Hamburg. Nachfolger von Jonas Boldt will den Club atmosphärisch ähnlich führen wie sein Vorgänger. Hauptunterschied: Im Sport soll Erfolg her.

Acht Jahre ist es her, da saß Stefan Kuntz in einem Berliner Hotel und sagte einen wichtigen und nichtigen Satz zugleich: „Sag niemals nie.“ Kuntz war kurz zuvor als U-21-Nationaltrainer vom DFB verpflichtet worden, nachdem er nur wenig Monate davor in Kaiserslautern entlassen worden war. Als Vorstand. Und die Frage in der Hotellobby an den Trainer Kuntz lautete: „War es das nun mit seiner Managerkarriere?“

Sag niemals nie. Am Montagabend gab nun der Ex-Trainer Kuntz dem Aufsichtsrat des HSV seine Zusage, am Volkspark einzusteigen – als Sportvorstand. Vorgänger Jonas Boldt wurde am Dienstagmorgen persönlich von Aufsichtsratschef Michael Papenfuß über seine Beurlaubung informiert. Es ist das, was man im Boulevard gerne als „Boss-Beben“ bezeichnet.

Boss-Beben: Stefan Kuntz löst Jonas Boldt ab

Fünf Jahre lang hat der zwei Meter lange Boldt den HSV als Sportvorstand geführt. Mal von oben herab, mal wie ein Fels in der Brandung. Mannschaft und Mitarbeiter schätzten den Manager dafür, dass er ein Gemeinschaftsgefühl auf der Geschäftsstelle kreierte, das man in den vergangenen Jahren oft vergeblich beim Krisenclub gesucht hat. Externe kritisierten den 42-Jährigen dagegen, dass er arrogant und selbstherrlich auftreten würde. Am Ende stolperte der baumlange Vorstand über etwas ganz anderes: über den Fußball.

Denn Fußball ist bekanntlich ein Ergebnissport. Und wer fünfmal in Folge den Aufstieg verpasst und damit die Zielsetzung nicht erfüllt, der dürfte sich im Leistungssport nicht darüber wundern, wenn der Daumen der Verantwortlichen gesenkt wird. Da hilft auch die positive Gesamtentwicklung des Vereins nicht weiter.

Autor Kai Schiller ist stellvertretender Sportchef beim Abendblatt.
Autor Kai Schiller ist stellvertretender Sportchef beim Abendblatt. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Dabei ist es fast schon kurios, dass einer der Hauptgründe für Stefan Kuntz als Boldt-Nachfolger ist, dass er diese Gesamtentwicklung weiter vorantreiben soll. Während Kandidaten wie Felix Magath oder Jörg Schmadtke den HSV dem Vernehmen nach einmal komplett auf links drehten wollten, soll Kuntz nur in einem Bereich wirklich Optimierungsbedarf ausgemacht haben – im Sport.

Stimmt es, was man aus den Gesprächen am vergangenen Donnerstag im Hotel Grand Elysée erfahren hat, dann soll der Ex-Trainer und Ex-Manager und Jetzt-doch-wieder-Funktionär Kuntz bei seiner Präsentation besonders die sportliche Saison des HSV bis ins letzte Detail analysiert haben. Dabei muss der Neu-Vorstand bereits in den kommenden Tagen eine erste große und wichtige Grundsatzentscheidung treffen: Darf Trainer Steffen Baumgart bleiben?

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Es gehört zu den Kuriositäten des Geschäfts Fußball, dass gar nicht viel gefehlt hätte, damit Kuntz bereits im vergangenen Winter zum HSV gewechselt wäre. Nicht als Vorstand. Sondern als Trainer. Statt Baumgart. Ausgesucht von Jonas Boldt. Wer weiß, wie die Geschichte für alle Beteiligten ausgegangen wäre, wenn ausgerechnet Boldt sich damals schon für Kuntz statt Baumgart entschieden hätte.

Vorstand: Kuntz hat schon eine Karriere als Manager hinter sich

Doch Fußball wird bekanntlich nicht im Konjunktiv gespielt. Nun muss Stefan Kuntz beweisen, dass er nach einer wechselhaften Trainerkarriere (beim KSC, in Mannheim und in Ahlen) und einer geglückten Trainerkarriere (beim DFB) auch einer mäßigen Managerkarriere (in Bochum und Kaiserslautern) erneut eine sehr erfolgreiche Managerkarriere folgen lassen kann.

Die Trainerkarriere des 61-Jährigen dürfte dagegen endgültig vorbei sein. Oder doch nicht? Auf diese Frage gibt es eigentlich nur eine Antwort: Sag niemals nie.