Hamburg. Der Spielmacher brach wie die ganze Mannschaft in der Rückrunde ein. Nun kommt es zur Rückkehr nach Braunschweig.

Vor einer Woche hat Immanuel Pherai eine lustige Geschichte erzählt. Der Mittelfeldspieler war zu Gast im Podcast „HSV – meine Frau“ und verriet, wie er sich in Hamburg einen Tisch im Restaurant reserviert, wenn alle Plätze ausgebucht sind. „Ich rufe dann zwei Minuten später noch mal an und sage: Hallo, hier spricht Ludovit Reis.“ Und dann klappt es mit der Reservierung plötzlich doch noch.

Der Name Pherai hat sich im Gegensatz zu seinem niederländischen Landsmann, der seit fast drei Jahren beim HSV spielt, bei den Restaurantbesitzern in Hamburg offenbar noch nicht vollständig herumgesprochen. Dabei spielt der Sommer-Neuzugang von Eintracht Braunschweig gleich in seinem ersten HSV-Jahr mit der Nummer 10 auf dem Rücken und sollte eine prägende Rolle bei dem Vorhaben spielen, den HSV zurück in die Bundesliga zu schießen. Mit neun Toren und fünf Assists hatte Pherai Braunschweig im vergangenen Jahr zum Klassenerhalt geführt. Mit entsprechend hohen Erwartungen startete der 22-Jährige beim HSV.

Pherai unter Baumgart erst mit einem Scorerpunkt

Die bisherige Saison verlief für Pherai dann aber wie ein Sinnbild für die ganze Mannschaft. Beim 5:3 gegen Schalke am ersten Spieltag machte Pherai sein bislang bestes Spiel für den HSV. Die Hinrunde verlief dann mit drei Pflichtspieltoren und zwei Vorlagen ganz passabel. Zum Rückrundenstart – wieder gegen Schalke – machte Pherai als Torschütze dann wie die gesamte Mannschaft erneut ein starkes Spiel, ehe es dann Spieltag für Spieltag bergab ging. Sowohl für den HSV, als auch für Pherai. In den acht Spielen unter Tim-Walter-Nachfolger Steffen Baumgart gelang Pherai nur noch ein Scorerpunkt.

„Manu ist ein sehr talentierter Spieler. Aber auch ein Spieler, der noch sehr viel lernen muss“, sagte Baumgart nach dem Training am Dienstag. „Er muss abwägen, was die Pässe sind, die er spielen sollte und welche nicht“, sagte Baumgart und zog einen Vergleich zu Lewis Holtby. „Der hat fünf Jahre beim HSV nicht die Rolle gespielt, die er sich vorgestellt hat. Jetzt hat er mehr Ruhe und Erfahrung und führt Kiel zum Aufstieg“, sagte Baumgart über den 33-Jährigen. Der elf Jahre jüngere Pherai habe diese Erfahrung nicht. „Manu ist noch nicht so weit, alles richtig zu machen. Aber wir sind auf einem guten Weg.“

Pherai kehrt nach Braunschweig zurück

Dieser Weg führt den Niederländer am Sonnabend (13 Uhr) zurück nach Braunschweig. Dort hatte Pherai in der vergangenen Saison seine ersten richtigen Spuren im Profifußball hinterlassen und hatte auch bei Tischreservierungen kein Probleme. Nach Jugendstationen bei AZ Alkmaar, PEC Zwolle und Borussia Dortmund wurde Pherai einer der begehrtesten Spieler der Zweiten Liga. „Wenn ich nicht auf mein Bauchgefühl gehört hätte, wäre ich jetzt in der Bundesliga“, sagte Pherai kürzlich im Podcast „Pur der HSV“. Er musste sich am Ende zwischen einem Erstligisten und dem HSV entscheiden. Und hört auf den Bauch.

Gut möglich, dass auch die Stadt Hamburg bei dieser Entscheidung eine Rolle gespielt hat. „Braunschweig ist schön, aber klein. Dann kommt man nach Hamburg und denkt, Deutschland hat doch gute Städte“, sagte Pherai mit einem lauten Lachen. „Hamburg ist eine Mischung aus Amsterdam und Rotterdam. Das sieht man nicht oft.“

Pherais Eigenvermarktung gefällt nicht jedem

Dass Pherai sein Potenzial bislang noch nicht konstant abrufen konnte, hat vermutlich auch mit der Attraktivität der Stadt und der Größe des HSV zu tun. In seiner Jugend in Amsterdam hat Pherai nach eigener Aussage nicht immer nur an Fußball gedacht, sondern auch mal Blödsinn gemacht. Heute habe er zwar verstanden, was Profifußball bedeutet. Doch die Gefahr der Ablenkung ist in Hamburg sicher größer als in Braunschweig. Schon jetzt investiert der offensive Mittelfeldmann viel Zeit in seine Eigenvermarktung, insbesondere auf Instagram. In der Mannschaft gefällt das nicht jedem.

Vor allem aber blieb Pherai sportlich in der Rückrunde genau wie die Mannschaft hinter den Erwartungen zurück. Die Spieler taten sich schwer, die Änderungen von Baumgart umzusetzen. „Die inhaltlichen Veränderungen waren größer als man denkt. Die Umsetzung braucht Zeit“, sagte Pherai.

Doch diese Zeit hatte Baumgart nicht. Der Trainer hat in den vergangenen Wochen aber auch erkannt, dass dem HSV Spieler fehlen, die in der entscheidenden Saisonphase funktionieren. Hier sieht er für den Transfersommer den wichtigsten Ansatz. Bis auf Miro Muheim und Laszlo Benes haben sich in dieser Saison keine Spieler entscheidend weiterentwickelt.

Benes als Vorbild für Pherai

Gleichzeitig zeigt das Beispiel Benes, dass Spieler beim HSV oftmals ein Jahr Anlaufzeit brauchen, um sich zu etablieren. Vor der Saison galt das niederländische Duo aus Reis und Pherai als neue Achter-Achse. Am Ende war es Benes, der sich auf dieser Position zum Topscorer des HSV entwickelte.

Wenn der Slowake den Club erwartungsgemäß im Sommer Richtung Bundesliga verlässt, könnte Pherai in der kommenden Saison beim HSV die Rolle einnehmen, die für ihn eigentlich schon in dieser Spielzeit vorgesehen war. „Ich bin nicht zufrieden, wie es bislang gelaufen ist“, sagte er zur bisherigen Saison.

Am Sonnabend will Pherai in Braunschweig zeigen, warum ihn der HSV im vergangenen Sommer für 750.000 Euro von der Eintracht gekauft hat. Weil Benes voraussichtlich erneut ausfällt, wird er wie gegen Kiel an der Seite seines Kumpels Reis im zentralen Mittelfeld spielen. Im Hinspiel in Hamburg hatte Pherai sein erstes Tor für den HSV erzielt. Nun will er in Braunschweig endlich auch sein erstes Tor unter Baumgart nachlegen.

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