Hamburg. Das HSV-Trikot dient als immer wichtigere Einnahmequelle. Nun geht es um den Ärmel – und einen lukrativen Deal ab dem Sommer.
Das kleine Stück Stoff, das plötzlich zur Millionen-Chance des HSV wird, hat gerade einmal eine Fläche von acht mal zwölf Zentimetern. Man muss schon genau hinsehen, um es an den linken Ärmeln der Trikots aufblitzen zu sehen. Dort steht es also, grün eingerahmt in roter Schrift auf weißem Untergrund: das Logo von Ärmelsponsor Popp.
480.000 Euro zahlt der Nahrungsmittelhersteller pro Saison für seinen Platz auf dem HSV-Trikot. Die Summe sortiert sich zwar ligaweit im oberen Bereich ein, schöpft aber bei Weitem nicht das gesamte Vermarktungspotenzial aus. Im Volkspark ist die Hoffnung daher groß, dass sich daran schon im Sommer etwas ändert, wenn der Vertrag mit Popp ausläuft.
Inzwischen haben sich mehrere Interessenten um einen festen Platz auf dem Ärmel des HSV beworben. Auf Nachfrage teilte der Club mit, dass Popp der erste Ansprechpartner sei, mit dem sich der Club in Gesprächen befinde, um das langjährige Sponsoring fortzuführen. Die Frage ist jedoch, ob Popp sich den Ärmel des HSV weiterhin leisten will?
HSV vor Einnahme von 1,5 Millionen?
Seit die Erst- und Zweitligisten zur Saison 2017/18 die Werbefläche selbst vermarkten dürfen, ziert Popp das Trikot des HSV. Das Unternehmen aus Kaltenkirchen (Schleswig-Holstein) hat bereits signalisiert, den auslaufenden Kontrakt verlängern zu wollen. Womöglich will sich Popp aber nur den Zweitligisten HSV leisten.
Im Volkspark kursieren unterschiedliche Zahlen für ein neues Ärmelsponsoring. Die einen hoffen selbst im Falle eines Nichtaufstiegs auf Einnahmen zwischen 700.000 Euro und einer Million Euro. Die anderen rechnen mit mehr als einer Million Euro.
Einig sind sich dagegen alle Beteiligten, dass sich ein trotz zwei Niederlagen in Serie immer noch möglicher Aufstieg in die Bundesliga nicht nur sportlich lohnen würde. Dann sollen die Einnahmen durch das Ärmelsponsoring auf 1,3 bis 1,5 Millionen Euro ansteigen, sagen die einen. Die anderen gehen sogar von weit mehr als 1,5 Millionen Euro aus. So oder so steht der HSV vor einem lukrativen Vertragsabschluss, der die aktuellen Einnahmen deutlich übertreffen wird.
Hätte der HSV mehr einnehmen können?
Bleibt die Frage, warum sich das aktuelle Ärmelsponsoring nicht schon in der Größenordnung bewegt, über die momentan verhandelt wird? Auf der Suche nach einer Antwort ist das Abendblatt auf eine skurrile Geschichte gestoßen.
Als der HSV im Juni 2022 schon einmal den auslaufenden Kontrakt mit Popp um zwei Jahre verlängerte, soll der Zweitligist unter Zugzwang gestanden haben.
Der Grund soll ein sich in die Länge gezogener Vertragspoker gewesen sein, bei dem der damalige Vorstand Thomas Wüstefeld die Firma Popp dazu bringen wollte, den grünen Rahmen ihres Logos auf den Trikots in Blau zu ändern. Schließlich ist grün die Farbe des Erzrivalen Werder Bremen.
Ärmelsponsor: Schalke und Hertha verdienen mehr als der HSV
Am Ende eines zähen Verhandlungsmarathons soll sich der HSV gezwungen gesehen haben, das Angebot von 480.000 Euro anzunehmen, bevor der Club zum Saisonstart ohne Ärmelsponsor dagestanden hätte. Letztlich mussten sich die Hamburger mit einem Preis zufriedengeben, der sogar weit entfernt von der Zweitligaspitze liegt.
Bundesligaabsteiger Hertha BSC nimmt beispielsweise auch im Fußball-Unterhaus eine Million Euro mit Ärmelsponsor CG Elementum ein. Mitabsteiger Schalke 04 durfte zu Saisonbeginn sogar mit zwei Millionen Euro kalkulieren.
Allerdings machte die Insolvenz des Möbelherstellers Hülsta dem Traditionsverein einen Strich durch die Budgetplanung. Nachdem bis zur Winterpause kein Geld gezahlt worden war, präsentierte Schalke in der Winterpause die Firma Mulex, die Besteck, Grills und Pfannen herstellt, als Notlösung. Bis Saisonende werden rund 250.000 Euro fällig. Hochgerechnet auf eine gesamte Spielzeit nähme Schalke damit immer noch etwas mehr ein als der HSV mit Popp.
Das Beispiel veranschaulicht, warum die Hamburger Hoffnung auf eine Millionenchance keinesfalls aus der Luft gegriffen ist.
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HSV-Trikotverkauf boomt
Ohnehin dient das Trikot des HSV als lukrative Einnahmequelle. Nachdem der Club in den vergangenen beiden Spielzeiten jeweils rund 70.000 Trikots verkauft hatte, wurde diese Zahl bereits zum Ende der Hinrunde erreicht. Mehr Trikots brachte der HSV nur zu Champions-League-Zeiten in der Saison 2006/2007 an seine Fans. Damals war die eigene Kollektion allerdings noch nicht annähernd so erfolgreich wie aktuell, weshalb der diesjährige Gesamtumsatz einen Rekord aufstellen wird.
Nachdem die gebündelten Erlöse aus dem Merchandising und der Gastronomie mit 15,8 Millionen Euro bereits in der vergangenen Spielzeit für das beste Ergebnis der Clubgeschichte gesorgt hatten, wird diese Summe also noch einmal getoppt.
„Unsere strategischen Entscheidungen haben sich ausgezahlt, und wir sind stolz, dass unsere Trikots und die Raute generell wieder häufiger auf Schulhöfen, in unserer Stadt und ganz Norddeutschland getragen werden“, sagt Finanzvorstand Eric Huwer dem Abendblatt. „Unsere eigene Kollektion und die Trikots sind längst alltagstauglich.“
HSV-Millionen-Chance: Bleibt Popp Ärmelsponsor?
Der seit Wochen anhaltende Run auf die HSV-Trikots hat dafür gesorgt, dass das weiße Heimtrikot nur noch in Restmengen erhältlich ist. Im April erwartet der Club eine kleine und letzte Nachlieferung von Ausrüster Adidas. Dann sollen auch wieder die aktuell ausverkauften schwarzen Ausweichtrikots erhältlich sein. Vom hellblauen Auswärtstrikot werden hingegen nur noch die letzten verfügbaren Restmengen verkauft.
Zu den beliebtesten Spielernamen bei den Beflockungen zählen Robert Glatzel, Ludovit Reis und Laszlo Benes. Auf dem linken Ärmel ist das Logo von Popp zu sehen. Die Frage ist nur: wie lange noch?