Hamburg. Das Kontrollgremium entscheidet in dieser Woche über die Boldt-Zukunft. Doch wer sind diese Räte eigentlich? Gerüchte um Salihamidzic.

Vor wenigen Tagen unternahm Eugen Block einen weiteren Versuch. Der Hamburger Großgastronom (Block House, Jim Block) und Hotelier (Grand Elysée) telefonierte mit Klaus-Michael Kühne. Es ging mal wieder um den Lieblingsverein der beiden Hamburger Unternehmer, den HSV.

Block (83) und Kühne (86) eint der große Wunsch, Felix Magath beim HSV in einer Führungsposition zu sehen. „Ich habe Herr Kühne geraten, dass er bei der Verpflichtung eines zu teuren Spielers nach der Verpflichtung von Felix Magath den HSV unterstützen könnte. Herr Kühne selbst meinte, sich voll demokratisch zurückhalten zu wollen“, schrieb Block in einer Mitteilung an das Abendblatt. Handschriftlich.

Außenstehende könnten davon ausgehen, dass sich der Wunsch der beiden Geschäftsleute unkompliziert umsetzen ließe, schließlich haben Kühne (mit Markus Frömming) und Block (mit Stephan von Bülow) im Aufsichtsrat der HSV Fußball AG jeweils eine Vertrauensperson sitzen.

Dass Frömming und von Bülow sich zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Papenfuß nach einem Erstgespräch mit Magath aber gegen diese Lösung als Nachfolger von Sportvorstand Jonas Boldt entschieden, zeigt zumindest, dass sich das Gremium in einem eigenständigen Prozess befindet.

Was der HSV-Aufsichtsrat von Boldt erwartet

Dieser Prozess könnte in dieser Woche eine erste Entscheidung herbeiführen, wenn der Aufsichtsrat zur großen Saisonanalyse zusammenkommt und Sportvorstand Jonas Boldt die Gründe für den erneuten Nichtaufstieg erklären muss.

Zudem wird von Boldt erwartet, dass er ein klares Konzept aufzeigt, wie der Aufstieg in der kommenden Saison endlich gelingen kann und welche Veränderungen innerhalb des HSV-Organismus dafür notwendig sind. Anschließend wird der Aufsichtsrat die Entscheidung treffen, ob es mit Boldt einen sechsten Anlauf geben wird, oder ob der 42-Jährige trotz Vertrags bis 2025 nach fünf Jahren gehen muss.

Doch wer sind eigentlich diese sechs Personen, die über die Zukunft des Clubs entscheiden? Neben Papenfuß (69), Frömming (43) und von Bülow (66) komplettieren Hans-Walter Peters (69), Lena Schrum (33) und Henrik Köncke (33) das Gremium, das in den vergangenen Jahren in erster Linie von Präsident Marcell Jansen zusammengestellt wurde.

Weil sich Jansen aber zunehmend den Unmut des gesamten Aufsichtsrats zugezogen hatte, trat er im Januar auf internen Druck aus dem Gremium zurück. Den Vorsitz hatte Jansen bereits vor einem Jahr an Vizepräsident Papenfuß abgegeben.

Bierhoff war auch als Aufsichtsrat im Gespräch

Durch Jansens Rückzug ist Frömming nun das dienstälteste Mitglied im Aufsichtsrat des HSV. Seit ziemlich genau fünf Jahren ist der Marketingunternehmer, der die Firma brands alive leitet, als Vertreter von Investor Kühne dabei und gilt nicht nur bedingt durch seine Amtszeit als eine der treibenden Kräfte.

Im Strategieausschuss war er lange Zeit mitverantwortlich dafür, dass der Club auch mit Kühnes Hilfe seine Schulden abbauen konnte. Frömming ist als Stellvertreter von Papenfuß jetzt Teil des Personalausschusses und auch für die Gespräche mit potenziellen Nachfolgern von Boldt verantwortlich. Er soll es auch gewesen sein, der mehrfach den Kontakt zu Oliver Bierhoff herstellte, um den es zuletzt Spekulationen gab.

