Sotogrande. Hamburger legen im spanischen Sotogrande wieder los. Erster Profi bricht das Training ab. Wo der HSV nach Neuzugängen sucht.
Um 17.27 Uhr hatte Tim Walter genug gesehen. Mit einem lauten Pfiff beendete zunächst Co-Trainer Merlin Polzin die erste Einheit des HSV im Trainingslager im spanischen Sotogrande, ehe Walter ein lobendes „sehr gut“ folgen ließ. Der HSV-Trainer wirkte zufrieden mit dem, was seine Spieler ihm auf der Anlage des Santa Maria Polo Clubs nach einer knapp dreiwöchigen Winterpause anboten.
Bevor es zurück ins Hotel ging, versammelte der 48-Jährige seine Mannschaft noch einmal im Kreis, um sie auf die kommenden acht Trainingstage einzuschwören.
HSV-Erleichterung über Reis
Erleichtert dürfte Walter vor allem darüber sein, dass die Rekonvaleszenten Ludovit Reis (Schulter), Ignace Van der Brempt (muskuläre Probleme) und Anssi Suhonen (Wadenbeinbruch) wieder mitwirkten. Lediglich Reis soll nach Absprache mit den Medizinern noch keine Zweikämpfe bestreiten, um seine im zurückliegenden halben Jahr zweimal ausgekugelte Schulter nicht zu früh zu belasten.
Deshalb schaute der Mittelfeldspieler beim Abschlussspiel auch nur zu und absolvierte gemeinsam mit Jean-Luc Dompé (Belastungssteuerung) ein individuelles Programm. Luis Seifert (Erkältung) fehlte komplett.
Zu diesem Zeitpunkt war sein französischer Landsmann, Außenverteidiger William Mikelbrencis, bereits zurück zum Teamhotel gefahren worden. Der Franzose konnte nicht mehr weitermachen, nachdem er einen schmerzhaften Tritt von Angreifer Andras Nemeth kassiert hatte. Nun soll eine Ultraschalluntersuchung ergeben, ob sich Mikelbrencis schlimmer am Knöchel verletzt hat.
HSV-Kapitän Schonlau ins UKE
Zuvor war der HSV-Tross bereits um 6.45 Uhr von Fuhlsbüttel nach Malaga geflogen, von wo aus es mit dem Mannschaftsbus weiter nach Sotogrande ging. Mit 27 Feldspielern und vier Torhütern sind die Hamburger nach Südspanien gereist. Nur einer fehlte am Donnerstag: Kapitän Sebastian Schonlau. Dem Abwehrchef, der ohnehin wegen Wadenproblemen kürzertreten muss, wird an diesem Freitag im UKE eine Entzündung am Auge operativ entfernt. Läuft alles nach Plan, wird er am Sonnabend ins Trainingslager nachreisen, um dort sein Reha-Programm fortzusetzen.
Fast ausschließlich am Telefon verfolgte Profifußballdirektor Claus Costa das Geschehen am Donnerstag. Gemeinsam mit Sportvorstand Jonas Boldt, der am Freitag im Trainingslager erwartet wird, steht er vor der Aufgabe, die angestrebten Neuzugänge möglichst vor dem Rückrundenstart beim FC Schalke 04 (20. Januar) zu präsentieren.
Priorität genießt weiterhin die Verpflichtung eines Innenverteidigers, um Schonlau, der wegen diverser Rückschläge fast die komplette Hinrunde ausgefallen war, ausreichend Zeit für seine Genesung geben zu können.
Wechselt Batista Meier zum HSV?
Zudem sieht sich der Club nach einer Alternative auf dem Flügel um. Ein Kandidat bleibt Dynamo Dresdens Oliver Batista Meier, der nicht mit ins Trainingslager der Sachsen ins türkische Belek gereist ist. Offiziell sei der Topscorer der Dritten Liga krank, wie auch dem Abendblatt bestätigt wurde. Und dennoch hat diese Nachricht den Wechselspekulationen neue Nahrung gegeben. Neben dem HSV soll auch Ligarivale SC Paderborn an Batista Meier interessiert sein, der vorzeitig von einer Leihe beim SC Verl nach Dresden zurückgekehrt ist, um für eine mittlere sechsstellige Summe weiterverkauft zu werden.
Auch wenn es zuletzt keinen Fortschritt in den Verhandlungen gab, käme es überraschend, wenn der 22-Jährige in den nächsten Tagen nach Belek nachreist. Wahrscheinlicher ist die Variante, dass Batista Meier, den Walter aus der gemeinsamen Zeit in der Bayern-Jugend kennt, am Wochenende ein individuelles Programm in Dresden absolviert. Um auf seinen Wechselvollzug zu warten?
Ein neuer Sechser für den HSV?
Wie die „Bild“ berichtet, plant der HSV zudem einen Toptransfer im defensiven Mittelfeld. Es ist eine überraschende Meldung, da der Club erst im Sommer Lukasz Poreba als Alternative für Jonas Meffert vom RC Lens ausgeliehen hatte. Doch die Verantwortlichen scheinen die Stärken Porebas, der im Gegensatz zur klassischen „Holding Six“ Meffert auch mal andribbelt und sich über den gesamten Platz bewegt, nun eher auf der Acht zu sehen. Oder soll ein weiterer Mittelfeldabräumer Walter die Option öffnen, auch mal mit einer Doppelsechs zu spielen?
Der HSV-Trainer steht in der Pflicht, seine Mannschaft taktisch flexibler und defensiv stabiler aufzustellen. Beide Vorgaben wären gerade auswärts mit zwei defensiven Mittelfeldspielern leichter umzusetzen. Erwartet wird, dass die Hamburger im Verlauf des Trainingslagers mindestens einen der angestrebten drei Neuzugänge präsentieren.
Denn klar ist, dass neue Spieler unter Walter Zeit benötigen, um seine Spielidee zu verinnerlichen. Doch diese Zeit scheint ab sofort begrenzt. Der noch vor Beginn der Rückrunde unter Druck stehende Walter weiß, dass er zu Erfolg verpflichtet ist. Bei dem durchaus anspruchsvollen Auftakt gegen Schalke, Karlsruher SC (H/28. Januar) und Hertha BSC (A/3. Februar) wird er wohl mindestens sechs Punkte holen müssen, um seinen Kritikern nicht weitere Argumente zu liefern. Dass er dazu in der Lage ist, zeigt ein Blick auf die Hinrunde, als der HSV furios gestartet war und sieben Punkte gegen diese drei Gegner geholt hatte.
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HSV-Abgang steht bevor
Umso wichtiger ist es für Walter, dass die anvisierten Neuzugänge möglichst schnell verpflichtet werden. Zumal zum Rückrundenstart die drei Schlüsselspieler Schonlau, Reis und Miro Muheim (Rotsperre) noch nicht zur Verfügung stehen. Finanziell wäre der Club in der Lage, die eigens gesteckten Transferziele auch ohne Spielerverkäufe zu realisieren.
Trotzdem gilt es als wahrscheinlich, dass der perspektivlose Innenverteidiger Valon Zumberi (21) den HSV bis Ende Januar in Richtung Dritte Liga verlassen wird. Der Kapitän der kosovarischen U-21-Auswahl ist vorerst mit nach Sotogrande gereist. Ob er auch zum Ende des Trainingslagers am 12. Januar noch ein Spieler des HSV sein wird, ist aktuell unklar.
Sicher ist dagegen nur: Mit seinem neuerlich geplanten Angriff auf dem Transfermarkt wollen die Verantwortlichen nichts unversucht lassen, damit der Aufstieg im sechsten Anlauf gelingt. Und der Grundstein soll in Sotogrande gelegt werden.