Hamburg. Der Torwart kehrt am Sonntag mit dem SV Sandhausen ans Millerntor zurück. „Im diesem Spiel steht der Sportler in mir über dem Fan“.

Als er im Sommer das Angebot vom SV Sandhausen bekam, musste er sich auf der Landkarte erst einmal vergewissern, wo der 14.000-Einwohner-Ort nun genau liegt. Inzwischen hat Philipp Heerwagen eine Bleibe in nahe gelegenen Heidelberg gefunden. „Das ist so ein Vorort von Sandhausen“, sagt Heerwagen mit einem Schmunzeln. Dabei trifft diese geografisch etwas schiefe Einordnung in fußballerischer Hinsicht allemal zu. Schließlich spielt der SV Sandhausen seit Sommer 2012 ununterbrochen in der Zweiten Liga. Davon kann die 156.000 Einwohner zählende Großstadt Heidelberg nur träumen.

„Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt der 36 Jahre alte Torwart, der zu Beginn der vergangenen Saison noch beim FC St. Pauli unter Vertrag gestanden hatte, ehe er zum FC Ingolstadt wechselte. Dort trennten sich die Wege nach dem Abstieg in die Dritte Liga wieder.

Nach der Karriere zurück ins Schanzenviertel

Am Wochenende nun wird Heerwagen wieder einmal ganz andere heimatliche Gefühle spüren, wenn der SV Sandhausen am Sonntag (13.30 Uhr) im Millerntor-Stadion beim FC St. Pauli antreten wird. „Ich habe ja im Schanzenviertel noch meine Wohnung. Nach meiner sportlichen Karriere werde ich dort auch wieder ganz einziehen“, sagte Heerwagen im Gespräch mit dem Abendblatt.

Auch wenn nicht sicher ist, ob er zum 20-Spieler-Kader seines Clubs gehören wird, will er sich die Chance eines Hamburg-Besuchs nicht entgehen lassen. „Ich bin auf jedem Fall beim Spiel, schließlich habe ich ja auch Dauerkarten für das Millerntor-Stadion“, berichtet er. „Ich bin immer noch ein großer St.-Pauli-Fan.“ Im gleichen Atemzug aber stellt er auch klar, dass seine Prioritäten am Sonntag ganz andere sind: „Der Sportler in mir steht ganz klar über dem Fan in mir. Als Sportler willst du immer erfolgreich sein, also in diesem Fall drei Punkte holen.“ Schon elf Zähler hat sein Team in den ersten sieben Punktspielen ergattert und steht auf dem fünften Tabellenplatz der Zweiten Liga. Fünf Plätze und zwei Punkte dahinter rangiert St. Pauli.

FC St. Pauli ist für Heerwagen der Favorit

Dennoch weist Heerwagen dem Millerntor-Team die Favoritenrolle für dieses Spiel zu. „St. Pauli ist nach dem Sieg im Derbyund dem Punkt in Osnabrück die Mannschaft der Stunde, der Trend zeigt nach oben“, sagt er angesichts von vier Spielen in Folge ohne Niederlage, darunter dem 2:0 gegen den HSV. „In den beiden jüngsten Spielen hat St. Pauli vier Punkte geholt und wir nur einen“, begründet er seine Einschätzung. Zudem werde bei den Fans das Erlebnis des Derbysiegs noch eine große Rolle spielen. Für sein aktuelles Team werde es also darauf ankommen, die Euphorie durch eine clevere Spielweise zu ersticken.

Dabei spricht Heerwagen ganz offen darüber, wie ihn St. Paulis Derbysieg begeistert hat. „Das war überzeugend. Selbst ich war richtig euphorisch“, berichtet er über sein Seelenleben am Montagabend vergangener Woche.

Sportlicher Fokus auf SV Sandhausen

Zu den Spielern, die schon länger bei St. Pauli sind, hält er noch oft Kontakt, etwa zu Philipp Ziereis, Christopher Avevor, Ryo Miyaichi und Mats Möller Daehli. „Es sind in der Rückrunde 2016/17, als wir im Winter praktisch sicher abgestiegen waren und am Ende Siebter wurden, richtige Freundschaften entstanden“, sagt er.

Jetzt aber gilt Philipp Heerwagens sportlicher Fokus eindeutig dem SV Sandhausen, bei dem er einen Zweijahresvertrag mit Option auf eine weitere Spielzeit unterschrieben hat. „Ich habe noch keine Sekunde bereut, nach Sandhausen gegangen zu sein“, stellt er absolut glaubhaft klar.