Am Dienstag bestätigte Bierhoff beim Kongress „Performance under pressure“ der TSG Hoffenheim allerdings, dass er aktuell andere Pläne habe und nach 18 Jahren beim Deutschen Fußball-Bund noch nicht wieder in eine Sieben-Tage-Woche gehen will. „Zum aktuellen Zeitpunkt ist der HSV für mich kein Thema“, sagte Bierhoff im Gespräch mit Michael Steinbrecher.

Der langjährige Manager der Nationalmannschaft, der einst selbst für den HSV stürmte, soll nicht nur als Vorstand diskutiert worden sein, sondern auch als neues Mitglied für den Aufsichtsrat. Denn dort fehlt es spätestens seit dem Rückzug von Jansen an sportlicher Kompetenz. Zudem ist ein Posten noch zu vergeben, damit das Gremium wieder auf sieben Mitglieder kommt. Doch für Bierhoff, der in München lebt und dort gerade erst eine eigene Firma gegründet hat, kommt eine Rückkehr zum HSV derzeit nicht infrage.

Jansen wollte Schrum und Peters ersetzen

Sportliche Kompetenz bringt aktuell am ehesten noch die ehemalige Bundesliga-Fußballerin Lena Schrum mit. Die Unternehmerin ist im Aufsichtsrat aber vor allem für das Thema Nachhaltigkeit zuständig. Jansen holte sie im November 2021 in den Aufsichtsrat, wollte sie aber ein Jahr später durch den HanseMerkur-Vorstand Eric Bussert ersetzen. Schrum hatte sich intern früh gegen den umstrittenen Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld ausgesprochen, den Jansen lange verteidigt hatte. Erst auf Druck der Investoren bekam sie im Mai 2023 ein erneutes Mandat im Aufsichtsrat. Schrum hält sich weitestgehend im Hintergrund und definiert ihre Rolle als unabhängig.

Auch den Banker Hans-Walter Peters wollte Jansen zwischenzeitlich ersetzen, stieß bei diesem Vorhaben aber auf den Widerstand von Kühne. Peters hatte durch sein Wirken in der Hamburger Wirtschaft schon vor seiner HSV-Zeit eine enge Verbindung zu Kühne. Er gilt gegenüber Boldt mittlerweile als besonders kritisch eingestellt. Im Aufsichtsrat wird er vor allem durch seine Kontakte zu Banken und in die Wirtschaft geschätzt.

Eine besondere Rolle nimmt seit einem Jahr Henrik Köncke ein. Der Abteilungsleiter für Inlandsexporte bei Hapag-Lloyd ist nach vielen Jahren der erste Fanvertreter im Aufsichtsrat. Köncke war nicht nur Amateurfußballer, sondern mehrere Jahre Vorsänger der Ultras. Er hat dazu beigetragen, dass die Fanszene des HSV auch bei vereinspolitischen Themen viel Gehör findet. Durch seine detaillierte Vorbereitung vor Sitzungen hat er sich bei den anderen Räten schnell Eindruck verschafft.

Auch Salihamidzic ein HSV-Kandidat

Dieses Sextett steht nun in einer Phase, in der sich der HSV mal wieder am Scheideweg befindet, vor einer richtungweisenden Entscheidung. Der Prozess des Gremiums ist seit Wochen vorbereitet. Tiefergehende Gespräche mit möglichen Nachfolgern von Boldt, zu denen auch der ehemalige Bayern-Vorstand Hasan Salihamidzic gehören soll, wird es erst nach der Entscheidung über den aktuellen Sportvorstand geben.

Vor der Abstimmung über Boldt, der sich bis Mittwoch beim Cas-Prozess um Mario Vuskovic in Lausanne aufhielt, ist nur eines klar: Abschreiben sollte man den Manager noch nicht.