Hamburg. Wegen Jansen und HanseMerkur: HSV-Gesellschafter sprechen offen von Rückzug. Bringt ein Treffen die Wende?
Eine Woche ist es her, dass Marcell Jansen eine weitreichende Entscheidung traf. Der Präsident des HSV trat am vergangenen Mittwoch nach sechs Jahren aus dem Aufsichtsrat der HSV Fußball AG zurück. „Diese Entscheidung ist wohldurchdacht. Der Rücktritt aus dem Aufsichtsrat ermöglicht es mir, meine Rolle als Präsident noch intensiver auszuüben“, sagte Jansen in der Mitteilung des HSV.
Nun kommen allerdings immer mehr Details ans Licht, die belegen, dass Jansen seinen Rückzug aus dem Kontrollgremium nicht ganz so freiwillig vollzog, wie es in dem HSV- Kommuniqué formuliert wurde. Vielmehr wurde der Vereinsvorsitzende von mehreren Gesellschaftern des HSV sowie den restlichen Mitgliedern des Aufsichtsrates massiv unter Druck gesetzt. Wie aus dem öffentlich einsehbaren Protokoll der Hauptversammlung vom 13. Dezember hervorgeht, hatten die Kleinaktionäre Jansen ein Ultimatum gesetzt, bis zum Ende des Jahres aus dem Aufsichtsrat zurückzutreten.
Kleinaktionäre und Aufsichtsrat setzten Jansen unter Druck
„Die Aktionäre AMPri Handelsgesellschaft mbH, 4B GbR, AMH GmbH und Wilhelm Bohnhorst GmbH u. Co. KG betonten, Marcell Jansen bereits zu Beginn des Jahres ihr Vertrauen als Mitglied des Aufsichtsrates entzogen zu haben und dass nach Wegen zu suchen sei, Jansen aus dem Aufsichtsrat der Gesellschaft zu entfernen“, heißt es in dem Protokoll.
Jansen, der bei der Versammlung aus beruflichen Gründen fehlte, ließ das Ultimatum zwar verstreichen, trat aber wenige Tage nach einer Satzungsänderung auf der Mitgliederversammlung vom 14. Januar zurück. Dieser Schritt war möglich geworden, da der Präsident des Vereins nun nicht mehr automatisch einen Platz im Kontrollgremium der AG besetzen muss.
Hauptsponsor HanseMerkur wird kritisch gesehen
Der Unmut der Aktionäre um Thomas Böhme (AMPri), Maik Burmeister (4B), Maximilian Margaritoff (AMH) und Helmut Bohnhorst richtete sich allerdings nicht nur gegen Jansen, sondern auch gegen die HanseMerkur. Die Versicherungsgruppe, die seit der Hauptversammlung neuer Anteilseigner ist und der CaLeJo GmbH von Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld 6,77 Prozent Anteile an der HSV Fußball AG abkaufte, wurde von den Kleinaktionären scharf kritisiert. Im Protokoll steht unter anderem: „Die AMPri unterstrich den aus ihrer Sicht fehlenden Mehrwert des neuen Aktionärs.“
Die Kleinaktionäre kündigten daher an, „dass sie den Verkauf ihrer Aktien in Erwägung ziehen würden, vor allem auch, da sich mit dem Neueinstieg der Charakter des Investments ändern würde. Keiner der genannten Aktionäre hätte die Beteiligung an der HSV Fußball AG als reines Finanzinvestment gesehen, sondern hätte vielmehr den HSV unterstützen wollen.“
Doch nicht nur die Kleinaktionäre haben ihre Vorbehalte gegen die HanseMerkur – auch der Vorstand um Jonas Boldt (Sport) und Eric Huwer (Finanzen) sieht den Einstieg der Versicherung kritisch. Die Anwesenheit eines HanseMerkur-Vertreters auf der Hauptversammlung lehnte der Vorstand ab. Boldt und Huwer hatten sich gewünscht, dass der HSV vom Einstieg der HanseMerkur auch finanziell profitiert hätte, etwa im Zuge eines Anteilsverkaufs nach der geplanten Rechtsformumwandlung in die AG und Co. KGaA.
Zudem soll insbesondere Boldt eine Nähe von HanseMerkur-Vorstand Eric Bussert zu Präsident Jansen und Ex-Vorstand Wüstefeld sehen. Bussert sollte bereits im Herbst 2022 auf Wunsch von Jansen in den Aufsichtsrat einziehen, doch der Beirat des HSV e.V. lehnte den Kandidaten ab, was bei der HanseMerkur wiederum zu Irritationen führte.
HanseMerkur reagiert verstimmt auf Aussagen der Aktionäre
Dass sich nun auch die Kleinaktionäre gegen die HanseMerkur als neuen Gesellschafter aussprachen, hat den Hauptsponsor extrem verstimmt. „Die zitierten Aussagen einiger Kleinaktionäre überraschen uns sowohl inhaltlich als auch insoweit, dass bislang noch kein Austausch zwischen uns stattgefunden hat“, sagt Bussert in einem Statement der HanseMerkur, die seit 2018 Partner des HSV und seit der Saison 2022/23 Hauptsponsor ist. „Oberste Priorität aller Beteiligten sollten aus unserer Sicht der sportliche Erfolg, die nachhaltige Kontinuität und die wirtschaftliche Stabilität des HSV haben“, so Bussert.
Um die Verstimmungen zu beheben, wird es nach Abendblatt-Informationen zeitnah zwei Treffen geben. Zum einen will sich das Präsidium um Jansen, Michael Papenfuß und Bernd Wehmeyer noch in dieser Woche mit der HanseMerkur treffen. Zudem soll es im Februar zu einer Zusammenkunft zwischen den Kleinaktionären und dem Aufsichtsrat kommen. Dann wird es darum gehen, die Gesellschafter, die ihren Anteilsverkauf angekündigt haben, umzustimmen. Die Kleinaktionäre, die sich in der AG als eine Einheit verstehen, sind insbesondere von den Problemen mit Jansen entnervt.
Den Rücktritt des Präsidenten als Aufsichtsrat hatten indes nicht nur die Kleinaktionäre forciert. Auch alle weiteren Mitglieder des Kontrollgremiums sowie die Kühne Holding und die Vizepräsidenten Papenfuß und Wehmeyer unterstützten Jansens Rückzug, wie aus dem Protokoll hervorgeht.
Aufsichtsräte distanzierten sich von Jansen
Der Aufsichtsrat hatte auf Nachfrage der Kleinaktionäre „unterstrichen, dass die Zusammenarbeit der sechs präsenten Mitglieder des Aufsichtsrates außerordentlich positiv sei, die Zusammenarbeit mit dem Mitglied Jansen sich allerdings als sehr schwierig gestalte und sich dies im Zuge der geplanten Aktienübertragung noch weiter verschlechtert habe“.
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Hintergrund ist das von Jansen in der Präsidiumssitzung am 31. August vorgelegte Leitplankenpapier, in dem er unter anderem von einer neuen Vorstandsstruktur mit einem CEO schreibt. Im Aufsichtsrat gibt es allerdings den klaren Beschluss, die Vorstandskonstellation in dieser Saison nicht zu verändern. Jansen wiederum wollte sich das Papier sowohl von seinen Vizepräsidenten als auch von der HanseMerkur unterschreiben lassen.
Wie es in dieser festgefahrenen Thematik weitergeht, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Klar ist nur, dass noch viele klärende Gespräche nötig sind.