Hamburg. Die Hamburger besiegen Braunschweig mit 2:0 vor leerer Kulisse. Denn das Vereinspräsidium fehlte im Stadion.

Die Siegesfreude fiel noch leiser als bei Geisterspielen ohnehin schon gewohnt. Weil sich St. Paulis ehren- und hauptamtlichen Führungskräfte angesichts der Ausgangssperre entschlossen hatten, aus Solidarität nicht ins Stadion zu gehen, jubelten am Ende nur ganz wenige Personen auf der Tribüne über den 2:0 (2:0)-Erfolg über Eintracht Braunschweig.

Auf dem am Ende schneebedeckten Rasen fiel die Freude der Hamburger Spieler auch kaum lauter aus. Es war dafür wohl auch einfach zu kalt. Nur beim inzwischen zum Ritual gewordenen Siegerfoto gab es noch einen lauten Aufschrei der Gewinner.

Der FC St. Pauli in der Einzelkritik

Erstmals seit dem fünften Spieltag hat sich der FC St. Pauli mit diesem zehnten Saisonsieg wieder in die obere Tabellenhälfte gekämpft und, ganz nebenbei, seine Spitzenposition in der Rückrundentabelle verteidigt. Der Klassenverbleib ist jetzt nur rein theoretisch noch nicht ganz sicher. Doch in dieser Verfassung haben die St. Paulianer allen Grund, den Blick nach oben zu richten. Auch wenn das Team es verpasste, den Sieg deutlich höher zu gestalten, war es ein hochverdienter Sieg, weil sich auch die Defensive keine entscheidenden Blößen gab.

St.-Pauli-Trainer Schultz schickt Zander für Ohlsson

Nach knapp 28 Jahren war es das letzte Montagsspiel für den FC St. Pauli, der diese bei den Fans höchst umstrittene Ära am 18. Oktober 1993 mit einem Heimspiel gegen den VfL Bochum begonnen hatte. Damals hatte es im alten Millerntor-Stadion ein 1:1 gegeben.

Trainer Schultz hatte gegenüber dem 2:1-Erfolg gut zwei Wochen zuvor beim VfL Osnabrück Luca Zander anstelle des an den Adduktoren verletzten Rechtsverteidiger Sebastian Ohlsson für die Startformation benannt. Kurzfristig fiel aber auch noch Abwehrchef James Lawrence ebenso aus wie sein Verteidiger-Kollege Tore Reginiussen. Beide seien erkrankt, aber nicht mit dem Coronavirus infiziert, gab St. Pauli schon vor dem Spiel bekannt. Daher rückte Adam Dzwigala in die zentrale Abwehr neben Kapitän Philipp Ziereis.

Die notwendig gewordenen Umstellungen spielten in der Anfangsphase aber gar keine Rolle, weil St. Pauli den abstiegsbedrohten mit seiner eigenen Offensivkraft nicht nur forderte, sondern überforderte. So nutzte Omar Marmoush schon in der siebten Minute einen Steilpass von Guido Burgstaller zu einem Dribbling in den Strafraum und einen gezielten Schuss ins lange Eck zur frühen 1:0-Führung.

Marmoush präsentiert sich seit Wochen in starker Form

Mit dieser Sicherheit im Rücken setzte das Team von Trainer Schultz seine Spielfreude weiter in zielgerichtete Aktionen um und belohnte sich mit dem zweiten Treffer. Diesmal war Marmoush, der sich seit Wochen in starker Form präsentiert, der Vorlagengeber und spielte Daniel-Kofi Kyereh so ideal frei, dass St. Paulis bester Scorer nur noch Braunschweigs Torwart Jasmin Fejzic umkurven musste, um den Ball zum 2:0 (14.) ins leere Tor zu schieben. Technisch anspruchsvoller, aber ebenso elegant ausgeführt war sein Flic-Flac als Torjubel.

Es hätte schon früh ein entspannter Ostermontagabend für St. Pauli werden können, doch das Team verpasste es, noch in der ersten Halbzeit das Spiel praktisch schon zu entscheiden. Marmoush köpfte nach idealer Flanke von Leart Paqarada völlig freistehend den Ball an den Pfosten (18.), und Burgstaller schoss nach einer tollen Kombination weit am Tor vorbei. Für einen so treffsicheren Torjäger wie Burgstaller war diese Aktion schon fast ein Blackout. Der Linienrichter hatte in dieser Szene zwar Abseits angezeigt, doch die TV-Bilder zeigten, dass dies nicht zutraf. Daher hätte der Treffer nach Überprüfung im Kölner Videokeller gezählt.

St. Paulis Chancenwucher gegen Braunschweig

„Guido hat in dieser Saison schon deutlich schwerere Bälle zu Toren gemacht. Ich bin sicher, dass er die nächste Chance dieser Qualität nutzt“, sagte St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann in der Halbzeitpause. Auch er ärgerte sich, dass die Führung nicht noch deutlicher war. „2:0 ist ein gutes, aber auch ein gefährliches Zwischenergebnis“, warnte er.

Lesen Sie auch:

Mit seiner Einschätzung in Sachen Burgstaller lag Bornemann allerdings falsch. Denn der Österreicher kam sechs Minuten nach Wiederanpfiff im Strafraum frei zum Schuss – und scheiterte an Torwart Fejzics rechter Hand. Und auch Marmoush (54.) gelang es nicht, die Führung auszubauen, weil sein Schuss gerade noch abgeblockt wurde. Später scheiterten noch der eingewechselte Lukas Daschner (73.) mit seiner ersten Aktion und auch Finn Ole Becker mit einem 16-Meter-Schuss an Keeper Fejzic, der so sein Team immerhin noch im Spiel hielt.

An dem Chancenwucher beteiligte am Ende sogar auch noch der eingewechselte Igor Matanovic, als er aus kurzer Distanz den Ball über das Tor schoss (90). So vergab der 18-Jährige ziemlich leichtfertig seinen zweiten Saisontreffer. Wirklich in Gefahr geriet der Sieg aber trotz aller Braunschweiger Bemühungen nicht mehr.