Valencia. Der Berater des Flügelspielers Christian Conteh will einen ablösefreien Wechsel forcieren. Die Situation ist dubios.

Auch am ersten Tag des Trainingslagers war Christian Conteh weiterhin ein Gesprächsthema beim FC St. Pauli. Dabei ist der 20 Jahre alte Profi überhaupt nicht im 26 Mann starken Team, das im Hotel Parador de El Saler am Mittelmeer seine Unterkunft bezogen hat, dabei. Stattdessen befindet sich der talentierte Außenstürmer nach seinem Sehnenanriss im Oberschenkel in der Reha. Es wird voraussichtlich noch einige Wochen dauern, bis er sein Comeback auf dem Rasen geben kann.

Für erheblichen Wirbel sorgte, wie berichtet, die Ankündigung von Contehs Berater Oheneba Brenya, dass sein Klient spätestens im Sommer dieses Jahres den Verein verlassen und auf keinen Fall seinen Vertrag verlängern werde. Dabei sei Conteh in diesem Sommer sogar ablösefrei, weil die einseitige Option, die St. Pauli für eine einjährige Verlängerung gezogen habe, juristisch nicht haltbar und damit unwirksam sei.

Darauf angesprochen stellte am Montag St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann klar: „Christian Conteh hat einen gültigen Vertrag über die aktuelle Saison hinaus.“ Bei einem Wechsel wäre also eine Ablösezahlung ebenso fällig wie für den Fall, dass der Angreifer schon in dieser Winterpause den Club wechseln sollte.

Conteh-Vertrag: So kontert St. Pauli

Bei dem von Bornemann angesprochenen „gültigen Vertrag“ handele es sich entgegen anderen Annahmen nicht mehr um den Amateurvertrag, den Conteh noch zu Saisonbeginn hatte. „Wir haben schon früh in dieser Saison mit ihm einen regulären Lizenzspielervertrag abgeschlossen“, sagt St. Paulis Sportchef auf Nachfrage. Dieser hat nach Abendblatt-Informationen eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2021.

Demnach liegt der Laufzeit des aktuellen Kontraktes also gar keine von St. Pauli gezogene Option mehr vor. Conteh hat vielmehr einen völlig neuen Lizenzspielervertrag unterschrieben.

St. Pauli verschwieg Verlängerung mit Conteh

Allerdings hat der Verein nie aktiv kommuniziert, dass er einen neuen Kontrakt mit Conteh abgeschlossen hat, wie es sonst sowohl bei Neuverpflichtungen als auch bei Vertragsverlängerungen die Regel ist. Hintergrund dieser Zurückhaltung ist offenbar, dass die Führung des FC St. Pauli guter Hoffnung war, sehr zeitnah nach dem Abschluss des ersten Lizenzspielervertrags erfolgreich einen weiteren Kontrakt mit deutlich längerer Laufzeit und anderen, leistungsabhängigen Verdienstmöglichkeiten aushandeln und abschließen zu können.

Dieser Plan konnte allerdings nicht in die Realität umgesetzt werden, nachdem Conteh mit seinen Toren beim 1:1 in Bielefeld und beim 2:1 gegen Kiel sowie seinen atemberaubend schnellen Sprints auf sich aufmerksam machen und auch bei anderen Clubs Interesse wecken konnte.

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St. Pauli sitzt am längeren Hebel

Warum behauptet Contehs Berater nun aber, dass der Vertrag bei St. Pauli rechtswidrig sei? Auf Abendblatt-Nachfrage konnte Brenya keine Begründung nennen. Stattdessen kündigte er ein öffentliches Statement des in München lebenden Anwalts seiner Berateragentur Football-Advice für die kommende Woche an. An seiner Behauptung, Conteh könne den Kiezclub im Sommer ablösefrei verlassen, hält Brenya weiterhin fest.

Somit steht Aussage gegen Aussage. Brenya wird sich allerdings außergerichtliche mit St. Pauli einigen müssen. Denn wie das Abendblatt erfuhr, ist eine Einigung vor Gericht bis diesen Sommer aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Der Verein sitzt bei einem möglichen Rechtsstreit somit am längeren Hebel.

Mitspieler Knoll kritisiert Conteh deutlich

Ebenfalls ungeklärt bleibt die Frage, warum ein junger Spieler wie Conteh inmitten seines ersten Profijahres überhaupt einen Wechsel erzwingt. Durch mehrere Verletzungen kam der Flügelflitzer gerade mal auf sieben Ligaeinsätze. Im DFB-Pokal-Spiel gegen Frankfurt Ende Oktober zog er sich kurz nach seiner Einwechslung die aktuelle Blessur zu, die ihn bis jetzt außer Gefecht setzt.

Contehs Verletzungsanfälligkeit ist einer der Gründe, weshalb Defensivmann Marvin Knoll kein Verständnis für den Wechselwunsch seines Mitspielers hat.

„Für junge Spieler ist es wichtig, einfach mal bescheiden zu bleiben. Ich würde ihm empfehlen, bei einem Verein, der auf ihn baut, zu bleiben und eine gewisse Konstanz in seiner Persönlichkeit zu bekommen“, sagt Knoll in seiner gewohnt deutlichen Art. „Ich verstehe nicht, dass er sich so äußert. Er sollte sich hier erst mal wieder reinknien.“ Die Frage ist nur, ob Conteh und sein Berater das überhaupt wollen.