Hamburg. Sportartikelhersteller Under Armour, der 2016 beim Kiezclub einsteigt, arbeitet mit dem US-Militär und hat eine Nähe zur Waffenlobby.

Für den FC St. Pauli war es ein Meilenstein, als der Club im Juli 2015 verkündete, einen hochdotierten Deal mit dem US-amerikanischen Sportartikelhersteller Under Armour unter Dach und Fach gebracht zu haben. Rund 1,5 Millionen Euro zahlt der Ausrüster, der zur Saison 2016/17 von Hummel übernehmen wird, pro Jahr an den Zweitligaclub. Soviel wie noch kein anderer Ausrüster in der Vereinshistorie. So weit, so gut.

Die „Hamburger Morgenpost“ beleuchtete den Konzern nun etwas genauer und offenbarte, dass Under Armour ein Image pflegt, das mit dem des FC St. Pauli eigentlich nicht konform geht. Dem in Baltimore ansässigen Unternehmen wird eine Nähe zur mächtigen Waffenlobby National Rifle Association (NRA) nachgesagt, es wirbt in Nordamerika auf der Homepage mit martialischen Bildern und sponsert im US-Fernsehen Jagdsendungen, in denen es nur darum geht, Tiere als Trophäen zu erlegen. Ein Millionengeschäft für Under Armour. Zudem bestehen geschäftliche Verbindungen zum US-Militär, das mit spezieller Funktionskleidung ausgerüstet wird. Allerdings gilt es festzuhalten, dass auch andere Sportartikelhersteller Soldaten einkleiden und fragwürdige PR-Maßnahmen im Programm haben.

Bei den St.-Pauli-Fans wird das Thema in den Onlineforen ausführlich diskutiert. Überwiegend herrscht Kritik an der Zusammenarbeit mit dem neuen Partner. Under Armour polarisiert. Vor allem wegen TV-Shows wie „Duck Dynasty“, einer Sendung über eine Südstaatenfamilie, die auf Entenjagd geht. Dabei fiel Protagonist Phil Robertson durch homophobe Äußerungen auf und verharmloste die Sklaverei. Under Armour distanzierte sich von dem Skandal, setzte aber das Sponsoring der Show unvermindert fort. Auf der weltweit größten Waffenmesse „The Shot Show“ in Las Vegas ist man regelmäßig als Aussteller vertreten.

Die Verantwortlichen von St. Pauli wussten um das Tätigkeitsfeld des neuen Ausrüsters, erstellten eine Markenanalyse. Der Patriotismus in den USA sei schließlich nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen, ließ Vizepräsident Joachim Pawlik via „Mopo“ verlauten – und verwies auf die Kulturunterschiede. Zudem gelten die Produkte als qualitativ hochwertig, innovativ, und der Deal beschert dem Kiezclub jährlich eine Millioneneinnahme. Daher spielte es keine Rolle, von dem Vertragsverhältnis zurückzutreten. St. Pauli steht zu dem Konzern.

„Wir haben die Punkte kritisch durchleuchtet und diskutiert, ob sie vereinsaffin sind oder nicht. Am Ende haben wir uns dafür entschieden, nach Abwägung aller Argumente, dass wir es tun. Wohlwissend, dass es Diskussionen nach sich ziehen wird“, sagte Sportdirektor Thomas Meggle, der mit einer St.-Pauli-Delegation Anfang Oktober den Firmensitz in Baltimore besuchte und sich so selbst ein Bild vom neuen Partner machen konnte.

Vom Sommer 2016 an wird der Ausrüster alle Teams bis zur Jugend ausstatten. Zudem will der Verein im Bereich der Leistungsdiagnostik von den Erfahrungen aus Amerika profitieren. Der FC St. Pauli ist Teil einer neuen Europastrategie. Für Under Armour ist der alternative und politisch engagierte Club aus Hamburg die perfekte Gelegenheit, um das eigene Image aufzupolieren. So profitieren am Ende beide Parteien von der Zusammenarbeit. Wenngleich diese Partnerschaft auch künftig sicher nicht ohne Nebengeräusche bestehen wird.