Hamburg. Der HSV-Verteidiger trifft am Sonntag auf seinen Ex-Club KSC. Der 25-Jährige will die Bühne nutzen, denn es geht auch um seine Zukunft.
In seinem Jahr beim Karlsruher SC hat Stephan Ambrosius eine echte Leidenszeit erlebt. Der HSV-Verteidiger, der in der vergangenen Saison an den KSC verliehen war, hat eine Vorliebe für Franzbrötchen. Und musste in Karlsruhe feststellen, dass das Zimtgebäck eine Hamburgensie ist. „In Karlsruhe habe ich gemerkt, dass es Franzbrötchen nur in Hamburg gibt. Da habe ich gedacht, wow, was geht ab hier?“ Diese schöne Geschichte erzählt Ambrosius in der neuen Folge des Vereinspodcasts „Pur der HSV“.
Es sollte nicht die einzige Franzbrötchen-Anekdote sein. Als Ambrosius noch in Wilhelmsburg wohnte, kaufte seine Mutter jeden Sonntag nach der Kirche Franzbrötchen im Sonderangebot. Die gab es dann von Montag bis Freitag zum Frühstück. „Die ersten zwei Tage haben die noch frisch geschmeckt. Am Donnerstag habe ich mich dann gewundert, dass die immer so hart waren“, sagt Ambrosius und lacht so herzhaft, wie beim HSV nur der Innenverteidiger lacht.
Ambrosius spricht über schwere Zeit in Karlsruhe
Die Franzbrötchen-Pause war nicht die einzige Herausforderung für den 25-Jährigen auf seiner ersten Profistation außerhalb von Hamburg. Ambrosius lebte in Karlsruhe für zehn Monate erstmals ohne seine Mutter und seinen Bruder Michael, mit dem er sich die ersten 17 Jahre seines Lebens in Wilhelmsburg ein Zimmer geteilt hat. „Es war keine einfache Zeit. Ich war oft allein zu Hause. Ich musste mich viel mit mir selbst beschäftigen. Dabei habe ich so viel gelernt.“
Am Sonntag (13.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) trifft Ambrosius im Volksparkstadion wieder auf den KSC. Anders als noch beim Hinspiel in Karlsruhe ist der HSV-Verteidiger mittlerweile wieder Stammspieler. Es ist eine erstaunliche Wendung, die zur besonderen Geschichte in der noch immer jungen Karriere des 25-Jährigen passt.
Vor allem in seiner Zeit in Karlsruhe hat es „Klick gemacht im Kopf“, wie Ambrosius im HSV-Podcast verrät. Und damit ist nicht der Verzicht auf sein geliebtes Franzbrötchen gemeint. „In der Rückrunde in Karlsruhe habe ich meine Einstellung zum Fußball geändert. Vorher habe ich mir immer selbst Druck gemacht. Ich habe gelernt, dass man es nicht allen recht machen kann. Seitdem kann ich den Fußball viel mehr genießen“, sagt Ambrosius.
Ambrosius hat Trainer Tim Walter überzeugt
Mit dieser Einstellung kehrte er vor Saisonbeginn nach Hamburg zurück. Er bekam die Berichte mit, wonach er nicht zum Spielstil von Tim Walter passe und unter dem Trainer keine Zukunft beim HSV mehr habe. Doch Ambrosius haute sich in der Vorbereitung voll rein. So wie er es in seinem Fußballerleben immer gemacht hat. Früher als kleiner Junge im Wohnzimmer gegen seinen Bruder Michael. Oder auch heute gegen den Zweitligarekordtorjäger Simon Terodde, den Ambrosius vor einer Woche auf Schalke kaltstellte. „Ich bin nicht der beste Techniker. Ich musste mir Respekt immer über Zweikämpfe erarbeiten“, sagt Ambrosius.
Auch Walter, der nicht immer überzeugt war von den fußballerischen Qualitäten der Zweikampfmaschine, hat mittlerweile erkannt, wie wertvoll Ambrosius mit seiner Art für die Mannschaft ist. „Für Stevo spricht immer, dass er sein Herz auf dem Platz lässt“, sagte der Trainer nach dem Rückrundenstart auf Schalke. „Trotzdem müssen wir auf Stevo aufpassen, weil wir ihn ganz haben wollen. Dafür müssen wir weiter an seiner Fitness arbeiten.“
Walter meint damit vermutlich auch eine Franzbrötchen-freie Ernährung, vor allem aber die wiederkehrenden muskulären Probleme, mit denen Ambrosius seit seinem zweiten Kreuzbandriss vor drei Jahren immer wieder zu kämpfen hat. Seit dieser Saison aber ist der Wilhelmsburger stabil. Nur ein Spiel hat er verletzungsbedingt verpasst. Gute Argumente also, um in den kommenden Wochen in die Vertragsverhandlungen einzusteigen.
Ambrosius wird jetzt von Sedat Duraki beraten
Am Saisonende läuft sein Vertrag beim HSV aus. Der Poker um seine Zukunft hat bereits begonnen. Nach Abendblatt-Informationen lässt sich Ambrosius in den Verhandlungen mittlerweile von Sedat Duraki vertreten. Der Spieleragent aus Düsseldorf trat beim HSV vor acht Jahren beim Transfer von Filip Kostic von Stuttgart nach Hamburg in Erscheinung. Nun wird Duraki für Ambrosius den Markt überprüfen. In der Hinrunde hatte es bereits den ersten Austausch mit dem HSV gegeben. Nach dem Ende der Transferperiode soll es im Februar den nächsten geben.
Ambrosius macht keinen Hehl daraus, dass er gerne für den HSV spielt und in Hamburg bei seiner Familie und seinen Freunden lebt. „Man sollte nicht vergessen, wo man herkommt. Bei mir ist das extrem der Fall“, sagt Ambrosius, der zwar nicht mehr in Wilhelmsburg wohnt, sich dort aber immer noch regelmäßig mit seinen Schulfreunden trifft. „Es gibt auch ein Leben neben dem Fußball und das sind vor allem meine Freunde aus Wilhelmsburg“, sagt Ambrosius, der erzählt, wie er in seiner Jugend oft Stress in der Schule hatte, weil Fußball für ihn wichtiger war als Hausaufgaben.
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Mit Mitte 20 ist Ambrosius nun gereift. Heute liest er auch gerne mal ein Buch über seinen Glauben oder das Thema Mentaltraining. Sogar ein Leben ohne Franzbrötchen kann er sich mittlerweile vorstellen. Nur eines wird ganz sicher gleich bleiben: Wenn Ambrosius auf dem Platz steht, wird er immer alles geben.