Hamburg. Der Kiezclub prüft rechtliche Schritte gegen die Einsatzleitung der Polizei nach den Ausschreitungen vor dem Bielefeld-Spiel.
Während die sportliche Aufarbeitung des 2:1-Sieges bei Arminia Bielefeld höchst erfreulich war, beschäftigte die Verantwortlichen des FC St. Pauli zu Wochenbeginn ein weit weniger schönes Thema. Rund um das Spiel in Bielefeld kam es in einem Zug zu massiven Auseinandersetzungen zwischen knapp 250 mitgereisten Fans und der Polizei.
Nach Angaben der Polizei in Nordrhein-Westfalen wurden bei den mutmaßlichen Tätern diverse Vermummungsmaterialien, Quarzhandschuhe und PVC-Stangen sichergestellt. Insgesamt wurden bislang 22 Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz sowie Körperverletzung und Beleidigung eingeleitet.
„Die Auswertung des Materials, das uns vorliegt, läuft noch. Ob noch mehr Verfahren hinzukommen, ist noch nicht sicher“, erklärte Carsten Bente, Pressesprecher der Polizei in Münster.
Vereinsführung attackiert Polizei
Interviewanfragen zu dem Thema lehnte St. Pauli am Montag ab. Zuerst wollte sich Vizepräsidentin Christiane Hollander mit Vertretern des Fanladens treffen, um sich selbst ein Bild zu machen, was am Sonntagvormittag geschehen war.
Am Montagnachmittag entschied sich der Verein dann doch noch dazu, sein Schweigen zu beenden und Stellung zu beziehen. Über die Webseite sowie die sozialen Medien veröffentlichte der Club ein Statement. Dabei attackierten die Verantwortlichen des FC St. Pauli massiv die Einsatzleitung der Polizei.
„An der Aufarbeitung der Vorfälle kritisieren die Verantwortlichen des Clubs und des Fanladens St. Pauli den Einsatz von Pfefferspray in einem geschlossenen Zugwaggon durch die Polizei während einer Auseinandersetzung zwischen mitreisenden St.-Pauli-Fans und Polizeibeamten sowie das spätere, stundenlange ,Einkesseln‘ von rund 250 Fans als unverhältnismäßig“, ließ St. Pauli verlauten und ergänzte: „Nach Analyse der Geschehnisse stellte sich heraus, dass unter den festgesetzten St.-Pauli-Fans auch Minderjährige waren. Des Weiteren wurde die Verpflegung der ,eingekesselten‘ Personen nur nach Vorlage der Personalien gestattet, eine Versorgung durch Fanladen-Mitarbeiterinnen wurde bis kurz vor Ende verhindert. In diesem Zuge bleibt festzuhalten, dass sich die festgesetzten St.-Pauli-Fans am Bielefelder Bahnhof kooperativ und gewaltfrei verhalten haben.“
Auch deshalb prüft St. Pauli rechtliche Schritte gegen die Einsatzleitung der Polizei. „Kritisiert wird zudem die Tatsache, dass St.-Pauli-Fans, die während des Spiels das Stadion verlassen wollten, ohne Angabe von Gründen daran gehindert worden sind.“
Social-Media-Fauxpas der Polizei in NRW
Die Bundespolizei indes sieht kein Fehlverhalten bei dem Einsatz. Sie reagierte letztlich nur auf die gezielten Provokationen gegen die mitgereisten Polizisten. Auslöser der Tumulte soll ein St.-Pauli-Fan gewesen sein, der im Zug geraucht und provokativ einem Beamten Rauch ins Gesicht geblasen hatte.
In der Folge soll es zu Schubsereien und Beleidigungen gekommen sein, im Zuge dessen sich eine größere Gruppe mit dem Fan solidarisierte, was zur Eskalation und letztlich zum Großeinsatz führte. „Die Beamten sind körperlich angegangen worden, auch mit PVC-Rohren, die eigentlich für Fahnen oder Transparente benutzt werden“, rechtfertigte Polizeisprecher Bente im „Westfalen-Blatt“ den massiven Einsatz der Kräfte.
In den sozialen Netzwerken hat sich die Polizei in NRW derweil nicht mit Ruhm bekleckert. In der am Sonntag veröffentlichten Pressemitteilung, die sich mit den Vorfällen rund um das Spiel befasst, schrieb ein Polizeimitarbeiter, dass es sich zwischen Bielefeld und St. Pauli um ein Drittligaspiel gehandelt habe. Am Montag reagierte die Social-Media-Abteilung der Polizei und ruderte zurück: „Das war natürlich ein Schreibfehler. Womöglich aber war der Autor auch schlicht derart beeindruckt von der Negativleistung einiger ,Fans‘, dass ihm die Oberklasse unwirklich erschien. Selbstverständlich spielt der #fcsp in der 2. Bundesliga“, hieß es in dem Tweet. Es folgte ein Shitstorm seitens der Anhänger des FC St. Pauli.
15.000 Strafe fällig
Die Aufklärung über den genauen Tathergang vom Sonntag wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Fest steht aber bereits jetzt, dass der Verein 15.000 Euro Strafe zahlen muss.
Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes sanktioniert damit das massive Abbrennen von Pyrotechnikim Stadtderby gegen den HSV am 30. September. Die Verantwortlichen haben dem Urteil bereits zugestimmt.
Sobota zurück
Gegenwart: Offensivallrounder Waldemar Sobota absolvierte erstmals nach seiner Ende September erlittenen Adduktorenverletzung Teile des Mannschaftstrainings. Auch Christopher Buchtmann (Oberschenkelzerrung) wirkte am Montag wieder mit.
Zukunft: In der Länderspielpause, die nach dem Spiel gegen Heidenheim am Sonnabend beginnt, sollen die Verhandlungen mit den Spielern, deren Verträge im Sommer 2019 auslaufen, intensiviert werden.