Hamburg. Der HSV-Trainer kehrt erstmals nach Paderborn zurück, wo er zwei Aufstiege feierte. Ex-SCP-Kapitän beschreibt Baumgart.

Es ist der vorletzte Spieltag der Zweitligasaison. SC Paderborn gegen den HSV. Für die Hamburger ist es die letzte Chance auf den Aufstieg. Trainer Steffen Baumgart peitscht seine Mannschaft an der Seitenlinie nach vorne. Am Ende gewinnt Paderborn mit 4:1 und steigt eine Woche später in die Bundesliga auf. Für den HSV sind dagegen alle Aufstiegsträume ausgeträumt. Am letzten Spieltag geht es um nichts mehr. So war das damals am 12. Mai 2019.

Fünf Jahre später, es ist der 10. Mai 2024, spielt der HSV wieder am vorletzten Spieltag in Paderborn (18.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de). Es ist wieder die letzte Chance, mit einem Sieg noch um den Aufstieg mitzuspielen. Und wieder wird Steffen Baumgart seine Mannschaft nach vorne peitschen. Diesmal aber als Trainer des HSV. Erstmals kehrt der Aufstiegsheld des SC Paderborn am Freitagabend als Chefcoach an seine alte Wirkungsstätte zurück, wo er einst das Wunder vollbrachte, den SCP innerhalb von zwei Jahren vom Abstieg in die Vierte Liga in die Bundesliga zu führen.

Baumgart spricht über Rückkehr nach Paderborn

Für Baumgart wird es daher eine besonders emotionale Rückkehr. „Paderborn ist für mich die wichtigste Station, die ich bisher hatte“, sagte der Trainer, der 2021 zum 1. FC Köln ging und seit Februar 2024 nun beim HSV arbeitet. „Paderborn war meine erste wirkliche Chance. Ich hatte vier wunderbare Jahre. Paderborn wird immer in meinem Herzen bleiben. Das weiß auch jeder“, sagte Baumgart.

Einer, der das ganz sicher weiß, ist Matthias Reichstein. Der Journalist vom „Westfalen-Blatt“ begleitet den SC Paderborn seit 25 Jahren und hat Baumgart in dessen vier Jahren hautnah beobachtet. „Die Fans hier lieben Baumgart. Alle freuen sich auf ihn. So einen Durchmarsch hat hier noch keiner geschafft“, sagt Reichstein im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“. Reichstein war bereits 2014 dabei, als Paderborn mit Trainer André Breitenreiter das erste Mal in die Bundesliga aufstieg. Rund um das Spiel gegen den HSV feiert Paderborn am Freitagabend das zehnjährige Aufstiegsjubiläum. Aber auch der Aufstieg unter Baumgart fünf Jahre später ist unvergessen.

Was Baumgart nach dem Abstieg in der Kabine sagte

Reichstein erinnert sich noch gut an den 20. Mai 2017, als Paderborn am letzten Spieltag der Dritten Liga durch ein 0:0 beim VfL Osnabrück in die Regionalliga abstieg. Baumgart hatte in den letzten fünf Spielen als neuer Trainer noch elf Punkte geholt, doch es reichte nicht mehr. „Er hat sich direkt in die Kabine gestellt und gesagt: Ich mache weiter, es ist auch mein Abstieg, und ich gehe mit euch in die Regionalliga“, erzählt Reichstein.

Weil dem TSV 1860 München aber die Lizenz entzogen wurde, blieb Paderborn doch noch in der Liga. Baumgart und Manager Markus Krösche, heute bei Eintracht Frankfurt, bauten eine neue Mannschaft auf um den heutigen HSV-Kapitän Sebastian Schonlau. Ein Jahr später kam nach dem ersten Aufstieg noch Uwe Hünemeier aus England zurück. Schonlau, Hünemeier und Baumgart schafften den direkten Durchmarsch in die Bundesliga.

Baumgart und Krösche bauten eine neue Mannschaft auf

„Baumi hat von Anfang den Traum gehabt, dass wir es schaffen können“, sagt Hünemeier am Tag vor Baumgarts Rückkehr im Gespräch mit dem Abendblatt. Der 38-Jährige wird als Co-Trainer von Baumgarts Nachfolger Lukas Kwasniok am Freitagabend in der ausverkauften Paderborner Home-Deluxe-Arena dabei sein und freut sich auf das Wiedersehen mit seinem Ex-Trainer. „Es war eine geile Saison“, sagt Hünemeier über sein Jahr unter Baumgart. „Viele Spieler haben von ihm profitiert und sind in dem Jahr aufgeblüht“, sagt er.

Insbesondere die Art der Mannschaftsführung ist Hünemeier im Gedächtnis geblieben. „Er kann die Jungs packen. Seine Art, wie er den Fußball lebt, ist total cool, auch wenn sie nicht jedermanns Sache ist“, sagt Hünemeier. Der ehemalige Paderborner Kapitän meint damit vor allem das ständige Einfordern von Leistung und Konzentration im Training. „Wenn er das Gefühl hatte, das jemand nachlässt, ist er sofort da. Er steht den Spielern immer auf den Füßen, weiß aber auch, wann er jemanden in den Arm nehmen muss“, sagt Hünemeier.

Corona-Zeit hat Baumgart hart getroffen

2021 verabschiedete sich Baumgart dann nach dem Ende seines Vertrags nach Köln. Ein echter Abschied wurde es wegen der Corona-Einschränkungen und den Geisterspielen aber nicht. „Die Corona-Zeit hat Baumgart sehr getroffen. Er braucht die Zuschauer. Er konnte sich gar nicht so richtig von den Fans verabschieden“, sagte SCP-Reporter Reichstein.

Das kann Baumgart an diesem Freitag nachholen. Wobei es für ihn primär nur darum geht, dass der HSV sich nicht wie vor fünf Jahren in Paderborn vorzeitig aus dem Aufstiegskampf verabschiedet. „Wenn wir nicht gewinnen, sind wir raus. Wenn wir gewinnen, haben wir noch eine Chance“, fasste es Baumgart vor dem Spiel so einfach wie treffend zusammen.

Verzichten muss Baumgart dabei neben Immanuel Pherai voraussichtlich auch auf Innenverteidiger Dennis Hadzikadunic, der wegen einer Erkältung am Donnerstag nicht mit der Mannschaft trainieren konnte. Stephan Ambrosius könnte ihn ersetzen und an der Seite von Schonlau verteidigen, der ebenfalls nach Paderborn zurückkehrt und sich bestimmt wieder an das Aufstiegsmärchen von 2019 unter Baumgart erinnern wird.

„Steffen hat uns damals früh klargemacht, dass er absolut von diesem Ziel überzeugt ist und hat das auch eindrucksvoll untermauert. Dazu kam eine sehr gute Teamdynamik, die durch Steffens positive und aktive Art ins Rollen kam. Es hat einfach gepasst“, sagte Schonlau kürzlich im Interview mit dem Abendblatt.

Am Freitagabend geht es für Schonlau und Baumgart aber nur um ein Ziel: Die Chancen auf einen erneuten Aufstieg, diesmal mit dem HSV, mit einem Sieg am Leben zu halten.

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