Hamburg. HSV feiert emotionalen Derbysieg gegen den FC St. Pauli. Aufstiegschancen dennoch gesunken. Schon vor dem Spiel kam es zu Ärger.
Es war ein packender Fight, den sich der HSV und der FC St. Pauli am Freitagabend lieferten. Die Protagonisten gingen in den Nahkampf, der mit einem leichten Punktsieg für den HSV zu Ende ging. 20 Minuten vor dem Anpfiff des 111. Stadtderbys hatte es auf dem Rasen eine Rudelbildung gegeben, weil St. Paulis Spieler beim Warmmachen die Hälfte des HSV betraten. Auch Sportvorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Claus Costa mischten mit.
Zwei Stunden später hatte der HSV dann auch den richtigen Derbysieg eingetütet. Durch ein spätes Tor von Robert Glatzel (85.) gewannen die Hamburger aus dem Volkspark gegen die Hamburger vom Millerntor mit 1:0 und dürfen weiterhin auf Tabellenplatz drei hoffen. „Es ist ein geiles Gefühl, dass wir unseren Fans und der Stadt gezeigt haben, dass wir nicht klein beigeben“, sagte Glatzel, der später auch das Partykommando übernahm. „Heute müssen wir unterwegs sein. Ich werde in der ersten Reihe dabei sein.“
HSV News: Düsseldorf-Sieg lässt Aufstiegschancen schrumpfen
Weil Düsseldorf im Parallelspiel mit 3:1 gegen den 1. FC Nürnberg gewann, hat der HSV nun zwei Spieltage vor Schluss weiterhin vier Punkte Rückstand auf die Fortuna und die mit 13 Treffern schlechtere Tordifferenz. Es ist also noch alles möglich. Zudem konnte das Schreckensszenario, ein Aufstieg des FC St. Pauli im Stadion des HSV, verhindert werden.
Der Abend fing nicht nur bei der Rudelbildung vor dem Spiel mit einem leidenschaftlichen HSV an. Wären die Hamburger im Laufe der Saison häufiger mit dieser Energie in die Spiele gegangen, würden sie jetzt womöglich da stehen, wo der FC St. Pauli steht: Auf Platz eins der Zweiten Liga.
„Festung Volkspark“ stand auf einem riesigen Banner über der gesamten Nordtribüne. Es war mal wieder eine beeindruckende Choreographie der HSV-Fans, die für eine würdige Atmosphäre an diesem besonderen Abend sorgte.
Beide Teams schenkten sich nichts
Auch auf dem Platz war der HSV von Beginn an gewillt, die Festung Volkspark mit seinem Fußball zu zementieren. Die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart setzte St. Pauli früh unter Druck, lief hoch an und hätte nach einer halben Stunde eigentlich führen müssen. Für drei Sekunden führte der HSV auch mit 1:0 durch ein Tor von Robert Glatzel, der sich nach einem tiefen Pass von Immanuel Pherai gegen Manolis Saliakas durchsetzte und den Ball über St. Paulis Torhüter Nikola Vasilj über die Linie lupfte (24.).
Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck entschied allerdings sofort auf Foulspiel, weil Saliakas nach einem Kontakt mit Glatzel ins Stolpern geraten war. Allerdings wirkte es eher so, als ob Saliakas sich selbst bei Glatzel eingehakt hatte. Video-Assistent Benjamin Brand sah trotzdem keinen Anlass, die Entscheidung zu korrigieren. Jöllenbeck hätte sich die Szene aber zumindest selbst anschauen sollen. Glück für St. Pauli.
Große Doppelchance für den HSV in Halbzeit eins
Schon vier Minuten zuvor lag die HSV-Führung in der Luft, als Glatzel und Ransford Königsdörffer bei einer Doppelchance an Karol Mets sowie Vasilj scheiterten. Jonas Meffert hatte den Ball im Strafraum erobert. Pherai (8.) mit einem Volleyschuss aus 20 Metern sowie Königsdörffer mit einem Schuss an den Außenpfosten (36.) nach Pherai-Flanke hatten weitere gute Möglichkeiten.
In der zweiten Halbzeit tat sich der HSV dann deutlich schwerer, zu Chancen zu kommen. St. Pauli verteidigte so stark wie schon in der ganzen Saison. Trotzdem gab es erneut einen Torschrei unter den 56.000 Zuschauern im ausverkauften Volksparkstadion. Ein Kopfball von Königsdörffer flog an Freund und Feind vorbei und über die Schulter von Lukasz Poreba ins Netz (54.). Stadionsprecher Christian Stübinger verkündete bereits die Führung, doch so richtig jubeln wollte beim HSV noch keiner. Aus gutem Grund. Poreba hatte Vasilj klar mit dem Arm an der Schulter blockiert. Jöllenbeck schaute sich die Szene am Bildschirm an und nahm das Tor zurück. Diesmal lag er damit völlig richtig.
Baumgart musste auf Jatta verzichten
Der HSV wollte weiterhin den Derbysieg, aber ohne den kurzfristig ausgefallenen Bakery Jatta hatte Baumgart auf der Bank kaum noch Optionen, um noch einmal eine Schlussoffensive zu zünden. Kurz vor Schluss war es dann aber doch noch so weit. Nach einer Ecke von Miro Muheim köpfte Glatzel nach einem Torwartfehler von Vasilj das 1:0 (85.). Und diesmal zählte es.
In der Nachspielzeit hätte der HSV sogar noch das 2:0 machen müssen, doch Ludovit Reis scheiterte mit einem am eingewechselten Masaya Okugawa verursachten Foulelfmeter. Wenig später war die inoffizielle Stadtmeisterschaft gewonnen. „Die Stadt gehört uns“, sangen die HSV-Fans nach dem Schlusspfiff und präsentierten die Botschaft auf einem Banner. Es sollte der dritte Derbysieg in Folge im Volksparkstadion sein.
- Jatta, Sonny, 10:1: Kuriose Geschichten zum 111. Stadtderby
- Was Sky-Experte Mattuschka am FC St. Pauli imponiert
- Fingernägel, Bunker-DJ, Gratisbier: Irvine über sein Kiezleben
Für den HSV geht es jetzt darum, in den verbleibenden zwei Spielen in Paderborn und gegen Nürnberg mit aller Macht weitere Siege einzufahren, um die Restchance auf die Relegation zu wahren. Baumgart bat nach dem Spiel um weitere Geduld. „Lasst mich in Ruhe arbeiten, gebt mir Zeit“, sagte Baumgart.
Auch für Sportvorstand Jonas Boldt war es ein wichtiger Sieg. Bleibt er auch in der kommenden Saison beim HSV? Darüber muss jetzt der Aufsichtsrat entscheiden. Die Ultras haben jedenfalls eine klare Meinung: „Identität und Konstanz statt große Namen und einfache Lösungen. Strippenzieher entmachten“, stand auf einem Banner mit einem Gruß an Investor Klaus-Michael Kühne und dessen Wunschlösung Felix Magath.