Nach nervösem Beginn lassen Takyi und Naki am Millerntor alle Dämme brechen. Der vierte Heimsieg in Folge stellt die Relegation fast sicher.

Hamburg. Wenn einer Mannschaft in einer besonderen Drucksituation ein Erfolgserlebnis gelingt, wird gern von einem Brustlöser gesprochen. Von der Befreiung. Der kollektiven Erleichterung, die sich breitmacht. Am Freitagabend war diese am Millerntor tatsächlich zu spüren. Auf den Rängen, wo sich die Fans des FC St. Pauli in den Armen lagen. Auf der Spielerbank, von der die Ersatz-Kiezkicker auf den Rasen stürmten. Ja sogar auf der Baustelle der neuen Haupttribüne, wo einigen Arbeitern, die in der Abendsonne das Zweitligaspiel gegen die TuS Koblenz verfolgten, sprichwörtlich ein Stein vom Herzen fiel.

Auslöser des Freudentaumels war ein Doppelschlag von Charles Takyi und Deniz Naki, die mit ihren Toren kurz vor der Halbzeit die Basis zum verdienten 6:1 (2:0) gegen die nun vor dem Abstieg stehenden Gäste legten. St. Pauli machte mit dem Torfestival einen wichtigen Schritt Richtung Erste Liga, zumindest bis Sonntag beträgt der Vorsprung auf den Tabellendritten FC Augsburg und damit auf den nahezu sicheren Relegationsplatz wieder vier Punkte. "Ein Spiel so zu gewinnen ist einfach geil", meinte Naki. "Wir haben es jetzt weiter selbst in der Hand, wollen in Fürth drei Punkte holen und den Aufstieg dann am letzten Spieltag zu Hause gegen Paderborn endgültig klarmachen."

Schon beim Gang zum "Pausentee" hatten sich St. Paulis Spieler vor Euphorie kaum zügeln könnten. Sie winkten begeistert ins Publikum, zollten den Fans Beifall, als gäbe es keine zweite Halbzeit mehr. Der Druck war weg, verlagert auf Verfolger Augsburg. Nur fünf Minuten zuvor hatte St. Pauli noch unglaublich hibbelig gewirkt. Es gelangen wenig konstruktive Aktionen, fehlte an Ballsicherheit. Die Nervosität gipfelte im doppelten Versagen von Florian Bruns und Matthias Lehmann vom Elfmeterpunkt. Ersterer schoss den Ball neben das Tor, Letzterer scheiterte mit der Wiederholung an Torwart Paucken. "Danach hat man gemerkt, dass wir fünf, sechs Minuten gewankt haben", gestand Bruns später. Doch St. Pauli knickte nicht ein.

Als viele schon glaubten, dass das Vergeben solcher Chancen sicher bestraft würde, kam der große Auftritt von Takyi und Naki, der nach Gelbsperre wieder ins Team gerückt war und dort Max Kruse ersetzt hatte. Als der Ball zum zweiten Mal im Netz zappelte, brach es auch aus Trainer Holger Stanislawski heraus. Der Coach sprang in die Luft und rannte anschließend einige Meter aufs Feld.

Kaum noch zu halten war sein Team spätestens in der zweiten Halbzeit, als St. Pauli die bemitleidenswerten Koblenzer mit weiteren Toren von Takyi, Marius Ebbers, Rouwen Hennings und Mathias Lehmann, der doch noch einen Elfmeter verwandelte, dann förmlich aus dem Stadion schoss. Nach dem 5:1 im Hinspiel, nun ein 6:1, weil Pourie zum Ärger von Torhüter Mathias Hain noch den Ehrentreffer erzielte. Die Fans feierten den vierten Heimsieg in Folge auf ihre Weise, skandierten "Aufhören, aufhören" und "Stani raus". Nebenan auf dem Heiligengeistfeld liefen die Vorbereitungen für den Marathon am Sonntag auf Hochtouren, St. Pauli darf sich auf einen ebensolchen freuen - einen Feier-Marathon, zu dem nur noch wenige Schritte fehlen.

St. Pauli: Hain - Rothenbach (72. Lechner), Morena, Thorandt, Oczipka - Boll, Lehmann - Bruns (67. Kruse), Takyi, Naki (63. Hennings) - Ebbers.

Koblenz: Paucken - Rozic-Mavric, Hartmann, Lense, Wiblishauser - Everson - Krontiris (84. Bender), Glockner (64. Geißler) - Dzaka (64. Stieber) - Kapllani, Pourie.

Tore: 1:0 Takyi (42.), 2:0 Naki (44.), 3:0 Takyi (58.), 4:0 Ebbers (59.), 5:0 Hennings (69.), 6:0 Lehmann (74./FE), 6:1 Pourie (75.). SR.: Stark (Ergolding). Zuschauer: 19 686. Gelbe Karten: Naki.