Hamburg. St. Paulis dienstältester Profi überzeugt trotz mangelnder Spielpraxis. Kauczinski lobt den Kaltstarter, hegt aber auch einen Wunsch.

Die vorerst letzte Belohnung für seinen starken Auftritt am vergangenen Sonnabend erhielt Jan-Philipp Kalla am Montag. In der „Elf des Tages“ im Fachmagazin „Kicker“ stand der dienstälteste Profi des FC St. Pauli ebenso wie sein gerade erst 20 Jahre junger Mitspieler Florian Carstens. Für Kalla, der im „Kicker“ für seine Leistung als linker Außenverteidiger beim 2:0-Sieg über Greuther Fürth die Note 2,5 erhielt, sind die Erlebnisse in den vergangenen eineinhalb Wochen wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Es ist allerdings ein Präsent, für das er in den Monaten zuvor hart und geduldig hatte arbeiten müssen.

Nachdem er im Sommer noch an einer Schambeinentzündung gelitten hatte, trainierte Kalla bereits seit zwei Monaten wieder voll mit dem Team, auf einen Einsatz in der Zweiten Liga aber musste er bis zum Montag vergangener Woche warten, als er beim 3:1 in Bochum den am Sprunggelenk verletzten Daniel Buballa als linker Außenverteidiger ersetzte. Er machte seine Sache dabei so gut, dass er zuletzt auch gegen Fürth erste Wahl war. Prompt zeigte er in seinem ersten Heimspiel im geliebten Millerntor-Stadion („Das ist auch nach mehr als zehn Jahren immer noch etwas Besonderes“) nach mehr als einem halben Jahr eine nicht nur defensiv solide Vorstellung, sondern setzte auch manche Akzente – sei mit gelungenen Grätschen oder Balleroberungen mit anschließenden Vorstößen in die eigene Offensive.

Zwei harte Zweitligamatches

Auf diese Weise leitete Kalla auch das Tor zum 2:0 ein. Er bediente dabei Mats Möller Daehli, dessen Flanke Ryo Miyaichi zum Kopfballtreffer nutzte. „Mats sagt immer, dass nicht nur die direkte Torvorlage, sondern auch der Pass davor sehr wichtig ist. Daran habe ich mich gehalten“, sagte Kalla mit einem für ihn typischen, verschmitzten Lächeln über die Szene. Selbstverständlich ist es ja nicht, dass ein Profi, der monatelang nur trainiert und allenfalls in Testspielen zum Einsatz kommt, auf Anhieb zwei harte Zweitligamatches ohne Schwäche jeweils 90 Minuten lang durchsteht. „Die beiden Spiele merke ich schon. Aber es ist ein schönes Gefühl. Ich freue mich, wenn in diesem Jahr noch ein Spiel dazukommen kann“, sagt Kalla.

Damit meint er das Heimspiel am kommenden Sonnabend (13 Uhr) gegen den 1. FC Magdeburg zum Auftakt der Zweitliga-Rückrunde. „Ich hoffe, dass er dranbleibt und es im nächsten Spiel bestätigt“, sagte Trainer Markus Kauczinski und deutete damit bereits an, dass er auch gegen Magdeburg auf Kalla setzen könnte, selbst wenn Daniel Buballa dann seinen Bänder-Teilriss bereits wieder auskuriert haben sollte. „Es war ein Kaltstart für ihn, aber er hat es abgezockt und gut gemacht“, lobte Kauczinski Kallas Auftritt. „Aber ich erhoffe mir auch Konstanz von ihm.“

Verletzungen und Rotsperren

Kalla selbst, der seit dem Sommer 2003 dem FC St. Pauli angehört und einen Vertrag bis zum 30. Juni 2020 besitzt, hatte weniger Zweifel als manche Außenstehende, dass er auf Anhieb wieder stabile Auftritte haben werde. „Es war bisher immer eine meiner Stärken, dass ich einfach so reingeschmissen werden konnte – und das auch auf verschiedensten Positionen“, sagt er.

Auch im Frühjahr war es so, dass er in der nervenaufreibenden Schlussphase der vergangenen Saison wegen Verletzungen und Rotsperren einiger Kollegen plötzlich dringend gebraucht wurde. Prompt war er an den beiden Siegen, die den Klassenerhalt sicherten, maßgeblich beteiligt. „Danach war die Saison zu Ende, jetzt kommt die Winterpause. Das ist für mich schon ärgerlich. Ich könnte noch länger weiterspielen“, sagt Kalla, der gerade richtig in den Rhythmus gekommen ist.

Verbale Unterstützung bekommt St. Paulis Urgestein dabei von einem, der erst seit einem halben Jahr im Team ist. Mittelfeldspieler Marvin Knoll schwärmte nach dem 2:0 gegen Fürth: „Er haut immer alles raus. Es macht einfach Spaß, mit ihm in einer Mannschaft zu spielen.“

Signal für andere Nachwuchsspieler

Während Kalla mit seinen 32 Jahren hinter dem gut zwei Monate älteren Sami Allagui der zweitälteste Akteur im aktuellen Profikader St. Paulis ist, gab die Clubführung am Montag einem weiteren, noch 17 Jahre jungen Nachwuchstalent aus den eigenen Reihen einen Profivertrag. Dieser gilt vom 1. Juli kommenden Jahres an für zwei Jahre. Der zentrale Mittelfeldspieler Niclas Nadj ist einer der Leistungsträger in St. Paulis U-19-Mannschaft, die eine überaus starke Saison spielt und zur Winterpause Tabellenführer der A-Junioren-Bundesliga Nord ist – vor den Nachwuchsteams der Bundesligaclubs Wolfsburg, Werder Bremen, Leipzig, Hannover 96 und Hertha BSC sowie des HSV.

Bereits im Alter von zehn Jahren wechselte Nadj von Blau-Weiß 96 Schenefeld zu St. Pauli und durchlief hier alle Nachwuchsteams. In der aktuellen Junioren-Bundesligasaison hat er vier Tore erzielt und fünf vorbereitet. „Dass Niclas einen Profivertrag erhält, ist auch ein Signal für andere Nachwuchsspieler, dass konstant gute Leistungen natürlich wahrgenommen werden und sich dadurch gute Möglichkeiten ergeben, beim FC St. Pauli Lizenzspieler zu werden“, sagte Sportchef Uwe Stöver.

Niclas Nadj folgt damit seinem Vater Tibor, der ebenfalls Fußballprofi war und unter anderem für den HSV, Eintracht Braunschweig und Holstein Kiel spielte. Beide haben übrigens am Heiligabend Geburtstag. Niclas Nadj wird dann 18, sein Vater Tibor 45 Jahre alt.