprobieren, blieb dieser auch nach Tschauners Genesung im Tor. In der Saison 2016/17 löste Ersatzmann Philipp Heerwagen für ein gutes halbes Jahr Himmelmann ab, war an der Rekord-Halbserie von 34 Punkten maßgeblich beteiligt, musste in der Saison danach aber wieder ins zweite Glied rücken, was wohl vor allem Altersgründe hatte. Heerwagen war damals bereits 34 Jahre alt, Himmelmann erst 28.
FC St. Pauli könnte sich für Smarsch entscheiden
Sechs Jahre lang versuchte St. Pauli zudem, Eigengewächs Svend Brodersen zur Nummer eins bei den Profis reifen zu lassen. Es war ein hübsches Projekt, denn die Vorstellung, dass ein Hamburger Jung, der schon als kleines Kind von seinem Vater regelmäßig ins Millerntor-Stadion mitgenommen wurde, für Jahre Stammtorhüter des Profiteams ist, hatte seinen Reiz. Am Ende aber war es doch nicht mehr als eine Hoffnung. Die Wege trennten sich in diesem Sommer, der mittlerweile 24 Jahre alte Brodersen spielt künftig für den FC Yokohama in Japan und soll dort die Nummer eins im Tor sein.
Noch ist die Entscheidung, ob Nikola Vasilj als Nummer eins in die Zweitligasaison gehen wird, nicht endgültig gefallen. An diesem Sonnabend (16 Uhr) bekommt sein interner Konkurrent Dennis Smarsch (22) seine Bewährungschance im abschließenden Testspiel gegen seinen Ex-Club Hertha BSC, was für ihn eine entsprechend emotionale Angelegenheit ist. Mit einer Glanzleistung ohne Patzer könnte sich der selbstbewusste Keeper noch einmal profilieren und Trainer Timo Schultz zum Nachdenken bringen.