Hamburg. Als erster deutscher Verein produziert der Kiezclub seine Trikots künftig selbst. Wie die Marke heißt, wann es die neuen Shirts gibt.

Das Rätselraten, wer der neue Ausrüster des FC St. Pauli wird, dauerte nur zwei Tage. Nachdem der Kiezclub am Freitag bekanntgeben hatte, die Zusammenarbeit mit dem bei den Fans umstrittenen US-Unternehmen Under Armour mit Ablauf der aktuellen Saison 2020/21 nach fünf Jahren zu beenden, gab es am Sonntagmittag eine gar nicht mehr so überraschende Auflösung. Als erster Profi-Club im deutschen Fußball wird St. Pauli künftig seine Trikots und weitere Ausstattungen der Fußballer in Eigenregie herstellen.

„Wir haben über Jahre überlegt, was wir mit dem Thema Ausrüstung machen“, erklärt Präsident Oke Göttlich die Entscheidung. „Wir wollen mutig und unternehmerisch dieser Krise entgegensehen. Wir erstellen die nachhaltigste Kollektion, die es derzeit in der Breite auf dem Markt gibt.“

St. Pauli im Merchandising komplett unabhängig

Die Nachricht wurde am Sonntag im Rahmen einer virtuellen „Townhall“, an der knapp 300 interessierte Mitglieder per Zoom-Konferenz teilnahmen, mit einem kurzen Video am Ende verkündet. Dazu gab es den Hinweis auf weitere Informationen auf allen digitalen Kanälen des FC St. Pauli. „Wir wollten nicht den langweiligen, sicheren Weg gehen, der heißen würde, man hört mit einem Partner auf und macht mit einem anderen weiter“, erklärte Göttlich.

Nach dem Rückkauf seiner Merchandisingrechte mit Wirkung zum 1. Januar 2016 und der Übernahme der Vermarktung in Eigenregie vor rund eineinhalb Jahren hat der Club damit diesen gesamten Geschäftsbereich einschließlich Sponsorenakquise und -betreuung in seiner Hand. „Wir gehen unseren Weg der Unabhängigkeit, Margenerhöhung und Arbeitsplatzbeschaffung für den FC St. Pauli weiter“, betont Göttlich.

Göttlich: "Sehen mehr Chancen als Risiken"

Die Erlöse müssen also nicht mehr anteilig an Großkonzerne abgegeben werden, andererseits fehlt die sichere Einnahme aus diesen Verträgen. Under Armour soll jedes Jahr rund eine Million Euro überwiesen haben, was vor viereinhalb Jahren für St. Pauli einen Quantensprung darstellte. „Wir sehen mehr Chancen als Risiken in einer Unternehmung, die für die Mitarbeitenden, den Verein und den Stadtteil etwas Besonderes darstellt“, erklärt Göttlich. „Wir glauben, dass wir damit langfristig erfolgreicher sein werden, als mit einem anderen Partner.“

Seit über zwei Jahren wurde hinter den Kulissen an diesem Projekt gearbeitet. „Auslöser war der Antrag auf der Mitgliederversammlung 2016, wonach das Merchandising fair und nachhaltig zu produzieren sei“, erklärt Bernd von Geldern, der Geschäftsleiter Vertrieb. Dieses ist bei der Totenkopfkollektion bereits vollständig umgesetzt, mit großem Erfolg.

St. Pauli: Neues Heimtrikot mit einem Clou

Rund 60 Teile von den Stutzen über Hosen, Trainingsklamotten bis hin zu den Jerseys wird die eigene Kollektion umfassen. Die Trikots sind bereits designed, ab 1. Dezember soll das neue Heimtrikot zu sehen sein – und zu bestellen. Denn natürlich hat der FC St. Pauli das Weihnachtsgeschäft im Auge. 69,90 Euro wird es kosten, rund vier Euro weniger als das derzeitige Jersey (73,06).

Der Clou an einem vorbestellten Trikot ist, dass statt des Hauptsponsors Congstar ein eigener Name vorne auf die Brust geflockt werden kann. Der Nachteil ist: Die Trikots werden erst ab Mai ausgeliefert. Der Vorverkauf zu Weihnachten „bringt Liquidität und Planungssicherheit“, sagt von Geldern.

St. Pauli nennt neue Trikotmarke "DIIY"

„DIIY“ wird die eigene Trikotmarke heißen, das ist die Abkürzung für „Do it, improve yourself“. Also: tue es, verbessere dich selbst. Produziert wird die Kollektion überwiegend in der Türkei bei einem langjährigen Partner. „Das sind sehr alte Freunde von uns, vor Corona haben wir das Werk auch mehrmals und regelmäßig besucht“, erzählt von Geldern.

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„Die Partner haben hohe Standards weit über gesetzliche Vorgaben hinaus, sind durch GOTS zertifiziert sowie in ständiger Überprüfung bezüglich sozialer Überprüfung bezüglich sozialer Standards durch externe, unabhängige Auditteams“, sagt der Geschäftsleiter weiter.

Bedenken wegen der politischen Lage mit Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat er nicht. Ganz im Gegenteil: „Wir haben das politische Szenario natürlich bedacht“, sagte Bernd von Geldern. „Wir halten es für wichtig, die liberalen und aufgeklärten Kräfte rund um Istanbul zu stärken.“