Hamburg . Gab es ein Derby-Trauma aus dem 0:4 gegen den HSV? Trainer Markus Kauczinski hat in Sandhausen personell wieder “volles Haus“.

Vor dem Auswärtsspiel beim SV Sandhausen an diesem Sonnabend (13 Uhr/Live bei Sky und bei abendblatt.de) stellt sich beim FC St. Pauli vor allem eine entscheidende Frage. Wie haben die Spieler das 0:4-Debakel im Stadtderby gegen den HSV, das mehrere erfahrene Akteure sogar als die „bitterste Niederlage“ ihrer bisherigen Karriere einstuften, mental verkraftet? Sind sie sechs Tage danach schon in der Lage, eine Reaktion auf dem Spielfeld zu zeigen oder sind sie durch das Negativerlebnis noch immer gelähmt?

Mithin ist es weit weniger eine sportliche als vielmehr eine psychologische Frage, ob dem Team von Trainer Markus Kauczinski beim Tabellenvorletzten der bereits siebte Auswärtssieg der Saison gelingen kann, mit dem auf jeden Fall der dritte Platz in Reichweite bliebe. Rein sportlich betrachtet muss St. Pauli als klarer Favorit angesehen werden. Sandhausen hat erst vier der bisher 25 Saisonspiele gewonnen, davon nur zwei im eigenen BWT-Stadion am Hardtwald, in dem die eigenen Anhänger erst elf Treffer der eigenen Mannschaft bejubeln konnten.

Psychologische Vorteile bei Sandhausen?

Das ist Minusrekord in der Liga. St. Pauli dagegen ließ in acht seiner bisher zwölf Auswärtsspiele maximal einen Gegentreffer zu und ging bisher aus allen sechs Spielen gegen die letzten vier Teams der Tabelle als Sieger hervor.

Doch während die St.-Pauli-Profis jetzt erst einmal beweisen müssen, dass sie nach dem niederschmetternden Derby-Erlebnis wieder in die Spur kommen, hat Sandhausen am vergangenen Wochenende etwas überraschend noch einmal neue Hoffnung im Kampf gegen den Abstieg geschöpft. Der 1:0-Sieg beim 1. FC Magdeburg verkürzte den Rückstand auf den rettenden 15. Platz von fünf auf zwei Punkte.

„Sandhausen steckt mitten im Abstiegskampf. Wir wissen, dass es ein Kampfspiel wird. Es wird viel über den zweiten Ball gehen und darum, die langen Bälle zu verteidigen. Es wird weniger Spielaufbau sein und mehr um enge Räume gekämpft. Darauf haben wir uns eingestellt“, sagte St. Paulis Trainer Markus Kauczinski am Freitag über seine Erwartungen an den Charakter des Spiels. „Wir stehen in der Pflicht, ein anderes Gesicht zu zeigen.“

Der Kader für Sandhausen: Full House

Es scheint naheliegend, dass die zu Jahresbeginn verpflichtete Sportpsychologin Frauke Wilhelm in den vergangenen Tagen besonders intensiv mit den Spielern gearbeitet hat, um das HSV-Spiel zu verarbeiten. Trainer Kauczinski aber stellte in diesem Zusammenhang klar: „Sie hat jetzt nicht mehr oder weniger gemacht als in anderen Wochen. Sie wirkt immer mit und ist ständig im Gespräch mit den Spielern. Das ist meist eine Arbeit mit dem Einzelnen und nicht immer mit der Gruppe. Ihre Arbeit ist keine Sache für einen einzelnen Spieltag, sondern eine Rundumbetreuung.“

Personell hat sich die Lage trotz des Ausfalls von Jan-Philipp Kalla (Einblutung in der Wade) weiter entspannt. Der im Derby wegen eines grippalen Infekts mit hohem Fieber ausgefallene Mats Möller Daehli steht ebenso wieder zur Verfügung wie Ersin Zehir nach ab­gelaufener Gelb/Rot-Sperre. Kauczinski sprach denn auch von einem „vollen Haus“.

Gleichzeitig legte er sich bereits fest, dass Luca Zander für Kalla als rechter Außenverteidiger in die Startelf rücken wird. Überraschend offen verriet der Trainer zudem, dass Winterzugang Kevin Lankford (20) im 18-Mann-Kader stehen wird. „Er hat schon längere Zeit konstant gut trainiert und in der vergangenen Woche noch einmal eine Schippe draufgelegt. Er hat sich die Nominierung einfach verdient“, sagte Kauczinski über den offensiven Außenbahnspieler.

Platz 3: Bundesliga-Relegation als Ziel

Obwohl in den vergangenen Jahren den meisten Zweitligateams der dritte Platz und das darauffolgende Scheitern in der Relegation gegen den Bundesliga-16. nicht gut bekam, betrachtet Ka­uczinski Rang drei weiterhin als lohnendes Ziel für seine Mannschaft. „Es hat immer einen Wert, weil das die Arbeit eines ganzen Jahres krönt. Der dritte Platz ist besser als der vierte, und der vierte besser als der fünfte“, stellte er klar, auch wenn seit 2012 kein Zweitligateam mehr in der Aufstiegsrelegation erfolgreich gewesen ist. C.H.

St. Paulis Ersatztorwart Svend Brodersen wurde von Bundestrainer Stefan Kuntz für die Länderspiele der deutschen U-21-Nationalmannschaft am kommenden Donnerstag in Essen gegen Frankreich und am 26. März in Bournemouth gegen England nominiert.