Hamburg. St. Paulis norwegischer, 19 Jahre alter Leihspieler tritt auf und auch neben dem Platz schon erstaunlich reif auf.

Manchmal klappt ein Vereinswechsel erst im zweiten Anlauf. So war es jetzt bei Leo Östigard, dem 19 Jahre alten Innenverteidiger, den der FC St. Pauli für ein Jahr vom englischen Premier-League-Club Brighton & Hove Albion ausgeliehen hat. „Schon im vergangenen Winter hatte St. Pauli Interesse an mir“, verriet der Norweger in seinem ersten Gespräch mit Medienvertretern in Hamburg. Damals entschied sich St. Paulis sportliche Führung aber für eine halbjährige Leihe von Justin Hoogma von 1899 Hoffenheim als Ersatz für den mit einem Kreuzbandriss ausgefallenen Philipp Ziereis. Als jetzt eine konkrete Anfrage an Östigard kam, ging es ziemlich schnell. Am Montag vergangener Woche trainierte er als Testspieler erstmals mit dem Millerntor-Team, einen Tag danach bestritt er das Testspiel in Flensburg (1:0) – und am Donnerstag wurde das Leihgeschäft perfekt gemacht.

Der Wechsel zu St. Pauli entspricht genau dem Karriereplan, den sich der erstaunlich reif auftretende Östigard zurechtgelegt hat. Mit 16 Jahren zog er von zu Hause aus und ging vom 2000-Einwohner-Ort Andelsnes nach Molde, wo er mit seiner drei Jahre älteren Schwester Rikke, einer Profihandballerin, in einer Wohngemeinschaft lebte. Dort beim Molde FK kickte er als 17-Jähriger in der Vorbereitungsphase schon in der Erstligamannschaft und wurde von Trainer Ole Gunnar Solskjaer (inzwischen Chefcoach von Manchester United) sogar zum Kapitän ernannt, weil er schon da als Abwehrorganisator auftrat und sich nicht scheute, auch deutlich älteren Mitspielern Anweisungen zu geben. „Mir gefällt es, ein Leader zu sein. Für mich spielt dabei keine Rolle, wie alt ich bin“, sagt er dazu. Mit 18 folgte der Wechsel nach England, genauer gesagt nach Brighton. Hier trainierte er oft mit dem Premier-League-Team, spielte aber nur für die U-23-Mannschaft.

Atemberaubend schneller Werdegang

Für ein Jahr, so erzählt er, war das ganz okay, im zweiten aber musste der nächste Schritt folgen. „Ich will jetzt in einer ersten Mannschaft spielen“, hat er für sich festgelegt. Beim FC St. Pauli wird er Gelegenheit dazu bekommen. „Wenn du in Norwegen spielst, musst du dich früh entscheiden, ob du in einer starken europäischen Liga spielen willst. Wenn du erst einmal 25 bist, wird es schwierig, noch einmal aus Norwegen herauszukommen“, begründet Leo Östigard seinen fast atemberaubend schnellen Werdegang vom jugendlichen Talent zum Profi. Sein Vertrag bei Brighton & Hove läuft noch bis zum Sommer 2021. Bis dahin soll im besten Fall auch der Durchbruch in der Premier League geschafft sein.

Ob er am kommenden Montag im ersten Zweitligaspiel der neuen Saison bei Arminia Bielefeld mitwirken kann, ist nicht sicher. „Ich habe beim Spiel in Heerenveen einen Tritt in die Wade bekommen und muss von Tag zu Tag schauen, wie sich die Verletzung entwickelt. Noch ist die Wade zu dick, um zu spielen, doch es wird jeden Tag ein bisschen besser. Es ist keine Zerrung, nur eine Prellung. Noch ist dort aber ziemlich viel Blut drin“, sagt er.

Das Clubsymbol hat es ihm sofort angetan

Erster Ansprechpartner bei St. Pauli war für Östigard natürlich Landsmann Mats Möller Daehli. „Er hat mir viele positive Dinge über St. Pauli gesagt. Aber schon vorher hatte ich eine Menge von den ganz besonderen Fans hier gehört“, erzählt er. Und das Clubsymbol hat es ihm sofort angetan. „Ich mag den Totenkopf. Auch mein Onkel hat mich schon gefragt, ob ich ihm ein Shirt damit schicken kann“, berichtet der sprung- und kopfballstarke Abwehrspieler, der sich jetzt noch etwas anderes vorgenommen hat: „Es ist wichtig, schnell die deutsche Sprache zu lernen.“