Hamburg. Rückkehrer sorgt gegen Union für ein Tollhaus, verweist aber auf einen anderen “Fußballgott“ – und verrät, warum er den Elfer schoss.
Du sollst keinen Fußballgott neben mir haben? Nun ja, auf St. Pauli gelten nicht nur in dieser Beziehung andere Gebote. Aber was sollen die Millerntor-Jünger auch machen, wenn ein verlorener Sohn nach 16 Jahren – oder genauer: 5783 Tagen – endlich wieder für den Herzensclub trifft? So wie Alex Meier, märchenhafter Siegschütze beim 3:2-Drama gegen Union Berlin?
Und so hallten um kurz vor halb Elf am Montagabend deutlich vernehmbare "Alex Meier, Fußballgott"-Chöre über den Kiez. Die Huldigungen nahm der Gepriesene mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis. "Der Fußballgott auf St. Pauli ist Schnecke", gab Meier mit Verweis auf seinen Mannschaftskollegen Jan-Philipp Kalla zu Protokoll.
Meier profitierte von kraftlosem Knoll
Andererseits fühlte sich der Matchwinner des Topspiels der zweiten Fußball-Bundesliga aber auch geschmeichelt. "Die Frankfurter Fans haben mich so genannt. Schön, dass die St.-Pauli-Fans mich auch so nennen", sagte Meier bei Sky. Gleich zweimal hatte der 36 Jahre alte Methusalem im ersten Startelfeinsatz seit der Rückkehr seinen göttlichen Status untermauert.
Während er beim ersten Streich zum 2:0 Köpfchen bewies (62.), behielt Meier beim entscheidenden Treffer in der Nachspielzeit vom Punkt die Nerven. Dass er überhaupt zum Elfmeter antrat, hatte der Stürmer dem Kräfteverschleiß des etatmäßigen Schützen zu verdanken. "Er war wohl etwas müde", sagte Meier über Marvin Knoll, der ihm schon seinen ersten Treffer per Eckstoß-Flanke serviert hatte.
Auch die Eintracht-Fans freuen sich
"Er sagte mir, ich solle schießen. Da kann ich ja nicht nein sagen", berichtete Meier, nachdem er in der vierten Minute nach Ablauf der regulären Spielzeit Gästetorhüter Rafal Gikiewicz mit einem trockenen Schuss in die rechte Ecke verlud, das Millerntorstadion endgültig in ein Tollhaus verwandelt hatte und in den Internet-Foren selbst die Fans seines Ex-Clubs Frankfurt in Verzückung geraten ließ.
St. Paulis Profis in der Einzelkritik
Auch für Meier waren die späten Glücksgefühle in dieser Form neu – nie zuvor traf er in seinen 432 Spielen als Fußballprofi zu einem solch fortgeschrittenen Zeitpunkt. Sieben seiner nun 147 Treffer waren ihm bis dato zwar nach der 90. Minute gelungen. Doch mit dem Streich gegen Union übertraf er noch einmal seinen entscheidenden Schuss zum 3:2-Sieg von Eintracht Frankfurt gegen Wolfsburg aus der Saison 2015/16, der damals in der 93. Minute fiel.
Alex Meier sieht auch Kritikpunkte
Den Tag vor dem Abend loben möchte Alex Meier im Aufstiegrennen nun aber nicht. Denn trotz des Sprungs auf Platz zwei hinter den Stadtrivalen HSV sieht der Routinier noch Verbesserungspotential. "Nach dem 2:0 haben wir zu wenig gemacht und irgendwann rutscht halt mal einer durch", sagte Meier selbstkritisch zum Umgang mit der Führung, die um ein Haar wie in der Vorwoche gegen Darmstadt (1:2) am Ende noch verspielt worden wäre.
"Nachdem wir dann auch noch das zweite Tor gefangen haben, sah es erst so aus, als würde Union nochmal nachlegen können", sagte Meier. "Am Ende haben wir dann aber zum Glück selbst das dritte Tor gemacht." Und damit die "eisernen" Berliner deprimiert – bei denen die Fans übrigens jeden einzelnen ihrer Spieler einen "Fußballgott" rufen. Kleine Sünden bestraft der wahre Fußballgott eben sofort.