Braunschweig/Hamburg. Nach dem 4:0 in Braunschweig hat der HSV noch eine Chance, ist aber auf Hilfe angewiesen. Kuriose Situation vor dem Stadtderby.
Robert Glatzel ist ein Glücksbringer. Zumindest immer dann, wenn es für den HSV nach Braunschweig geht. Zum dritten Mal spielte der Stürmer mit den Hamburgern am Wochenende bei der Eintracht. Immer gewann der HSV. Und immer traf Glatzel ins Glück. So auch am Sonnabend, als der 30-Jährige seinen dritten Doppelpack gegen die Niedersachsen erzielte. Ganz glücklich war Glatzel nach dem 4:0-Auswärtssieg seines HSV aber trotzdem nicht. „Wir haben es weiterhin nicht in der eigenen Hand“, sagte der Hamburger Torjäger am Tag danach.
Das Schicksal des HSV, das weiß auch Glatzel, liegt in den Händen von Fortuna. In der römischen Mythologie ist das die Glücks- und Schicksalsgöttin. Viel Glück werden die Hamburger brauchen, wenn sie am Ende der Saison doch noch Relegationsplatz drei erreichen wollen. Genauer gesagt braucht der HSV dafür die Unterstützung der anderen Fortuna. Der aus Düsseldorf.
Thioune muss dem HSV mit Patzern helfen
Nur wenn die Mannschaft von Ex-HSV-Trainer Daniel Thioune in den verbleibenden drei Saisonspielen gegen Nürnberg, bei Holstein Kiel und gegen Magdeburg weniger als fünf Punkte holt, hat der HSV noch eine Chance auf den Aufstieg. Gleichzeitig müssen die Hamburger ihre letzten drei Saisonspiele gegen den FC St. Pauli, beim SC Paderborn und gegen den 1. FC Nürnberg gewinnen, um das Glück namens Relegation noch auf ihre Seite zu ziehen.
Wenn der HSV so spielt wie am Sonnabend an der Hamburger Straße, könnte es zumindest noch mit drei eigenen Siegen klappen. Trainer Steffen Baumgart schaffte mit seiner Mannschaft den höchsten Saisonsieg, der von Beginn an nie wirklich in Gefahr geriet. Erst recht nicht, nachdem Schiedsrichter Daniel Siebert den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer von Johan Gomez wegen eines Fouls von Fabio Kaufmann an HSV-Torhüter Matheo Raab annullierte. „Wir sind von Anfang bis Ende auf dem Gaspedal geblieben und hatten gestern vielleicht auch mal das nötige Spielglück auf unserer Seite“, sagte ein zufriedener Glatzel.
Mit Poreba und Pherai auch gegen St. Pauli?
Der Angreifer hatte die Fans bereits nach zehn Minuten das erste Mal glücklich gemacht, als er eine Kombination über Immanuel Pherai und Lukasz Poreba abschloss. Pherai und Poreba, der zwei Tore vorbereitete, spielten das erste Mal zusammen in der HSV-Zentrale und werden das wohl auch am Freitag gegen den FC St. Pauli tun, da Laszlo Benes und Ignace Van der Brempt (beide muskuläre Probleme) auch am Sonntag nur individuell trainieren konnten.
Glatzel sollte es dagegen bis zum Stadtderby am Freitag wieder schaffen. In Braunschweig stand sein Einsatz allerdings auf der Kippe, da er in der Nacht vor dem Spiel aufgrund von Magenschmerzen schlecht geschlafen hatte. „Ich wollte aber unbedingt spielen. Die medizinische Abteilung hat mir sehr geholfen. Aber mehr als 60 Minuten waren nicht drin. Ich war dann schon ziemlich platt“, sagte Glatzel.
Bis dahin hatte er aber bereits selbst dafür gesorgt, dass der HSV noch einmal auf drei Schicksalsspiele hoffen darf. Sein zweites Tor per Brust nach Flanke von Ransford Königsdörffer (22.) war sein 18. Saisontor und gleichbedeutend ein neuer Vereinsrekord. Dreimal in Folge 18 Tore in einer Saison zu erzielen, war vor ihm noch keinem HSV-Spieler im Profifußball gelungen.
Ob in der kommenden Saison ein viertes Mal 18 Tore hinzukommen, ist aktuell allerdings noch unklar. Glatzel besitzt zwar wie in den vergangenen zwei Jahren eine Ausstiegsklausel (2,3 Millionen Euro). Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass er sich auch im Falle des Klassenverbleibs wieder für den HSV entscheidet. Aber auch erst dann. „Das sind Themen, mit denen ich mich erst nach der Saison beschäftige. Denn diese ist ja noch nicht zu Ende“, sagte Glatzel, der neben dem Erreichen der Relegation noch zwei weitere Ziele hat. Zum einen will er sich im dritten Anlauf endlich die Torjägerkanone der Zweiten Liga sichern. Drei Treffer liegt er hinter Herthas Haris Tabakovic (21).
Feiern am Freitag beide Hamburger Clubs?
Zum anderen will Glatzel am Freitag sein drittes Stadtderby in Folge im Volksparkstadion gewinnen. Kurios: Der HSV muss hoffen, dass Düsseldorf im Parallelspiel gegen Nürnberg verliert. Das würde aber gleichzeitig bedeuten, dass St. Pauli im Volkspark den Aufstieg feiern kann, selbst bei einer Niederlage gegen den HSV.
Glatzel und seine Kollegen versuchen bereits, sich mit diesem Szenario abzufinden. „Scheißt auf St. Pauli, die Stadt gehört uns“, sangen die HSV-Fans nach dem 4:0, das Bakery Jatta (69.) und Ludovit Reis (84.) mit ihren Treffern vollendeten. „Die Fans haben ein sehr schönes Lied angestimmt. Das hat uns sehr gut gefallen“, sagte Jonas Meffert mit einem Schmunzeln Richtung Kiezclub.
- "Sehr schönes Lied" - So denkt der HSV über das Stadtderby
- Transferinsider: HSV verliert Toptalent an Werder Bremen
- Schonlaus starke Statistik, Porebas Premiere, Jattas Jubel
Der Mittelfeldmann merkte aber auch an, das der Frust nach der 0:1-Niederlage eine Woche zuvor gegen Holstein Kiel noch immer groß sei. Um die Saison und die Stimmung bei den Fans im Falle des Nichtaufstiegs noch einigermaßen zu retten, müssen Meffert und Co. am Freitag den FC St. Pauli besiegen. Der Lokalrivale hat zwar beste Chancen auf die Zweitligameisterschaft. Aber zumindest könnte sich der HSV dann für mehr als ein Jahr Stadtmeister nennen – und die Anhänger noch ein bisschen glücklich machen.