Hamburg. Den 4:0-Sieg gegen Düsseldorf wird St. Paulis Stürmer Lennart Thy wohl nie vergessen. Im Netz wird der 23-Jährige als Held gefeiert.

Den Ball, den er kurz zuvor gleich viermal im Netz von Fortuna Düsseldorf untergebracht hatte, nahm Lennart Thy pflichtgemäß mit nachhause. "Das war natürlich sensationell", sagte St. Paulis Angreifer über seinen Viererpack zum 4:0 (2:0)-Sieg am Montagabend, durch den der 23-Jährige auf einen Schlag zum Torjäger mutierte.

„Er hat das i-Tüpfelchen gesetzt auf das Spiel. Wenn einer vier Tore schießt, ist das natürlich überragend“, schwärmte St. Paulis Trainer Ewald Lienen von seinem Schützling - vergaß dabei aber auch nicht, dass Thy fast noch zu Hamburgs LewandowsTHY hätte werden können.

"Lenny war heute hellwach, hätte aber sogar noch mehr Tore machen können", sagte Lienen mit Blick auf die 30. Minute, als Fortuna-Keeper Michael Rensing einen lupenreinen Hattrick des Kiezkickers verhinderte. So blieb es beim Vierer- statt Fünferpack. Was selbstverständlich ausreicht, um jede Menge Geschichten zu evozieren. Abendblatt.de erzählt vier davon.

1) Thy ist St. Paulis dritter Viererpacker

Gab es überhaupt schon einmal einen Viererpacker bei St. Pauli? Aber ja doch, und zwar gleich zwei: Letztmals gelang dieses Kunststück Mourad Bounoua, der am 24. Oktober 2003 die Zweitvertretung des 1. FC Köln im Alleingang abschoss. Gleichwohl war dies "nur" in der Regionalliga Nord, und einen Treffer steuerte Bounoua damals vom Elfmeterpunkt aus bei. Zum Aufstieg reichte der tolle 4:0-Sieg am Ende ohnehin nicht.

Ohne Strafstoß kam St. Paulis erster vierfacher Torschütze aus: Ivan Klasnic schraubte beim 6:2 gegen die Stuttgarter Kickers am 17. Juni 1999 das Ergebnis in die Höhe. Allerdings lag zwischen allen Erfolgserlebnissen des Hamburger Kroaten jeweils ein anderer Torschütze. Klasnics Lauf war ohnehin eher einer für die Galerie: Denn der Zweitligakick am 34. Spieltag hatte für die Tabelle keinerlei Bedeutung mehr.

Das Geheimnis des neuen Thyschen Torriechers könnte übrigens auch mit einer Maßnahme des Athletiktrainers zu tun haben. "Wir haben überlegt, wie können wir die Power, die er hat, noch besser aufs Feld kriegen. Da haben wir einfach gesagt: 'Jetzt versuche einfach mal, die Hose ein bisschen höher zu ziehen'", verriet Janosch Emonts.

2) HSV-Fans wollen Thy im Volkspark sehen

"THY 'n' THY", "THY Amo" - die Songs zur großen ParTHY waren schnell gefunden.

Überhaupt grassierte im Netz umgehend das Wortspielfieber. Zur neuen THYpologie zählen Bonmots wie "THY Time", "THYrisch gut drauf sein" oder "LewandowsTHY". Ein Fan erhob Hamburg prompt zur "Hauptstadt von THYringen". Ob Thy angesichts seiner vier Treffer nun in die Vier- und Marschlande ziehen wird, ist eher nicht zu erwarten.

Bei Anhängern der Konkurrenz stieg gleichzeitig eher das Wechselfieber. "Hat Bayern schon angerufen?", wollte Twitter-Nutzerin "@fraunewman" hektisch wissen. "Thy damit in der Winterpause für 10 Mio. zu RB Leipzig", orakelte "@MichiT3103". Ein anderer brachte Thy direkt einmal bei Joachim Löw ins Gespräch.

Auch HSV-Fans sind plötzlich ganz heiß auf den neuen Knipser des Stadtrivalen. "Dieser Thy wäre ein guter Backup für Lasogga", befand "@KevClaSec". Eine andere rief diesbezüglich sogar eine Umfrage ins Leben, während "‏@Knuddelpapst" vorschlug: "Vertrag läuft aus. Ex-Bremer und Paulianer - Pflichtkauf für den HSV. #thy."

3) Es liegt an den Werder-Genen

Überhaupt Bremen. Dort wurde Thy ausgebildet und gehörte einst zu einem hoffnungsvollen Werder-Quintett, zu dem 2012 noch die Jungspunde Florian Hartherz, Tom Trybull, Florian Trinks und Niclas Füllkrug gezählt wurden. Letzterer hat seitdem ebensowenig den ganz großen Durchbruch geschafft wie seine damaligen Mannschaftskollegen.

Auch Füllkrug, der derzeit beim 1. FC Nürnberg unter Vertrag steht, ist noch nicht über die zweite Liga hinausgekommen. Dennoch hatte der Stürmer Thy etwas voraus - bis zum Montag: Füllkrug war zuvor der letzte Spieler, dem im Unterhaus vier Tore in einem Spiel gelangen - beim Fürther 6:2-Auswärtssieg am 2. November 2013 in Aue.

Andere ehemalige Weggefährten haben indes für noch größere Schlagzeilen gesorgt. Allen voran die Weltmeister Shkodran Mustafi und Mario Götze, mit dem der gebürtige Frechener Thy 2009 den EM-Titel für Deutschlands U17 errang. Fünf Jahre später schoss Götze das A-Team bekanntlich zum WM-Triumph von Rio.

4) Die Wahrsagerin von der Geschäftsstelle

Tippspiele gehören unter Mitarbeitern eines Fußballvereins zum guten Ton. Und so ließ auch St. Paulis Geschäftsstelle das Ergebnis gegen Fortuna Düsseldorf in der eigenen Runde vorhersagen. Mit beängstigendem Ergebnis: Nicole Friedel, Assistentin des kaufmännischen Geschäftsleiters Andreas Rettig, traf voll ins Schwarze!

Friedel hatte nicht nur das Ergebnis exakt getippt, sondern auch bei Vierfachtorschütze Thy den richtigen Riecher bewiesen. St. Pauli macht sich nun bereits Hoffnung auf eine gewinnbringende Lotto-Vorhersage seiner HELLseherin. Die würde in jedem Fall eher Geld bringen als eine Wette auf Torschütze Thy - die sucht man nämlich in den deutschen Wettportalen vergeblich. Noch.