Mönchengladbach. St. Paulis Trainer muss im Testspiel in Mönchengladbach vom Platz. Ansprechende Vorstellung der Hamburger beim verdienten 0:0 gegen die Borussia

Freunde werden Ewald Lienen und die Vertreter der deutschen Schiedsrichterzunft so bald nicht mehr. Kürzlich erst hatte St. Paulis Cheftrainer 3000 Euro als Strafe zahlen müssen, nachdem er im Zweitliga-Heimspiel gegen Fürth (0:1) den Vierten Offiziellen Frank Willenborg nach Ansicht des DFB-Sportgerichts verbal zu heftig attackiert hatte. Jetzt folgte sogar beim Testspiel des Kiezkicker bei Borussia Mönchengladbach (0:0) die nächste Episode. Mehr als eine Halbzeit lang musste Lienen auf Geheiß von Schiedsrichter Christian Bandurski die Partie hinter der Brüstung auf der Stehtraverse des „Fohlenplatzes“ verfolgen.

„Ich habe mich sehr geärgert“, sagte Lienen nach dem Abpfiff, als er über die bewusste Situation sprach. „Den Schiedsrichter habe ich aber nicht beleidigt“, stellte er klar. Lienens Ärger war durchaus nachvollziehbar, denn zwei überharte Fouls von Mönchengladbacher Spielern hatten ihn in Rage gebracht. Dabei verletzte der offenbar überehrgeizige Mahmoud Dahoud, 19, St. Paulis Marc Rzatkowski mit einem kräftigen Tritt derart am Oberschenkel, dass der Mittelfeldspieler kurz danach ausgewechselt werden musste. Weitere Untersuchungen sollen Aufschluss darüber bringen, wie folgenschwer die Blessur ist.

„Es ist eine Unverschämtheit, in einem Testspiel derart zuzutreten“, sagte Lienen. Als kurz nach diesem Foul auch noch Mönchengladbachs Offensivspieler Ibrahima Traoré ähnlich rüde gegen Daniel Buballa einstieg, war es um Lienens Contenance geschehen. „Ich habe zu Traoré eine sozial unverträgliche Vokabel gesagt, die ich jetzt auch nicht wiederholen will“, berichtete er. Schiedsrichter Bandurski schickte Lienen nach kurzer Diskussion aus dem Bereich der Reservebank und Coachingzone. „Er hat mir erklärt, dass er mich des Feldes verweisen musste, weil die Zuschauer, die in der Nähe standen, das bewusste Wort gehört haben“, erzählte Lienen weiter.

Ob das Ganze jetzt noch ein Nachspiel für St. Paulis Trainer haben wird, hängt entscheidend davon ab, ob Bandurski einen Zusatzbericht anfertigt und an den DFB schickt. „Die beiden Spieler, die so unnötig hart gefoult haben, bekommen nicht einmal die Gelbe Karte, aber ich muss das Feld verlassen. Das macht richtig Sinn“, sagte Lienen abschließend voller Ironie.

Erfreulicher für ihn war hingegen der sportliche Aspekt des Ausflugs an den heimatlichen Niederrhein. Gegen die fast durchweg mit gestandenen Bundesligaakteuren angetretene Mannschaft der Borussia war das torlose Unentschieden für die St. Paulianer ein verdientes Ergebnis. Vor allem in der ersten Halbzeit waren sie einer Führung näher als der höherklassige Gegner. Während Lienens Elf in der Defensive kaum etwas zuließ, schoss der als zweiter Stürmer aufgebotene Kyoung-Rok Choi, 20, aus aussichtsreicher Position an die Latte (21. Minute). „Er hat seine Sache ordentlich gemacht. Ich hätte mir aber gewünscht, wenn er in ein paar Situationen den Ball noch einmal auf den schnellen Daniel Buballa durchgesteckt hätte, der dann frei vor dem Tor gewesen wäre“, sagte Lienen.

Insgesamt sah der Trainer am Ende der 90 Minuten den Sinn des Testspiels in der Stadt seines Hauptwohnsitzes als erfüllt an. „Es ging darum, im Rhythmus zu bleiben und einigen Spielern, die jetzt nach längeren Verletzungen wieder gesund sind, Spielpraxis zu geben“, sagte er und dachte dabei vor allem an Außenverteidiger Sebastian Schachten, Offensivspieler Waldemar Sobota und Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann.