Hamburg. Neue Kritik aus der Politik am Senat nach Bergedorfer Polizeieinsatz gegen HSV-Fans. Mussten Betroffene in den Gang urinieren?
Was folgt auf die Razzia beim HSV? Nachdem eine Handvoll Polizisten am Mittwoch einen Raum der Ultras im Volksparkstadion durchsucht haben, wird in Fankreisen mit einer Reaktion der aktiven Szene gerechnet. Fanvertreter und der HSV Supporters Club haben nun die Aufgabe, die teilweise erhitzten Gemüter zu beruhigen und zwischen beiden Lagern zu vermitteln. Ziel ist es, zwischen der Polizei und den Ultras eine Art Katz-und-Maus-Spiel zu verhindern, bei dem es nur Verlierer geben könnte.
Bei dem am Mittwoch vollstreckten Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft wurde ein beim zurückliegenden Heimspiel des HSV gegen Elversberg (1:0) gezeigtes Plakat beschlagnahmt, das einen Polizeihelm mit zersplittertem Visier zeigt, aus dem Blut lief. Nach Ansicht der Polizei liegt damit eine Straftat vor, da das Motiv zur Gewalt auffordert. Das Banner war Teil des Protests der aktiven Fanszene des HSV gegen den Aufsehen erregenden Polizeieinsatz von Bergedorf, der längst auch die Politik beschäftigt hat.
HSV-Fans in Bergedorf festgehalten: Kleine Anfrage an Senat
In einer Kleinen Anfrage an den Senat verlangte die Linksfraktion nach Antworten, warum die Bundespolizei am 17. Februar 855 HSV-Fans auf der Rückreise vom Rostock-Spiel teilweise sechs Stunden lang festhielt. Unter ihnen waren auch Hunderte Unbeteiligte, weshalb die Frage nach der Verhältnismäßigkeit im Raum steht.
Am Ende identifizierten die Beamten 31 Personen, die verdächtigt werden, sich am 16. September 2023 in Mannheim eine Schlägerei mit Fans von Borussia Dortmund geliefert zu haben. Mit dem Verweis auf die Zuständigkeit der Bundespolizei ließ der Senat jedoch 17 von 18 Fragen unbeantwortet. Bestätigt wurden lediglich interne Ermittlungen „wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung“.
Weitere Auskünfte, zum Beispiel darüber, warum die Betroffenen nicht mit Wasser versorgt wurden und teilweise keine Toiletten verfügbar waren, gab es nicht.
HSV-Fans und der Polizeieinsatz: Urinieren in den Gang?
„Die Innenbehörde zieht sich aus der Verantwortung“, kritisiert Cansu Özdemir von der Linksfraktion gegenüber dem Abendblatt. „Der Senat verwehrt die Aufklärung des unverhältnismäßigen Polizeieinsatzes. Der Einsatz hat auf Hamburger Boden stattgefunden, und somit ist die Hamburger Innenbehörde auch verpflichtet, den Einsatz aufzuklären.“
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Eine Aufklärung des Polizeieinsatzes verlangen auch zahlreiche Betroffene. Einige berichten von Kreislaufzusammenbrüchen, weil es im Zug durch die abgeschaltete Klimaanlage immer wärmer geworden sei. Das Wasser sei bereits die Scheiben heruntergelaufen, die Bitte nach einem Sanitäter sei verweigert worden. Für Trinkwasser sollen nicht die Beamten, sondern herbeigeeilte HSV-Fans gesorgt haben.
Wegen der übergelaufenen Toiletten sollen Bundespolizisten einzelne aufgefordert haben, „in die Abteildurchgänge zu urinieren“, schildert ein 29-Jähriger dem Abendblatt, der vier Stunden lang in dem Zug ausharren musste. Zeugenaussagen wie diese untermauern den Aufklärungsbedarf, gerade seitens der Politik.