Hamburg. Nach dem 3:2 gegen Union Berlin ist der FC St. Pauli jetzt erster Verfolger des HSV – dank des gefeierten Rückkehrers.
Welch eine Dramatik, welch ein Jubel am Millerntor. St. Paulis hart erkämpfter 3:2 (1:0)-Sieg gegen Union Berlin hatte vor allem einen Helden: den zweifachen Torschützen Alexander Meier, der erst zum scheinbar sicheren 2:0 und dann weit in der Nachspielzeit zum Sieg traf. St. Pauli geht jetzt drei Punkte hinter dem HSV als Tabellenzweiter der Zweiten Liga in sein Match am Freitag beim 1. FC Köln.
„Es wird Veränderungen geben“, hatte St. Paulis Trainer Markus Kauczinski am Tag vor dem Spiel angekündigt. Klar war, dass er damit nicht nur meinte, wegen des Muskelfaserrisses von Dimitrios Diamantakos einen anderen Stürmer auf den Platz zu schicken. Dass Kauczinski im Vergleich zur 1:2-Niederlage sechs Tage zuvor bei Darmstadt 98 seine Startelf gegen Union Berlin gleich auf fünf Positionen verändern würde, war nicht einmal ansatzweise zu ahnen.
Im Einzelnen ersetzte Jan-Philipp Kalla auf der rechten Außenverteidiger-Position Luca Zander, Kapitän Johannes Flum kam für den noch leicht angeschlagenen Jeremy Dudziak ins defensive Mittelfeld, auf der rechten offensiven Außenbahn setzte Kauczinski auf Waldemar Sobota anstelle von Ryo Miyaichi trotz dessen Treffers in Darmstadt. Dazu musste Christopher Buchtmann dem offensiver ausgerichteten Sami Allagui Platz machen.
Meier darf erstmals starten
Und schließlich vollzog Kauczinski auch noch den einzig wirklich erwarteten Wechsel. Alexander Meier durfte erstmals seit seiner Rückkehr zum FC St. Pauli von Beginn an stürmen und ersetzte damit den Griechen Diamantakos.
Damit stand auch fest, dass die Fans des FC St. Pauli beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung gleich zweimal den Zusatz „Fußballgott“ riefen – bei Kalla und bei Meier.
„Wir waren mit dem Auftritt in Darmstadt nicht zufrieden, deshalb war es logisch, dass es diese Veränderungen geben würde“, sagte Kauczinski unmittelbar vor dem Anpfiff. „Eine Entscheidung für einen Spieler ist auch immer eine Entscheidung gegen einen anderen. Deshalb erwarten wir, dass derjenige, der spielt, auch den größtmöglichen Einsatz zeigt.“
Allagui trifft traumhaft zur Führung
An Einsatz mangelte es der neu formierten St.-Pauli-Elf denn auch nicht. Dies war auch dringend nötig, denn die Berliner trumpften von Beginn an mit schnellen und dennoch genauen Kombinationen auf. Oft liefen und schauten die Hamburger nur hinterher. So musste St. Paulis Torhüter Robin Himmelmann schon in der ersten Halbzeit sein Können aufbieten, um einen Rückstand zu verhindern. Er reagierte stark beim Heber von Felix Kroos (20. Minute) und griff beherzt kurz vor der Torlinie zu (22.), als nach einer Ecke höchste Verwirrung im Strafraum herrschte und Unions Innenverteidiger Marvin Friedrich aus kurzer Distanz zum Schuss kam.
Union wirkte spielerisch deutlich reifer und dazu auch noch körperlich robuster. Wie sollte St. Pauli da etwas entgegensetzen? Die Antwort gab eine Minute nach der Berliner Großchance Sami Allagui bei einem der gelegentlichen Angriffsversuche. Als er nach einem missglückten Pass-Versuch den Ball zurückbekam, schoss er aus rund 25 Metern per Dropkick auf und links oben in das Berliner Tor – 1:0 (23.).
Es war, wie schon beim Führungstreffer zuletzt in Darmstadt, der erste wirklich gefährliche Torabschluss der St. Paulianer. Effektiver kann ein Team nicht sein. Diese Quote sollte sich allerdings bis zum Pausenpfiff noch relativieren, denn Torschütze Allagui verpasste nach einem Freistoß von Marvin Knoll und einer Flanke von Jan-Philipp Kalla, das zweite Tor zu erzielen.
Meier erhöht per Kopf
„Es ist ein Spiel mit hohem Tempo, in dem St. Pauli etwas glücklich in Führung liegt“, sagte zur Pause St. Paulis früherer Trainer und Manager Helmut Schulte, der bis zum vergangenen Jahr auch als Leiter der Lizenzspielerabteilung bei Union Berlin gearbeitet hat. Jetzt ist er als Beobachter für den VfB Stuttgart tätig.
„Wir werden uns in der zweiten Halbzeit steigern müssen, wenn wir das Spiel gewinnen wollen“, schätzte auch St. Paulis Sportchef Uwe Stöver das Geschehen realistisch ein.
Und Alexander Meier? Der 36-Jährige suchte jedes nur mögliche Kopfballduell und gewann es auch fast immer und legte den Ball zu einem Mitspieler ab. Dazu bewegte er sich unermüdlich. Zu einem gefährlichen Torabschluss allerdings kam er nicht – bis zur 62. Minute, als Marvin Knoll einen Eckball von rechts scharf in den Strafraum schoss. Meier reckte sich zum Ball und touchierte ihn so mit dem Kopf, dass er neben dem linken Pfosten ins Tor fiel – 2:0 (62.).
Union gleicht binnen 85 Sekunden aus
„Fußballgott!“ schallte es noch viel lauter als vor Spielbeginn durch das Stadion, als der Torschütze angesagt wurde. Danach rackerte Meier scheinbar unermüdlich weiter. Als erstes wurde nicht etwa er, sondern Allagui ausgewechselt.
Doch St. Pauli verspielte binnen 85 Sekunden seine Führung. Schwere Patzer im eigenen Strafraum ermöglichten es zunächst Grischa Prömel, nach einem Freistoß den 1:2-Anschlusstreffer (84.) zu erzielen. Kurz danach nutzte der eingewechselte Suleiman Abdullahi (86.) schoss aus kurzer Distanz zum 2:2 ein.
Meier trifft vom Punkt zum Sieg
Doch das war es noch nicht. Vielmehr war Alexander Meier war das große Finale vorbehalten. Als der heranstürmende Christopher Buchtmann im Strafraum von Abdullahi gefoult wurde, entschied Schiedsrichter Guido Winkmann auf Strafstoß.
Meier trat an und verwandelte sicher zum 3:2 (90.+4). Kurz danach durfte der Held des Abends das Feld verlassen, ehe Schiedsrichter Winkmann das Stadion mit dem Abpfiff in den größten Jubel versetzte.