Hamburg. 105 Jahre nach dem ersten Pflichtspiel treffen sich der HSV und der FC St. Pauli zu einem besonderen Spiel. Das zeigen diese Zahlen.

Es war der 7. Dezember 1919, als die Hamburger Rivalen erstmals die Klingen kreuzen. Zum „Heimspiel“ in der „Hamburger Liga“ erscheint der „Hamburg-St. Pauli Turnverein“, wie er damals noch heißt, mit dezimierter Riege von acht Mann. Fünf Minuten nach dem Anstoß taucht am Rothenbaum-Sportplatz verspätet noch der neunte auf. Er hat allerdings keine Vereinstracht dabei, sodass ihm vom HSV noch ein Hemd aus Germanias Zeiten zur Verfügung gestellt werden muss. Trotzdem verliert St. Pauli gegen den HSV mit 0:9.

105 Jahre später treffen sich die Dauerrivalen am Freitagabend zum 111. Hamburger Pflichtspielderby (plus 32 Freundschaftsspiele). Es könnte vorerst das letzte sein, sollte St. Pauli den Aufstieg schaffen und der HSV nicht. Geschichten gab es in den Duellen der Hamburger und Nordmeisterschaft, der Oberliga Nord, dem Tschammer-Pokal oder der ersten und zweiten Bundesliga einige. Zehn Zahlenspiele.


1

In die lange Liste der seit 1971 vergebenen Auszeichnung „Tor des Monats“ schaffte es auch ein Derbytreffer. Am 23. März 1989 erzielte St. Paulis Rüdiger „Sonny“ Wenzel das wohl schönste Tor der Derby-Geschichte. Nach zwei Minuten spitzelte er eine Flanke von Egon Flad aus zwölf Metern volley mit der Hacke in den rechten Winkel. Das Spiel verlor St. Pauli im Volkspark zwar mit 1:2, die Medaille für das Tor des Monats März war dem Stürmer aber sicher.


31

Ständiger Stender: Wenn es gegen den HSV zwischen 1946 und 1960 um Punkte und Pokale ging, fehlte St. Paulis Harald Stender fast nie. 31 Derbys spielte der Läufer. Für den HSV war Horst Schnoor am häufigsten im Einsatz. 23-mal hütete der Torwart den Derby-Kasten (1952–1963) und ging dabei 16-mal als Sieger vom Platz – Rekord.


10:1

„Junge, Junge, das war eine lustige Schießerei am Millerntor”, notierte der Hamburger Anzeiger im März 1940 nach dem 10:1-Kantersieg des HSV. „Wie müde gehetzte Hunde keuchten die Spieler in den braunen Trikots in der zweiten Halbzeit über den Platz.“ Im achtfachen Torschützen Edmund Adamkiewicz hat der HSV dabei „(…) einen Vollstrecker, wie ihn sich jeder Fußballlehrer nicht vollkommener vorstellen kann. (…) Viermal köpfte er den Ball ins Tor, vier Treffer setzte er durch kraftvolle Schüsse ins Netz.“ Ein vermutlich für immer unerreichter Derby-Rekord!


58.000

Nach fast neunjähriger Pause führt das DFB-Pokal-Los die Vereine 1986 wieder zu einem Pflichtspiel zusammen. Im Achtelfinale weist der HSV den Zweitligisten mit 6:0 in die Schranken. Für die Rothosen ist es die dritte von sechs Hürden auf dem Weg zum Pokalsieg. 58.000 Zuschauer im Volkspark – bis heute die größte Derby-Kulisse.


15

Heimspiel in der Fremde: Im Laufe des Derby-Jahrhunderts trug St. Pauli – aus finanziellen Erwägungen oder wegen Unbespielbarkeit des eigenen Platzes – 15-mal sein Heimspiel gegen den HSV in dessen Stadion aus. Das Volksparkstadion ist am Freitag zum 26. Mal Schauplatz eines Pflichtspiel-Derbys. Die bisherige Spielort-Statistik: 1: Rothenbaum, 46-mal (1919 - 1972) 2. Millerntor, 36-mal (1922 - 2023), 3. Altonaer Stadion/Volksparkstadion, 25-mal (1949/1960 - 2023), 4. Victoria-Platz, Hoheluft, 3-mal (1943–1948).


1923

0:9, 0:7, 0:4, 0:4 – viel zu ernten gibt es für St. Pauli in den ersten Derbys nicht. Auch in Duell Nr. 5 im März 1923 steht es kurz vor Schluss 0:5, als endlich der erste Treffer für St. Pauli fällt. Allerdings unter „sehr gütiger“ und absichtlicher Schützenhilfe. HSV-Verteidiger Albert Beier nimmt einen von Torwart Hans Martens zugespielten Ball an und schießt ihn überlegt ins eigene Netz. Beier sorgt damit im letzten Saisonspiel für einen harmonischen Abschluss.


7

Zum Stadtrivalen wechseln? Absolut tabu! Macht man nicht. Eigentlich ... Und doch gab es sie. Von Boller bis Holler. Sieben Spieler bestritten Stadtderbys auf beiden Seiten: Alfred Boller (1946– 48 HSV, 1949–53 St. Pauli), Rolf Börner (1946–50 St. Pauli, 1951–55 HSV), Reinhold Ertel (1951 HSV, 1952–53 St. Pauli), Karl-Heinz Liese (1949 St. Pauli, 1950– 56 HSV), Emil Schildt (1955 HSV, 1956– 1961 St. Pauli), Klaus Winkler (1972 HSV, 1978 St. Pauli), Bernd Hollerbach (1991 St. Pauli, 1996–2002 HSV).


2944

Das bisher letzte Bundesligaduell war ursprünglich für den 6. Februar 2011 angesetzt. Nach sintflutartigen Regenfällen fällt die Partie buchstäblich ins Wasser. Erst zehn Tage später, ein Mittwochabend, kann gespielt werden. Nach 59 Minuten köpft Gerald Asamoah das Tor des Tages und stürzt die Braun-Weißen unter den 57.000 ins Delirium. Wie so oft: Auf den Rausch folgt der Kater. Dass St. Pauli nach diesem Triumph als Tabellenletzter in die 2. Liga rauscht? Egal! Die Fans feiern sich als „Stadtmeister“ – und das 2944 Tage lang. Erst am 10. März 2019 holt sich der HSV durch den 4:0-Sieg am Millerntor den inoffiziellen Titel zurück.


30

Angesichts einiger HSV-Schützenfeste kein Wunder: In den Top Ten der Derby-Torjäger finden sich ausnahmslos Rautenträger: 1. Otto „Tull“ Harder (30 Tore, 1919–1930) 2. Uwe Seeler (21, 1954 –1963), 3. Rudi Noack (20, 1931–1944). Bemerkenswert: Edeltechniker Noack traf in jedem seiner zwölf Derby-Einsätze mindestens einmal.


9

Einen besonderen Platz in der Geschichte des Hamburger Stadtderbys hat Bakery Jatta bereits sicher. Gleich zweimal wurde er mit seinen Toren 2022 und 2023 zum Derbyhelden für den HSV. Kommt er am Freitagabend zum Einsatz, würde er zudem einen Rekord einstellen. Es wäre dann sein neuntes Stadtderby. Das schaffte in der Bundesligageschichte seit 1963 nur Richard Golz. Ob Jatta irgendwann mit seinem zehnten Einsatz den alleinigen Rekord aufstellt, werden die nächsten Jahre zeigen...