Gerald Asamoah erzielt in der 59. Minute das Tor zum überraschenden Sieg des FC St. Pauli über den HSV, der seine Chancen nicht nutzt.
Hamburg. "Die Nummer eins, die Nummer eins, die Nummer eins in der Stadt sind wir!" Als Schiedsrichter Günter Perl um 20.37 Uhr das 131. Derby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli abgepfiffen hatte, lagen sich alle Braun-Weißen in den Armen. Acht HSV-Siege, sechs Unentschieden - ...zwei St. Pauli-Erfolge! Das ist die neue Bilanz des Hamburger Derbys. Im 16. Bundesliga-Spiel gelang dem krassen Außenseiter tatsächlich die Sensation. Gerald Asamoah erzielte in der 59. Minute das Tor des Abends zum etwas glücklichen, aber durchaus nicht unverdienten 1:0-Erfolg des Aufsteigers, weil der HSV zu fahrlässig mit seinen Chancen umging und häufig ideenlos agierte. Es war erst der zweite Sieg für St. Pauli nach 1977 (2:0). Dem FC St. Pauli gelang dabei der dritte Sieg in Folge, rangiert mit nun 28 Punkten im gesicherten Mittelfeld auf Rang elf und machte einen gewaltigen Schritt in Richtung Klassenerhalt. Der HSV hingegen musste neben der Schmach des verlorenen Derbys einen empfindlichen Rückschlag im Kampf um einen der Europapokal-Plätze hinnehmen.
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57 000 Zuschauer waren in die Imtech-Arena gekommen, so viele wie noch nie in einem Erstliga-Duell zwischen den beiden Klubs. "Name, Geschichte, Tradition, Erfolge" stand in der riesigen HSV-Choreographie auf der Nordtribüne geschrieben, während die St.-Pauli-Fans ihren Block zunächst nur in ein Farbenmeer verwandelten.
45 Minuten später war die Stimmung bei einem Großteil der Fans auf den Rängen allerdings abgekühlt. Nur elf Sekunden ließ Günter Perl nachspielen, es gab auch keinen Anlass für mehr. "Viel Rauch um nichts", lautete das Fazit der torlosen ersten Hälfte.
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Der HSV, der in der identischen Formation wie beim 1:0 in Wolfsburg begann, präsentierte sich zwar von Beginn an dominant und war sichtlich bemüht, anders als noch beim 1:1 in der Hinrunde am Millerntor von Anfang an keinen Zweifel daran zu lassen, wer der Bundesliga-Dino mit den hohen Ambitionen ist. St. Pauli hingegen agierte äußerst zurückhaltend, so passiv wie noch nie im bisherigen Saisonverlauf, die Abwehr vor Torwart Benedikt Pliquett stand sehr tief. Richtig gelesen. Pliquett! Völlig überraschend gab ihm St. Paulis Trainer Holger Stanislawski den Vorzug vor Stammkeeper Thomas Kessler.
Über übertrieben viel Arbeit musste sich Pliquett allerdings anfangs nicht beschweren. Der HSV versäumte es, seine spielerische Klasse auszuspielen, während St. Pauli sicher stand.
So waren es wieder die Fans, die für den ersten Höhepunkt während des Spiels sorgten - allerdings in negativer Hinsicht. Punkt 19.10 Uhr, offensichtlich in Anlehnung an das Gründungsjahr des Klubs, zündeten St. Paulianer mehrere Bengalos.
Immerhin, als sich die Nebelschwaden verzogen hatten, wurde es ein wenig turbulenter und hitziger. Nach einer guten halben Stunde gab es die ersten Verwarnungen für David Jarolim und Zé Roberto. Die Hausherren wirkten nach dem zwischenzeitlichen Abflauen der ersten Sturm- und Drangphase nun wieder entschlossener.
Als sich nach dem Wiederanpfiff der HSV sofort wieder offensiv in Szene setzen konnte, schien es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der "Goliath" gegen den wacker kämpfenden "David" durchsetzen würde. Doch dann kam es ganz anders. Der HSV wurde für die mangelhafte Chancenverwertung mit dem 0:1 von Gerald Asamoah bestraft, der eine Kruse-Ecke, die von Boll verlängert wurde, einköpfte.
Mit Wut im Bauch, aber ohne Konzept berannte der HSV, der weitaus mehr Ballbesitz hatte, bis zum Schlusspfiff das Tor der Gäste. Veh versuchte alles, brachte für den enttäuschenden van Nistelrooy und für Ben-Hatira mit Guerrero und Pitroipa frische Kräfte für die Offensive. Doch St. Pauli überzeugte mit einer guten, disziplinierten Ordnung, das taktische Konzept von Stanislawski ging auf. St. Pauli wirkte wie das harmonischere Team, stemmte sich nach dem 1:0 mit allem, was zur Verfügung stand, gegen den Ausgleich - das gab gestern Abend den Ausschlag für den Außenseiter. "Das war eine Abwehrschlacht mit einem Quäntchen Glück garniert", jubelte Manager Helmut Schulte. HSV-Sportchef Bastian Reinhardt sagte dagegen: "Wenn ich sehe, wie St. Pauli hier feiert, könnte ich kotzen. Das ist die bitterste Niederlage, seit ich beim HSV bin." Während St. Pauli nun voller Vorfreude dem nächsten Spektakel Sonnabend in Dortmund entgegenfiebern kann, steht der HSV gewaltig unter Druck. Die Stimmung nach der Niederlage ist am Boden, eine weitere Pleite gegen Bremen könnte für den Ausbruch einer Krise sorgen.