Hamburg. Überall Probleme: Zu wenige Tore, zu viele Verletzte, kein klares Spielsystem und ein Kader, der nicht zum Abstiegskampf passt.

„Wir müssen jetzt die Ruhe bewahren, zusammenhalten und nicht aufgeben“, mahnt St. Paulis Cheftrainer Markus Kauczinski angesichts der sportlich prekären Situation seiner Mannschaft nach dem Absturz auf den Abstiegsrelegationsplatz in der Zweiten Liga. Aktionismus ist nicht seine Sache. Eine kleine Änderung gegenüber der gewohnten Routine aber wird es in dieser Woche doch geben. Das erste Training nach dem freien Tag hat Kauczinski an diesem Dienstag für 10 Uhr – statt wie zuvor praktiziert – für 14 Uhr angesetzt.

Kommentar: Lienen ist nicht die Lösung

Trotz des jüngsten 0:1 gegen Union Berlin am vergangenen Sonnabend sieht der Trainer sein Team nicht auf einem gänzlich falschen Weg. „Ich habe viel Positives gesehen und eine Mannschaft gesehen, die die Situation angenommen hat“, sagt Kauczinski. Die größten Pro­bleme, die den FC St. Pauli plagen, lassen sich in wenigen Trainingstagen ohnehin nicht lösen.

Konkret sind dies:

Die Torarmut: 30 Tore in 30 Spielen sind der schlechteste Wert der gesamten Liga. Gerade einmal 16 dieser Tore fielen in den 15 Heimspielen, von denen vor allem auch deshalb nur drei gewonnen wurden. In der Rangliste der besten Torjäger der Zweiten Liga belegen St. Paulis interne „Torschützenkönige“ Aziz Bouhaddouz, Sami Allagui, Waldemar Sobota und Christopher Buchtmann mit je vier Treffern in trauter Gemeinsamkeit den 50. Platz. „Wir trainieren schon einfache Torabschlüsse. Aber wir wollen das Thema auch nicht zu groß machen“, sagt Kauczinski. „Wir haben ja auch beim Spiel in Dresden aus drei Chancen drei Tore erzielt. Das ist auch einfach so gekommen und passiert, wenn man daran glaubt.“


Die Verletzungen:
Etliche Langzeitverletzungen haben das Team entscheidend geschwächt. Es sind und waren ein Kreuzbandriss (Miyaichi), ein Bandscheibenvorfall (Hornschuh), eine Schambeinentzündung (Buchtmann), eine Gehirnerschütterung (Sobiech), ein Muskelsehnenabriss (Ziereis), eine Schulterluxation (Schoppenhauer) und eine Leistenverletzung mit notwendiger Operation (Möller Daehli) waren neben Bänderrissen dabei. Ein Schema, das auf Trainingsfehler hinweisen könnte, ist nicht zu erkennen. Typische Muskelverletzungen waren hingegen eher selten. Einige Leistungsträger mussten schon wieder spielen, obwohl sie noch nicht wieder voll hergestellt waren, da es an gleichwertigem Ersatz mangelt. Mats Möller Daehli ist derzeit ein Beispiel. „Er muss immer noch nach 70 Minuten raus“, sagt Kauczinski.


Das Spielsystem:
Der Trainer sagt, er richte sich mit dem Spielsystem vor allem danach aus, welche Spieler zur Verfügung stehen. Da sich genau dies wegen ständiger und wechselnder Ausfälle immer wieder ändert, ist eine klare Ausrichtung bisher nicht zu erkennen und möglicherweise auch nicht zu realisieren. Kauczinskis Vorgänger Olaf Janßen war schon daran gescheitert, die Truppe zu einer erfolgreichen Ballbesitzmannschaft zu formen.


Der Kader: Nach herausragenden 34 Punkten in der Rückrunde der vergangenen Saison gingen die Verantwortlichen mit einer gewissen Berechtigung davon aus, dass die Mannschaft eher im oberen als im unteren Drittel mitmischen könnte. Entsprechend legten das Präsidium und Interims-Sportchef An­dreas Rettig wert auf Techniker wie den noch einmal vom SC Freiburg ausgeliehenen Mats Möller Daehli, den zuvor ausgeliehenen und für die interne Rekordsumme von 1,3 Millionen Euro verpflichteten Cenk Sahin und den ablösefreien Sami Allagui. Kapitän und Verteidiger Sören Gonther, der seine Führungsstärke und Mentalität auch einbrachte, wenn er nicht zur Startelf gehörte, galt als verzichtbar.

Die Verpflichtungen in der Winterpause, die ersten von Sportchef Uwe Stöver, blieben völlig wirkungslos. Stürmer Dimitrios Diamantakos überzeugte in keinem seiner nur sechs Einsätze, Außenbahnspieler Thibaud Verlinden spielte noch gar nicht.