Hamburg. HSB-Sprecher Thomas Michael soll sich um 10.000 Sporttreibende kümmern. Dass die Wahl auf ihn fiel, hatte nicht nur rationale Gründe.

    Die Segler sind der neueste Zuwachs. Seit Januar haben sich auch Wassersportler unter der Flagge des FC St. Pauli zusammengefunden und eine eigene Abteilung gegründet. Rund 10.000 „Sporttreibende“ sind derzeit in 22. Abteilungen neben den 15.000 fördernden Fußballfans Mitglied in dem Verein, der sich damit heimlich, still und leise im Schatten der Profifußballer zum drittgrößten Universalsportverein im Hamburger Sportbund (HSB) entwickelt hat. Nur der Eimsbütteler TV (14.365) und die TSG Bergedorf (11.307) haben mehr Aktive.

    „Der Amateursport ist eine wichtige Säule innerhalb des mitgliedergeführten FC St. Pauli“, erklärt Präsident Oke Göttlich: „In allen Abteilungen werden Inklusion und Integration gelebt, zudem werden die Werte unseres Vereins gerade mit Blick auf gesellschaftliches und politisches Engagement in toller Art und Weise umgesetzt.“ Vom Boxen bis zum Triathlon, vom Handball über Rugby, Darts, Schach bis zum Goalball und Blindenfußball – der Club vom Millerntor ist eben weit mehr als „nur“ ein Fußballverein und auch Mitglied in der einflussreichen Organisation der Top-Sportvereine.

    FC St. Pauli holt HSB-Mann

    Am 1. August macht der Verein nun den nächsten Schritt zur Professionalisierung und Verbesserung seiner Strukturen. Der langjährige HSB-Sprecher Thomas Michael (47) tritt den neu geschaffenen Posten Geschäftsleiter Amateursport an. „Er vertritt die Amateurabteilungen nach außen, entwickelt neue Konzepte zum Beispiel bei der Errichtung von Sportstätten und kümmert sich um die stete und nachhaltige Entwicklung des Amateursports in allen Facetten“, beschreibt Göttlich das Jobprofil. Michael berichtet an den Amateurvorstand und ist der dritte Geschäftsleiter neben Andreas Rettig (kaufmännisch) und Uwe Stöver (Sport).

    Amateurvorstand, Aufsichtsrat und Präsidium hatten gemeinsam entschieden, dass es nicht weitergehen konnte wie bisher. Einmal im Monat traf sich der sechsköpfige Amateurvorstand mit seinem Vorsitzenden Jörn Sturm aus der Fußballabteilung turnusgemäß zu seinen Sitzungen. Entscheidenden Einfluss nehmen konnten die Ehrenamtler nicht. Die Abteilungen hatten große Selbstständigkeit, verwalteten ihre Mitgliedsbeiträge selbst, mussten sich auch darum kümmern, wo sie Hallenzeiten fürs Training herbekamen und Förderanträge an Stadt und HSB stellen. Das alles ist Sportbürokratie, die auch zeitlich überfordern kann.

    Probleme bei Hallenzeiten

    „HSB-Mittel haben wir nahezu gar nicht angegriffen“, sagte Sturm schon vor Längerem, „das ist aberwitzig. Es gibt Potenziale, die wir heben müssen.“ Auch bei der Zuweisung von Sportflächen und Hallen durch die Bezirke hat St. Pauli Probleme, gerade in der näheren Umgebung des Clubs. Für den Amateurfußball gibt es nur die beiden Plätze hinter der Nordtribüne, die sich der Verein zudem mit Hansa 10/11 teilen muss.

    Eigene Sporthallen existieren nicht. Wachstum ist da nur schwer möglich, das aber soll sich ändern: „Die Stadt wächst und damit die Nachfrage nach Möglichkeiten, um Sport treiben zu können. Dies gilt gerade im innerstädtischen Bereich“, sagt Göttlich: „Wenn in Hamburg kein Wachstum für Sportvereine mehr möglich wäre, sollte der FC St. Pauli schnell seine Stimme erheben, um weitere Flächen und Möglichkeiten zu schaffen.“

    Auch darum wird sich St. Paulis neuer Spitzenfunktionär nun kümmern müssen. Thomas Michael kennt die Strukturen in der HSB-Zentrale an der Schäferkampsallee aus dem Effeff und natürlich so manchen Referenten persönlich. „Er ist ein absoluter Fachmann in diesem Bereich, kennt sich in den Angelegenheiten des Amateursports aus und ist hervorragend vernetzt“, begründet Göttlich die Entscheidung, „nicht zuletzt hat er eine braun-weiße Seele.“

    Das mag mit den Ausschlag gegeben haben. Unter den qualifizierten Mitbewerbern waren auch welche, die früher eine große Nähe zum HSV hatten, was dann vielleicht doch in der St.-Pauli-Mitgliedschaft schwer vermittelbar gewesen wäre. „Ich freue mich sehr auf diese Aufgabe“, sagt Michael, „nach elf Jahren beim HSB war es auch Zeit für einen neuen Schritt.“