Hamburg. Ein neues computergestütztes Analyse-Tool der DFL berechnet die Wahrscheinlichkeit, ein Tor zu erzielen.

Es hätte am Ende auch gut und gerne 5:0 stehen können, als Schiedsrichter Arne Aarnink die Partie zwischen St. Pauli und Eintracht Braunschweig (2:0) am Montagabend unter schwerem Schneefall abpfiff.

An Möglichkeiten hatte es dem Team von Cheftrainer Timo Schultz jedenfalls nicht gemangelt, allerdings hatte die Offensivabteilung um Omar Marmoush und Guido Burgstaller einfach zu viele Chancen liegen gelassen, darüber waren sich später die Kritiker einig. Allerdings: Wie oft hätte St. Pauli eigentlich wirklich treffen müssen oder zumindest können?

Entwickelt wurde der Algorithmus von der Firma Sportec Solutions

Laut dem so genannten „xGoal“-Algorithmus der DFL wäre ein Tor mehr nicht unrealistisch gewesen. xGoal, oder auch „Expected Goals“ (übersetzt: erwartete Tore)? Was ist das? Es ist ein neuer, zunächst kryptisch klingender Wert, der seit einiger Zeit nach dem Abpfiff zusammen mit dem Spielergebnis eingeblendet wird und die Torwahrscheinlichkeit und damit Effizienz eines Teams in einem Spiel beziffern soll.

Lesen Sie auch:

Entwickelt wurde der Algorithmus – also ein spezielles Rechenverfahren, das Muster erkennen kann – von der Firma Sportec Solutions. Das Joint Venture zwischen der DFL und dem Sportbusiness-Unternehmen „deltatre“ arbeitet vor allem in den Bereichen Spieldaten und Sporttechnologien und ist neben Spielanalysen auch für die Torlinientechnologie und den VAR (Video Assistant Referee) unterstützend tätig.

Jeder einzelne Torabschluss wird analysiert

Für den xGoal-Wert, der am Ende jedes Spiels aussagt, wie viele Tore eine Mannschaft realistisch hätte schießen können, wird jeder einzelne Torabschluss analysiert. „Um Vergleichswerte zu schaffen hat man dafür 47.000 Torschüsse der letzten Jahre ausgewertet und diese unter Berücksichtigung verschiedener Parameter verglichen“, erzählt Christopher Holschier (Leiter Innovationskommunikation der DFL).

Eine Rolle spielen dabei sowohl Torentfernung und Winkel beim Abschluss, als auch der Gegnerdruck um den schießenden Spieler, die Position des Torwartes und die Laufgeschwindigkeit des Schützen beim Schießen. Daraus erfolgt für jeden abgegeben Schuss eine mathematisch berechnete Wahrscheinlichkeit, einen Treffer zu erzielen.

Den Kiezkickern mangelt es an der Chancenausbeute

Schießt der Spieler also ein Tor, zeigt Sky diesen Wert als „Torwahrscheinlichkeit“ in Prozent. So auch am Montag, als Marmoush zum 1:0 traf. 18 von 100 vergleichbaren Schüssen aus diesem Winkel und dieser Distanz, mit dieser Torwartposition und ähnlichem Druck gingen in der Vergangenheit ins Tor, und so entstand eine Wahrscheinlichkeit von 18 Prozent.

Die Werte der Torwahrscheinlichkeiten jedes Abschlusses ergeben am Ende des Spiels den finalen xGoal-Wert. Dieser lag bei St. Pauli im vergangenen Spiel bei 2,82, während Braunschweig lediglich auf einen Wert von 0,59 kam. Dass die Elf von Timo Schultz am Ende also komplett verdient gewann, beweisen auch die xGoal-Zahlen, die gleichzeitig aufzeigen, woran es den Kiezkickern mangelt: der Chancenausbeute.

Nur vier Teams schneiden in Verhältnistabelle schlechter ab

Das spiegelt sich auch in der xGoal-Tabelle der „DFL/Sportec Solutions AG“ wieder. Zwar belegt St. Pauli Platz vier was den reinen xGoal-Wert angeht (45,1 nach 27 Spielen), doch hat der Verein mit 40 Toren (ohne Eigentore) dafür zu selten getroffen.

In der Verhältnistabelle xGoals und tatsächlich erzielte Treffer schneiden nur vier Teams schlechter ab als St. Pauli. Angeführt wird die Wertung dagegen vom HSV, der als einer von insgesamt sechs „Highperfomern“ mehr Tore erzielte als der xGoal-Wert errechnete.

Mit einem Wert von 42,7 (Platz sechs) liegen die Rothosen zwar hinter St. Pauli, doch schoss der Tabellenzweite ganze 15 Tore mehr als der Kiezclub. Während der HSV also aus verhältnismäßig wenig sehr viel macht, ist es bei St. Pauli genau andersherum.