Hamburg. Welcher der beiden Achter gegen Hannover beim HSV in der Startelf steht, scheint völlig offen. Doch es gibt einige Hinweise.
Am Mittwochvormittag bildeten Ludovit Reis und Immanuel Pherai ein Team. Co-Trainer Merlin Polzin hatte zu Beginn des HSV-Trainings einen Hindernisparcours aufgebaut, den die Spieler in Zweier- und Dreiergruppen mit Fußbällen und einem großen Gymnastikball bewältigen mussten.
Während sich bei einigen Hamburger Profis koordinative Schwächen offenbarten, hatten Reis und Pherai deutlich weniger Probleme. Dribblings gehören zu ihren Kerndisziplinen, die Kommunikation ist bei den gut befreundeten Niederländern ohnehin kein Problem.
HSV News: Reis oder Pherai? Schwere Entscheidung für Walter
Im Heimspiel gegen Hannover 96 am Freitag (18.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) werden Reis und Pherai allerdings voneinander getrennt. HSV-Trainer Tim Walter hat in seinem System nur Platz für zwei offensive Achter. Und weil Laszlo Benes mit 18 Scorerpunkten (zehn Tore/acht Assists) in 19 Zweitligaspielen derzeit nicht zur Disposition steht, muss sich Walter zwischen Reis (23) und Pherai (22) entscheiden. In dieser Saison standen die beiden Kreativspieler tatsächlich noch nie gemeinsam in der HSV-Startelf.
„Es ist schön, dass man so einen Luxus hat. Wir haben auch noch Anssi Suhonen, der wieder dabei ist, auch Lukasz Poreba kann die Position bekleiden“, zählte Walter am Mittwoch auf. „Ich freue mich, dass ich jede Woche entscheiden kann, auch wenn es für den einen oder anderen etwas traurig sein kann, dass er nicht startet.“
In Berlin hatte Pherai den Vorzug erhalten
Am vergangenen Sonnabend setzte der Trainer beim 2:1-Sieg bei Hertha BSC zunächst auf Pherai. „Der Beweggrund dafür war, dass Ludovit drei Monate verletzt war“, erläuterte Walter im Anschluss. Auch in der Woche zuvor, als der HSV mit Reis in der Startelf 3:4 zu Hause gegen den Karlsruher SC verlor, „hätte Manu starten sollen“, wie Walter sagte. Weil Pherai jedoch erkältet war, spielte Reis – und war kurz vor seiner Auswechslung mit einem ungenauen Pass noch am entscheidenden Gegentreffer beteiligt.
Zur Erinnerung: Im vergangenen Juli hatte sich Reis bei einem Testspiel bei den Glasgow Rangers die Schulter ausgekugelt und in der Folge die ersten beiden Saisonspiele verpasst. Mitte Oktober fiel er im Heimspiel gegen Greuther Fürth wieder auf die linke Schulter, kugelte sie sich erneut aus. „Weil das schon das zweite Mal war, war in meinem Kopf zu 100 Prozent klar, dass ich die Operation brauche“, sagte Reis zuletzt der HSV-Medienabteilung.
Ludovit Reis verbrachte die Reha zum Teil in Amsterdam
Der 23-Jährige verbrachte die Reha teilweise zu Hause in Amsterdam, wohnte dort bei seinen Eltern. „Ich bin ein Familienmensch. Wenn ich zu Hause bin, das Essen von meiner Mutter bekomme und jeden Tag mit meinen Geschwistern rede, ist das das Beste für mich“, sagte Reis. „Meine Physios in Amsterdam und hier in Hamburg haben mir sehr gut geholfen.“ Obwohl er mittlerweile wieder bei 100 Prozent sei, bleibt Walter vorsichtig. „Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir Ludo genau auf den Punkt haben“, sagt er. „Das ändert sich nicht von der einen auf die nächste Woche, sondern ist ein Prozess, der über drei oder vier Wochen dauert.“
Pherai machte zuletzt in Abwesenheit seines Kumpels viele gute Spiele, wurde auch immer torgefährlicher. Der 2:1-Siegtreffer am vergangenen Wochenende resultierte dann auch aus einer Co-Produktion, als Pherai eine perfekte Flanke auf den eingewechselten Reis spielte.
Reis ist ehrgeizig, will die Entscheidung von Walter aber akzeptieren
Auf die Frage, wieso er zunächst auf der Bank gesessen habe, antwortete Siegtorschütze Reis: „Das ist die Entscheidung vom Trainer. Ich bin fit, ich habe keine Schmerzen mehr. Das ist wichtig.“ Natürlich wolle er immer spielen, ergänzte er, „als erstes kommt aber die Mannschaft und dann kommen die einzelnen Spieler“.
Rein sportlich können sowohl Reis als auch Pherai, die ihre Rollen verschieden interpretieren, den HSV entscheidend weiterbringen – wenn sie in Topform sind. Aufgrund dieser Basis eine Prognose zu treffen, wer von beiden Spielern künftig den Vorzug erhält, wäre kaum möglich. Wer aber weiß, welche Rolle Reis innerhalb der Kabine spielt, weiß, dass Walter zukünftig eher auf seinen Vize-Kapitän setzen wird.
Walter: „Müssen aufpassen, dass wir ihn nicht verbrennen
„Wir müssen aufpassen, dass wir ihn nicht verbrennen, weil Ludo einer unserer wichtigsten Spieler ist. Wenn der Junge topfit und auf den Punkt da ist, bringt er genau die Energie, die er heute gebracht hat“, sagte Walter nach dem Hertha-Spiel. Auch Reis selbst betonte zuletzt, dass ihm seine Führungsrolle während seiner Abstinenz schwergefallen sei. „Bascho (Kapitän Sebastian Schonlau, d. Red.) und ich haben vor dem Spiel und in der Halbzeit immer mit den Jungs geredet. Wir waren immer da, um etwas zu sagen. Wenn man nicht auf dem Platz ist, ist es schwer“, sagte Reis.
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Insbesondere weil ein Comeback bei Schonlau weiterhin nicht zu prognostizieren ist, erscheint die Rückkehr von Reis umso bedeutsamer. „Es ist mein Charakter, dass ich meinen Mitspielern helfen will. Ich glaube aber, dass jeder in der Mannschaft etwas sagen kann“, sagte Reis, der zuletzt von Torhüter Daniel Heuer Fernandes, Stürmer Robert Glatzel und Sechser Jonas Meffert in dieser Führungsrolle vertreten wurde.
Geht es nach Reis, steht er am Freitag gegen Hannover in der Startelf. Das ist sein Anspruch. „Wenn es um Fußball geht, bin ich manchmal sehr ungeduldig“, sagte er. „Ich weiß aber, dass ich manchmal ein bisschen mehr Geduld haben muss, um der Mannschaft zu helfen und wieder voll in meinem Rhythmus zu sein. Ich glaube aber, dass das schnell zurückkommt.“ Auf Walter wartet eine schwere Entscheidung.