Hamburg. FC St. Pauli rutscht nach dem 0:1 gegen Union Berlin auf Platz 16. Offensivschwäche ist das größte Manko.
St. Paulis bester Stürmer hatte am Sonnabend wieder einmal allen Grund zum Jubeln. Er erzielte beim 4:0-Sieg seiner Mannschaft zwei Tore, führt mit nun 16 Treffern die Torschützenliste der Zweiten Liga an und hat weiter gute Aussichten auf den Bundesliga-Aufstieg. Der Haken an dieser Erfolgsstory: Jener Marvin Ducksch, von dem hier die Rede ist, spielt bekanntlich als Leihgabe des FC St. Pauli für den Zweitliga-Aufsteiger und Tabellendritten Holstein Kiel.
Bei dem Club, dem er eigentlich angestellt ist, herrscht dagegen weiter Offensivflaute und Abstiegskampf. Die 0:1-Heimniederlage gegen Union Berlin am Sonnabend, zeitgleich zum Kieler 4:0 in Dresden, war bereits das sechste Spiel in Folge ohne Sieg. 24 Stunden später rutschte das Team sogar auf den 16. Rang, weil der 1. FC Heidenheim gegen den Tabellenführer Fortuna Düsseldorf mit 3:1 gewann.
So prekär war die Tabellensituation in dieser Saison für den FC St. Pauli noch nie. Vier Spiele vor dem Saisonende steht das Team von Trainer Markus Kauczinski erstmals auf dem Abstiegsrelegationsplatz. Dazu verkürzte der Tabellen-17. Darmstadt 98 durch sein 1:1 gegen Braunschweig den Rückstand auf die Hamburger auf vier Zähler. Anders gesagt: St. Pauli drohen nicht nur die Abstiegsrelegationsspiele gegen den Dritten der Dritten Liga, sogar die Gefahr des direkten Abstiegs war in dieser Spielzeit noch nicht so konkret, wie sie jetzt ist.
Der Funke sprang früh über
Nach der schwachen Leistung beim 1:2 in Aue hatte es beim FC St. Pauli diverse, auch teaminterne Krisengespräche gegeben. Daraus resultierte das einhellige Versprechen, mit einer deutlich gesteigerten und vor allem der Situation angemessenen Leidenschaft in das Heimspiel gegen Union Berlin zu gehen. In der nüchternen Nachbetrachtung lässt sich trotz der Niederlage nicht leugnen, dass genau dies auch von Beginn an zu erleben war. Tatsächlich sprang auch ganz früh der Funke auf die Fans über.
Kommentar: Lienen ist nicht die Lösung
Die große Kopfballchance von Lasse Sobiech bereits in der zweiten Spielminute, die vom laufstarken Jan-Marc Schneider herausgeholte Gelbe Karte für Berlins Innenverteidiger Marvin Friedrich (5.) und kurz danach Schneiders couragierter Körpereinsatz gegen Toni Leistner an der Seitenlinie waren genau die Aktionen, die die Anhänger von einer St.-Pauli-Mannschaft sehen wollen und für die sie auch bereit sind, die Spieler lautstark und situationsbezogen zu unterstützen.
Mut aus dem Spiel ziehen
Schlussendlich ist all dies aber nur Beiwerk. Am entscheidenden Kriterium scheiterte St. Pauli wieder einmal. „Wir haben kein Tor gemacht, da können wir nicht gewinnen“, brachte Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann das Grundproblem seines Teams auf den Punkt. Einem Treffer am nächsten war noch er selbst gewesen, als der von ihm über Torwart Daniel Mesenhöler gelupfte, aber etwas zu langsame Ball, noch kurz vor der Torlinie von Toni Leistner geklärt (28.) werden konnte.
Doch Buchtmann gehörte auch nach dem erneuten Rückschlag im Kampf um den Klassenerhalt zur großen Fraktion derer, die neuen Mut aus dem Spiel zogen. „Wenn wir weiter so aggressiv auftreten und so den Kampf annehmen werden wir noch genug Punkte holen“, sagte er trotzig. „Wir müssen einfach weiter Gas geben. Es war ja eigentlich alles da.“
Aber eben nur eigentlich. Der Knackpunkt der Partie war im Endeffekt die Gelb-Rote Karte gegen Berlins Friedrich nach knapp einer Stunde. Union spielte fortan deutlich defensiver, St. Pauli fand keine Mittel mehr, zu Torchancen zu kommen. „Wir haben uns den Finger in der Nase gebrochen. Nach dem Platzverweis waren wir in der Struktur nicht so sauber wie beim Elf-gegen-elf. Uns fehlt weiter die Effizienz“, sagte St. Paulis Sportchef Uwe Stöver treffend.
Kämpfen bis zum Schluss
Es passte ins Bild der vergangenen Wochen, dass es St. Pauli nicht einmal gelang, das Spiel torlos zu halten und sich wenigstens einen Punkt zu sichern, der in der Tabelle Platz 13 statt 16 bedeutet hätte. Berlins Stürmer Simon Hedlung nutzte die Freiheiten, die ihm die sonst insgesamt gut organisierte St.-Pauli-Abwehr gestattete, zu einem Flachschuss ins Tor (80.). „Wir kriegen so ein dummes Eiertor hinten rein und machen vorn keins. Deshalb verlieren wir“, sagte Innenverteidiger Philipp Ziereis und sprach damit auch die mangelnde Torgefahr an. 30 Tore in 30 Spielen sind denn auch der schwächste Wert der gesamten Liga. Ganze zehn dieser Treffer verteilen sich auf die Stürmer Aziz Bouhaddouz , Sami Allagui (je vier), Jan-Marc Schneider (zwei) und Dimitrios Diamantakos (null). Das sind in der Summe sechs weniger als der oben erwähnte Marvin Ducksch.
„Ich habe ganz viel gesehen, auf dem man aufbauen kann. Wir hatten die richtige Einstellung und haben in der ersten Halbzeit mutig nach vorn gespielt“, sagte Trainer Markus Kauczinski. „Entscheidend wird jetzt sein, dass alle zusammenhalten und bis zum Schluss kämpfen.“